Nebelriss
hässlichen Knirschen brach der Knöchel. Magro Fargh schrie gequält auf. »Du musst das Öl trinken«, flehte er plötzlich. »Ich brauche … deinen Körper! Ich muss … weiterleben! ES MUSS SEIN! ES IST VORHERBESTIMMT!«
Ein Brüllen hob rings um Nhordukael an: die Schreie Magro Farghs, das Stöhnen der Thiurone - und da war noch etwas, ein dumpfes Singen.
Das Auge der Glut,
fuhr es Nhordukael durch den Kopf.
Er beschwört die Kräfte der Quelle!
»Mein Körper … zerfällt«, keuchte der Hohepriester. »Aber ich muss leben … in dir, Nhordukael! Dich hat … Tathril erwählt! Trinke das Öl … trink, du Wurm! Hast du denn … keine Demut in dir?«
Nhordukael spürte, wie eine Kraft seine Hände erfasste. Verzweifelt sah er, wie seine Finger die Schüssel hoben, wie sein Mund sich öffnete. Blaue Flammen schlugen ihm entgegen, er atmete ihren bitteren Rauch ein. Panisch rang er mit seinen eigenen Muskeln.
»Wage es nicht … dich gegen Tathril aufzulehnen«, stieß Magro Fargh hervor. »Dir werde ich … den Gehorsam noch beibringen … trink jetzt und erlöse mich … von diesen Qualen!«
Nhordukael brach würgend auf dem Boden zusammen. Er spürte den Rand der Schüssel an seinem Mund.
Tathril -es gibt ihn nicht,
fuhr es ihm durch den Kopf,
er kann dir nichts anhaben!
Seine Augen erfassten die Umrisse der Thiurone.
Helft mir,
schrie es in ihm,
ich befehle es euch!
Und sie gehorchten; sie bäumten sich auf und schritten auf Nhordukael zu, taumelten an seine Seite. Seine Lippen verkrampften sich am Rand der Schüssel; schon schmeckte er den ersten Schluck des heißen, bitteren Öls. Dann waren die Thiurone bei ihm und schlugen ihm die Schüssel aus der Hand. Das Öl spritzte herab, Schleier aus blauen Flammen hinter sich herziehend. Nhordukael duckte sich vor den ungelenkigen Schlägen der steinernen Wächter, die sich über ihm erhoben,
DAS BLEICHE KIND … ES IST IN UNS …ZU STARK FÜR UNSEREN WILLEN …
»Das ist unmöglich!«, kreischte Magro Fargh. »Woher kennst du diesen Zauber?«
Nhordukael richtete sich auf, tauchte unter den taumelnden Gliedern der Thiurone hindurch. Starr blickte er auf den Hohepriester, der vor ihm auf dem Boden lag, die Glieder eigenartig verdreht.
»Wer … bist du … bei Tathril?«, schrie Magro Fargh voller Entsetzen. »Wer … bist du?«
Nhordukael zog langsam das Messer unter seiner Kutte hervor, das der Erzprior ihm gegeben hatte. »Der Auserkorene«, sagte er. »Das wolltet Ihr doch, Hohepriester!« Er stellte sich breitbeinig über den Greis. Nachdenklich blickte er auf ihn herab; sah, wie sich Magro Fargh schützend die Hände vor das Gesicht hielt, wie sein Atem schneller und schneller ging. Vorsichtig senkte Nhordukael das Messer und setzte es an Magro Farghs Hals. Er schnitt ganz langsam; die Klinge sank geräuschlos in das faulende Fleisch. Ein Stöhnen kroch aus dem Mund des Greises, als Nhordukael ihm die Kehle öffnete. Schwarzes Blut quoll über die Hand des jungen Priesters. Nhordukael schloss die Augen. Seine Hand schien mit dem Messer zu verschmelzen; er spürte, wie die feinen Fasern unter der Klinge rissen, spürte die Adern am Stahl zerplatzen, spürte den Widerstand der Sehnen, genoss den Druck in seinem Handgelenk, als er die Luftröhre des Hohepriesters durchtrennte. Magro Fargh war nun still, ganz still; er ruhte unter seinen Händen. Es war eine Wonne, ihn so unter sich zu wissen - diese Stille und das warme Blut, das seine Hand umfloss. Nhordukael legte das Messer beiseite, packte den Kopf des Greises mit beiden Händen und trennte ihn mit einem letzten Ruck vom Rumpf.
Spürst du sie jetzt, Magro Fargh
-
die Herrlichkeit und Größe Tathrils?
Sein Blick fiel auf den fünften Thiuron, der noch immer starr und stumm hinter dem blutbesudelten Deckenlager stand. Er schritt auf ihn zu und legte die rechte Hand auf das steinerne Haupt der Statue. Dunkles Blut tropfte von seinen Fingern und kroch über das sandige Gestein in die leeren Augenhöhlen des Thiurons. »Das Schicksal, das du für mich ausgewählt hast«, flüsterte er, »ist jetzt dein eigenes, Magro Fargh!« Seine Augen wanderten zu dem Lavasee, dessen Hitze ihn umgab wie ein schützender Schild. Und er lächelte, als ein Beben durch die Glieder des Thiurons ging.
Das Auge der Glut hatte seinen neuen Herrn anerkannt.
KAPITEL 15 - Erlösung
Du musst dir keine Sorgen machen, Flanon«, beteuerte Malcoran zum wiederholten Mal und rieb sich die breite Nase. »Wir haben siebenundvierzig
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