Nebelriss
ertauben. »Ich möchte sein Gesicht sehen, wenn ich dir noch während der Zeremonie im Tempel die Kleider vom Leib reiße und vor den Augen des Silbernen Kreises die Ehe vollziehe. Binhipar wird vor Scham im Boden versinken … und doch schweigen müssen, da ich sein Kaiser bin - Torsunts Sohn, der Sohn seines vergötterten Schwertbruders!« Die Vorstellung schien ihn zu erregen. Er presste Ceyla an sich. »Lass uns ins Haus gehen«, stieß er hervor, »komm, meine Geliebte, meine süße Kaiserin!«
Ceyla machte sich mit einem Ruck von ihm los. »Nein!«, rief sie und warf den Blick zu Boden. »Ich will das nicht.« Sie hörte, wie Akendor vor Erstaunen den Atem anhielt. »Bitte lasst mich … bitte bleibt fort. Ich kann nicht Eure Kaiserin werden.«
Er griff nach ihrem Ellenbogen. »Natürlich kannst du es«, zischte er. »Und du wirst es! Es gibt niemanden, der es uns verbieten kann.«
»Aber ich will nicht«, stieß sie hervor. »Seht es doch ein, mein Kaiser!«
Er packte sie im Nacken. »Auch du wirst mir nicht widersprechen«, schrie er, »niemand wird das mehr wagen! Bevor ich dich aufgebe, würde ich dich eher …«, ihm versagte die Stimme. Dann umschlang er sie erneut, leidenschaftlich, wild, hilflos. Küsste sie. Seine Lippen umschlossen die ihren, und ein Schauer ging durch Ceylas Körper.
Ist das Liebe?,
fragte sie sich.
Ist es Angst, ist es Ekel?
Erneut riss sie sich los. »Warum lasst Ihr mich nicht in Ruhe?«, flehte sie.
»Weil du mir gehörst«, antwortete er kalt. »Wage es nie mehr, das in Frage zu stellen!« Er wandte sich zu seinem Leibwächter um. »Ich möchte, dass du ab sofort im Haus Durdun bleibst, Garalac. Sie ist es, die in diesen Tagen Schutz braucht - Ceyla Illiandrin, die zukünftige Kaiserin.«
Garalac starrte den Kaiser mit ausdruckslosen Augen an. »Diesen Befehl kann ich nicht befolgen«, sagte er leise. Seine Stimme war dunkel, gefärbt vom troublinischen Akzent. Noch nie zuvor hatte Ceyla ihn ein Wort sagen hören; sie hatte ihn stets für stumm gehalten. »Ich darf nicht von Eurer Seite weichen, Akendor. Lasst das Mädchen von einem anderen bewachen.«
»Du widersetzt dich?«, schrie Akendor zornig. »Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe?« »Das habe ich, klar und deutlich«, gab der Troublinier zurück. »Doch ich habe geschworen, Euer Leben zu schützen, nicht das Eurer Mätresse.«
»Was?«, brüllte der Kaiser. Wutentbrannt tastete er nach seinem Schwert.
»Es ist zu viel geschehen, als dass Ihr es Euch erlauben könntet, mich von Eurer Seite zu schicken«, erwiderte Garalac. »Ihr solltet Euch vorsehen, Akendor. Ihr seid in Gefahr!«
Akendor hatte sein Schwert gezogen. »Glaubst du, ich habe Angst vor dem Tod? Glaubst du, die Drohungen der Fürsten könnten mich einschüchtern?« Er wies auf Ceyla. »Sie ist es, um die ich Angst habe! Ich befehle dir noch einmal: Beschütze sie! Erst wenn ich dich in ihrer Nähe weiß, kann ich mich sicher fühlen.« Garalac schüttelte den Kopf. »Diesen Befehl kann ich nicht befolgen. Euer Leben ist in Gefahr, und ich darf Euch nicht allein lassen!«
Akendor ließ das Schwert sinken. »Dann geh!«, schrie er. »Mach dich davon, Verräter! Wage es nicht mehr, mir unter die Augen zu kommen, sonst werde ich dir den Kopf abschlagen, wie du es verdienst.« Ceyla blickte den Kaiser sprachlos an.
Nein … das darfst du nicht tun! Schick ihn nicht fort!
Garalac verneigte sich. »Wie Ihr wünscht, Akendor. Es spielt keine Rolle, ob Ihr mich fortschickt. Ob aus der Nähe oder aus der Ferne - ich werde Euch beschützen, egal wo Ihr seid, ob Ihr es gestattet oder nicht. Das habe ich Eurem Vater geschworen, und Ihr könnt mich nicht davon abhalten.«
»Wachen!«, brüllte Akendor. »Jagt ihn fort! Und wenn er nicht verschwinden will, erschlagt ihn.« Die Krieger zögerten. Dann stiegen sie auf ihre Pferde und ritten langsam auf Garalac zu. Der Troublinier warf Akendor einen letzten Blick zu, wandte sich schließlich um und begann zu laufen. Die Reiter setzten ihm nach; der Schnee stob zwischen den Hufen der Pferde auf. Schon war Garalacs Gestalt zwischen den Bäumen verschwunden, und Ceyla fuhr entsetzt zu Akendor herum.
»Warum habt Ihr das getan?«, schrie sie schrill. »Er war Euer Leibwächter! Er hat Euch beschützt!« »Ich konnte sein hässliches Gesicht ohnehin nicht mehr ertragen«, unterbrach Akendor sie. »Seit ich vierzehn bin, ist Garalac mein ewiger Schatten, eingesetzt auf Befehl meines Vaters, des großen,
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