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Nebelriss

Nebelriss

Titel: Nebelriss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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mächtigen Torsunt!« Er spuckte verächtlich in den Schnee. »Ich kann selbst auf mich achten. Sie sollen sehen, dass ich sie nicht fürchte. Nicht Binhipar! Nicht Scorutar! Niemanden!« Er legte den Arm um ihre Schulter. »Niemanden«, wiederholte er leise.
    Magro Fargh schien zu schlafen. Reglos ruhte er auf dem Deckenlager. Das Seidentuch hatte er abgestreift. Schweigend betrachtete Nhordukael den nackten, faulenden Körper des Hohepriesters.
    »Ist … er fort?« Magro Farghs Stimme war kaum zu verstehen. Es war, als ob er die Worte aushauchte, getragen allein von seinem dünnen Atem. Die Lippen bebten unmerklich; vielleicht war es auch nur der flackernde Schein der Glut.
    Nhordukael richtete sich auf. »Ja, er ist fort. Ich befolgte Euren Rat und ging ihm aus dem Weg, als er von Eurem Lager zurückkam.« Als der Erzprior die Treppe des Kraters hinaufgehastet war, hatte sich Nhordukael in den schützenden Rauchschwaden verborgen.
    »Gut … sehr gut, Nhordukael«, wisperte Magro Fargh. Ein Zittern ging durch seinen Körper. »Er wird zurück nach Thax reiten … und seine Ränke schmieden! Doch das … soll uns nicht kümmern.« Er hob die Hand, deren blau verfärbte Finger sich zur Faust gekrümmt hatten, und deutete auf die silberne Schüssel, die am Fuß seines Lagers stand. »Das Ritual … heute müssen wir es zu Ende führen! Es ist so weit, Nhordukael!« Nhordukael blickte auf die Thiurone, die sich hinter Magro Fargh aufgestellt hatten. Fünf Thiurone, vier davon belebt. Er bückte sich langsam nach der Schüssel, in der das geweihte Öl glänzte. Er nahm sie auf. Das Öl schwappte schwerfällig gegen den Rand der Schüssel.
    Magro Fargh seufzte. »Ich muss leben … Tathril wird mir neues Leben schenken … damit ich den Kampf gegen die Goldei … aufnehmen kann … so hat es Durta Slargin … mir aufgetragen …«
    »Durta Slargin?«, fragte Nhordukael verwundert.
    »Er hat … zu mir gesprochen … der heilige Durta Slargin … der Gründer unserer Kirche.« Magro Fargh richtete den Kopf ein wenig auf. »Er sprach zu mir in meinen Träumen! Er will … dass ich lebe …« Das Öl in der Schüssel begann zu brennen; blaues, durchscheinendes Feuer warf sich auf. Nhordukael hob die Schüssel an seine Lippen. Aufmerksam betrachtete er das Spiel der Flammen.
    »Lass es uns … zu Ende führen«, keuchte Magro Fargh. »… trinke, Nhordukael … beende das Ritual …« Durch die Flammen sah Nhordukael den Körper des Greises, sah die rot glühenden Augen der Thiurone, sah den Lavasee, über dem die Kraft der Quelle tobte. Das Auge der Glut - es lauschte, es wartete. Wieder spürte Nhordukael das eigenartige Brennen in seinem Hals, während sich die Schüssel in seiner Hand erwärmte. »Trinke das Öl, Nhordukael«, wiederholte Magro Fargh, eine Spur lauter als zuvor. Blutiger Schaum bildete sich in den Wunden der aufgesprungenen Wangen. Nhordukael ließ die Schüssel sinken. »Ihr wart es, Hohepriester«, sagte er ruhig. Im Hintergrund hörte er das Grollen des Vulkans. »Das Wunder war Euer Werk. Ihr habt mich vor der glühenden Bronze bewahrt.« Magro Fargh ließ den Kopf sinken. Sein Atem war zu einem hastigen Keuchen geworden. Die vier Thiurone neben ihm gerieten in Unruhe; ihre Glieder bebten und wankten.
DAS BLEICHE KIND ZWEIFELT … DAS BLEICHE KIND HASST … KENNT KEINE ANGST MEHR, KEINE FURCHT …
    »Schweigt!«, befahl Nhordukael den steinernen Wächtern. Sein Blick blieb auf den Hohepriester gerichtet. »Sagt mir die Wahrheit, Magro Fargh! Handelte der Einarmige in Eurem Auftrag? Wart Ihr es, der ihm befahl, die Kreatur nach Thax zu bringen und auf die Menge zu hetzen, damit ich …«
    Der Hohepriester richtete sich ruckartig auf. Die blauschwarze Geschwulst auf seiner Brust platzte mit einem schmatzenden Geräusch auf. Dickflüssiger, blutiger Schleim sickerte aus dem Riss. »Trinke das Öl«, stieß er hervor und richtete den dürren Greisenarm auf Nhordukael. »Du musst es tun! Uns … bleibt nicht mehr … viel Zeit!«
    Nhordukael nickte. »Dann ist es also wahr. Jetzt begreife ich! Deshalb das Wunder; deshalb Euer Plan, mich zum neuen Hohepriester ausrufen zu lassen.«
    Magro Fargh presste keuchend die rechte Hand auf die Wunde in seiner Brust. »Du hast mein Gespräch … mit Bars Balicor belauscht«, zischte er. Die Adern unter seinen Augenhöhlen schwollen an. »Wie hast… du das angestellt? WIE?« Er versuchte sich aufzurichten, doch sein Fuß rutschte auf den Decken fort, und mit einem

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