Nebelriss
bestatten?«, fragte Baniter verwundert.
»Wer im Kampf gegen ehrloses Räubergesindel versagt, hat kein Begräbnis verdient«, stieß der Schechim hervor. »Ihre Gegner waren niedere Hirten, ungläubige Wilde, die sich von Kot ernähren und ihre Schafe begatten! Ihnen gegenüber sollte ein Mönch der Bena-Sajif im Kampf mühelos bestehen können.« Er spie in den Sand, um seiner Verachtung Ausdruck zu verleihen. »Wir werden ihre Körper von der Straße stoßen, damit sie im Sand verrotten. Sie sind es nicht wert, dass auch nur ein Gedanke an sie verschwendet wird.«
»Wie Ihr meint«, sagte Baniter. »Es geht uns nichts an, wie Ihr mit Euren Toten verfahrt. Doch da ich für die Sicherheit meiner Gefährten verantwortlich bin, muss ich Euch fragen, wie groß die Gefahr ist, dass die Nomaden zurückkehren. Sollen wir unsere Schwerter bereithalten?«
»Diese Hunde werden es nicht wagen, Krieger der Anub-Ejan anzugreifen«, bellte der Schechim. »Eure Schwerter sind hier ohne Nutzen; Ihr hättet sie auf dem Rücken des Maultiers lassen sollen.« Verärgert wandte sich der Arphater ab und schritt zu seinen Untergebenen zurück, die damit begonnen hatten, die Leichen von der Straße zu zerren und die Dünen herabzustoßen. Langsam rutschten die leblosen Körper abwärts, eine Wolke aufstäubenden Sandes hinter sich herziehend.
»Wie kann man so schmählich mit seinen gefallenen Kriegern umgehen?«, zischte Sadouter Suant. »Ist den Arphatern selbst der Tod nicht heilig?«
»Ihr solltet kein vorschnelles Urteil fällen«, warnte Mestor Ulba. »In der arphatischen Religion hat der Tod eine andere Bedeutung. Für die Arphater lebt die Seele eines Menschen, solange sein Körper unberührt ist. Tote werden einbalsamiert und in unterirdischen Schächten begraben. Dort liegen sie oft Jahrzehnte lang, umsorgt von ihren Angehörigen, bis ihr Körper langsam zerfällt und sie ewige Ruhe finden.« Er deutete auf die toten Krieger. »Im Gegensatz dazu gilt es als großes Unglück, wenn eine Leiche zerstückelt oder geschändet wird. Oft straft man Verbrecher, indem man ihre toten Körper nach der Hinrichtung misshandelt und foltert. Die Leichen der Könige hingegen werden von Priestern und Zauberern behütet, die Sorge tragen, dass die Körper niemals verwesen; so können die göttlichen Seelen der Herrscher weiterleben und für alle Ewigkeit das Reich beschützen.«
»Welch abstoßender Aberglaube!«, entrüstete sich Sadouter.
»Ihr müsst versuchen, ihn zu begreifen«, forderte der Siegelmeister. »Die Körper dieser Krieger waren entehrt. Als die Barbaren sie zerstückelten, raubten sie ihnen das Recht auf eine würdige Bestattung. Wer im Kampf gegen solch ehrlose Gegner stirbt, hat seine Seele verwirkt.«
»Es ist eine Sünde gegen Tathrils Gebot der Totenruhe, wenn ein Leichnam nicht bestattet wird«, behauptete Sadouter.
Der Siegelmeister warf ihm einen zornigen Blick zu. »Ihr vergesst, dass auch unsere Vorfahren einst die alten Götter verehrten, bevor Tathril unser Volk erleuchtete.«
Baniter Geneder hob beschwichtigend die Hand. »Es ist keine Zeit für religiöse Auseinandersetzungen.« Er wies auf Sadouter. »Unterrichtet unsere Gefährten, dass wir die Reise bald fortsetzen. Sie sollen wachsam sein; ich traue dem Frieden nicht. Es ist durchaus möglich, dass sich die Nomaden noch in der Nähe befinden und unserem Zug auflauern.«
Der Adelige verzog unwirsch die Mundwinkel, doch er nahm den Befehl ohne Widerworte hin und wendete sein Pferd.
Mestor Ulba wartete, bis Sadouter außer Hörweite war. Dann beugte er sich mit sorgenvoller Miene zu Baniter herüber. »Seine Unbeherrschtheit macht mir Sorgen. Er hat keinen Respekt vor den arphatischen Sitten. Er wird uns am Hof große Schwierigkeiten bereiten.«
»Sadouter Suant hat Euch nicht zu kümmern«, sagte Baniter schroff. »Erzählt mir lieber etwas über den Kriegerorden, dem diese Toten angehörten. Ich weiß noch zu wenig über das Heerwesen der Arphater.« »Der Bena-Sajif ist der größte Kriegerbund Arphats«, erklärte Mestor Ulba. »Er untersteht der Priesterschaft des Todesgottes Kubeth, und durch ihn kontrollieren die Priester die Straßen und Städte. Das Heer hingegen - wenn man es so nennen kann - setzt sich aus den Einheiten anderer Orden zusammen; den Sajessin etwa, den Kriegern der Göttin der Nacht, oder den Balah-Sej, die den Gott der Strafe und Gerechtigkeit verehren. Ganz Arphat ist in der Hand dieser Sekten, und diese wiederum sind in
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