Nebelriss
sich am Ende auch in Palgura und Palidon das weiße Band um die Stirn. Lasst uns mit aller Härte gegen die Aufrührer vorgehen.«
Scorutar richtete sich auf. »Hättet Ihr auf mich gehört, wäre uns diese Katastrophe erspart geblieben. Als sich die Aufständischen an den Kaiser wandten, um ihm ihre Forderungen vorzutragen, hätten wir sie mit ein paar guten Worten und einer Hand voll Gold zur Besinnung bringen können. Doch Seine Majestät hielt es für angebracht, die Weißstirne gewaltsam von der Kaiser-Akrin-Brücke zu vertreiben. Nun verbindet sich ihre Furcht vor den Echsen mit dem Hass auf die Obrigkeit … eine gefährliche Mischung.«
Akendor schien verunsichert. »Hätte ich diese Irrsinnigen empfangen sollen, die zuvor plündernd durch die Stadt gezogen waren?«
»Hört nicht auf Scorutars Geschwätz, mein Kaiser«, zischte Arkon Fhonsa. »Er hat dieses Chaos zu verantworten! Dass die Furcht vor den Goldei solche Ausmaße annehmen konnte, ist auf die Untätigkeit der Fürsten von Swaaing und Palidon zurückzuführen, denen Ihr die Führung des Kaiserreiches anvertraut hattet.« »Hättet Ihr uns die Führung weiterhin überlassen, wäre der Aufstand im Keim erstickt worden«, behauptete Scorutar kühn. »Ich habe Euch gewarnt, Akendor! Das Staatsgeschäft ist ein schwieriges Unterfangen. Ihr wart es, der all meine Ratschläge in den Wind schlug.«
Akendor nagte an seiner Unterlippe. »Es mag sein, dass ich einen Fehler begangen habe«, gab er zu. »Nun, Scorutar, wie sollte ich Eurer Meinung nach gegen die Weißstirne vorgehen?«
Scorutar wies lächelnd auf Fürst Binhipar. Dieser hatte bisher schweigend an der Tafel gesessen, das Gesicht wie versteinert. Nun nahm er langsam die breiten Hände von der Tischplatte. »Wenn Ihr tatsächlich entschlossen seid, die Weißstirne zu vernichten, gibt es nur eine Möglichkeit - ihre Rädelsführer müssen sterben.« Seine rechte Hand fuhr zum Hals und begann mit der Fürstenkette zu spielen, auf deren Plakette der palidonische Bär zu sehen war, der seine Klauen drohend erhoben hatte. »Gebt mir die Erlaubnis, die Ritter der Klippen nach Thax zu entsenden. Ich schwöre Euch, in drei Tagen wird Ruhe auf den Straßen herrschen.« Für einen Augenblick herrschte Stille. Dann sprang Fürst Arkon aufgebracht von seinem Schemel. »Selbst jetzt denkt der Fürst von Palidon nur an die Ausweitung seiner Macht! Die Ritter der Klippen haben in Thax nichts verloren! Ihre Aufgabe ist es, die Küsten vor unseren Feinden zu schützen.«
Binhipar fuhr zu ihm herum. »Ich habe nicht vor, mit Euch über die Kompetenzen der Ritterorden zu streiten, Arkon!«
»Aber ich!«, bellte Arkon. Sein Blick wanderte zur anderen Seite der Tafel hinüber, an dem Jundala Geneder saß. Sie trug ein schlichtes, dunkelblaues Kleid; die blonden Haare waren zu einer kunstvollen Frisur aufgesteckt. Um den Hals trug sie die ganatische Fürstenkette, die sie als rechtmäßige Vertreterin ihres Gemahls auswies. Aufmunternd nickte sie Arkon zu, und so fuhr der thokische Fürst mit seiner Rede fort: »Ich denke, es wird Zeit, zum zweiten Punkt der Thronratssitzung überzugehen.« Er winkte einen Bediensteten zu sich, der mit einem Bündel Schriftstücke hinter seinem Schemel gewartet hatte. »In den letzten Wochen habe ich mich ein wenig mit dem Ritterorden auseinander gesetzt, von dem Binhipar spricht.« Er entriss dem Diener die Schriftstücke und schleuderte sie auf den Tisch. »Die Ritter der Weißen und der Schwarzen Klippen scheinen sich während der Jahre, in denen die kaiserlichen Steuern von den Fürsten Scorutar und Binhipar verwaltet wurden, nicht ausschließlich mit dem Schutz der Küsten beschäftigt zu haben. Diese Dokumente beweisen, dass die edlen Ritter sich nebenbei großzügig aus der kaiserlichen Schatulle bedienten. In Palidon wurden im Namen des Klippenordens Burgen und Wehrtürme errichtet; und in Palideyra, dem Hafen von Nandar, wurden vier kaiserliche Schiffe dem Orden unterstellt - ein besonders dreister Gesetzesbruch.«
»Muss ich mir diesen Unsinn anhören?«, rief Binhipar empört. »Die Ritter der Klippen sind treue Verteidiger der sitharischen Grenzen! Was im Namen des Ordens errichtet wurde, geschah rechtmäßig und mit Duldung des Silbernen Kreises.«
»Das sehe ich anders«, höhnte Arkon. Er warf Jundala Geneder ein siegessicheres Lächeln zu. »Ihr habt es verstanden, die Geldzuweisungen an die Klippenritter geschickt in den Archiven zu verbergen.« Er tippte mit
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