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Nebelriss

Nebelriss

Titel: Nebelriss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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Bronzewanne schienen sie zurückzuweichen, denn die Glut zerschmolz sie in der Luft. Nhordukael beobachtete die zergehenden Schneeflocken mit leisem Lächeln. Doch dann merkte er auf. Eine seltsame Unruhe hatte die Umherstehenden erfasst, abschätzige Rufe hallten über den Platz. Nhordukael erblickte inmitten der Menge einen Holzkarren. Er wurde von zwei Pferden gezogen. Murrend wichen die Leute vor dem Wagen zurück, auf dem eine seltsame Gestalt kauerte, die Zügel in der linken Hand erhoben. Sie war in eine schwarze Büßerkutte gewandet, deren rechter Ärmel schlaff und leer herabhing. Auf dem Kopf trug sie eine seltsame Kappe, zusammengesteckt aus Flicken und Leinenfetzen. Hinter der Gestalt ruhte eine große Kiste auf der Wagenfläche. Sie war mit einem verdreckten Sacktuch abgedeckt. Unter dem Stoff konnte man merkwürdige Ausbuchtungen erkennen.
    Langsam bahnten die Pferde sich ihren Weg durch die Menge und steuerten auf die Bronzewerkstatt zu, wo die Gießer die Zeremonie vorbereiteten. Einige von ihnen waren auf das Gestell geklettert, um die Ketten zu lösen, mit denen die Wanne festgezurrt war. Ein mit eisernen Haken bewehrter Bock wurde über der Wanne aufgestellt, und Ketten wurden um die Haken geschlungen, um die Wanne später absenken zu können. Unten, am Fuß des Gestells, rannte ein kleines Mädchen umher, vermutlich die Tochter eines Gießers, und legte Blumensträuße um die Tonstatuen nieder.
    Die Kutsche hatte indessen die Bronzewerkstatt fast erreicht. Unweit von Nhordukael kam sie zum Stehen. Die Gestalt ließ die Zügel sinken, erhob sich und schlug die Kutte zurück. Das Gesicht eines abgemagerten, ungepflegten Mannes war zu erkennen, offenbar ein Candacarer, wie die hellbraune Haut und die schräg stehenden Augen verrieten. Sein Blick zog die Menge sofort in den Bann; schreckensgeweitete Augen, in deren unergründlicher Schwärze der Schein der Fackeln tanzte. Als der Mann seine Kutte abstreifte, ging ein Raunen durch die Menge, denn darunter kam ein dürrer, zerschundener Körper zum Vorschein, von dunkelroten Wunden und Narben gezeichnet. Von der rechten Schulter ragte anstelle eines Armes ein schwarzer, schartiger Stumpf ab. »Volk von Thax!«, schrie der Mann mit schriller Stimme, »hört mich an!« Er sprang auf die Kiste, die linke Hand zur Faust geballt. Das Raunen der Menge verebbte. Selbst die Gießer hielten verwundert inne. »Von weit her bin ich gekommen, aus dem fernen Candacar, um euch schreckliche Kunde zu bringen! Hört mich an und öffnet die Augen, ihr Blinden, die ihr nicht sehen wollt!« Anklagend wies er in die Menge. »Ich finde euch feiernd und lachend, wo ich euch klagend und elend erwartete! Ich sehe euch tanzen und singen, wo ihr euch gegen den Feind rüsten solltet. In euren Händen sehe ich Körbe mit Brot und Wein statt Schwerter und Speere!« Seine Hand fuhr gen Himmel, als wollte er ein Trugbild vertreiben. »Aus Candacar kam ich, um euch von den Wesen zu erzählen, die mein Land verwüstet haben und die bald auch über Thax herfallen werden!« Alle Stimmen waren verstummt; kein Flüstern, keine Rufe waren zu hören. Erschrocken lauschten die Menschen den Worten des Mannes. »Von Westen kamen sie auf goldenen Schiffen und gingen vor Candacars Küsten an Land. Wie ein Sturm brachen sie über die Dörfer und Städte herein, und sie kannten keine Gnade! Entsetzlich ist ihr Anblick; ihre Schuppen sind aus Bronze, ihre Zähne und Klauen aus Gold, und in ihren Augen brennt eine Mordlust, die jeden erschaudern lässt. Sie dürsten nach Rache für das, was unsere Vorfahren ihnen antaten vor langer Zeit.«
    Stumm hingen die Menschen von Thax an seinen Lippen. Allein die Gießer hatten sich von dem Bann seiner Rede gelöst. Missmutig standen sie beinander und berieten sich im Flüsterton. Der Gildenälteste, ein beleibter Mann mit prächtigem Bart, deutete verärgert auf den Einarmigen, der die Zeremonie unterbrochen hatte.
    »Niemand konnte sie aufhalten«, fuhr dieser mit verzweifelter Stimme fort, »selbst wir nicht, die Bewahrer des Pfades! Vor euch steht ein Mönch der Solcata, ein Zauberer der erhabenen Loge von Candacar! Mein Leben war der Magie gewidmet, den geheimen Kräften, die unsere Welt beherrschen. Doch als die Goldei Candacar vernichteten, waren wir machtlos. Wir kämpften gegen sie vor der Küste von Bilmephal; wir entfesselten die Gewalten des Tobenden Meeres. Ich sah, wie ihre Schiffe den Wellen widerstanden; ich sah meine Brüder sterben - die

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