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Nebelriss

Nebelriss

Titel: Nebelriss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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sich sicher gefühlt, zu sicher.
Ich hätte dem Mädchen nicht trauen dürfen. Verflucht, ich hätte wissen müssen, dass mein ›Geschenk‹ sich eines Nachts mit dem Dolch in der Hand zu mir legt.
Kurz erwog er, Merduk und Gahelin zur Hilfe zur rufen, die vor seiner Kammer Wache hielten. Doch dann ließ er den Gedanken fallen. Es
wäre sinnlos; sie würden ebenso sterben wie ich. Vielleicht sind sie schon tot, hinterrücks erdolcht oder erwürgt.
Mit weit aufgerissenen Augen starrte er in die Finsternis. Die leisen Geräusche waren verstummt. Nichts war zu hören, kein noch so geringer Laut. Doch Baniter wusste, dass das Mädchen ganz in seiner Nähe war, dass es vor seinem Bett stand und wartete.
Es musste so kommen! Du hast zu viel riskiert; dein Spiel ist verloren.
Zitternd sank er zurück auf das Bett. Er zwang sich, ruhig zu atmen, keine Angst und keine Blöße zu zeigen.
    Dann spürte er, wie sie sich über ihn beugte. Sie duftete warm und süß und verschwitzt. Ihre Haare fielen herab, streiften seine Nase, seine Wange. Sein Kiefer versteifte sich.
Nun Stoss schon zu! Bring es hinter dich.
Sein Herz raste, als sie seine Handgelenke umschloss. Ihre Finger waren rau und warm; die Daumen bohrten sich sanft in seine Handflächen, als sie diese neben seinen Kopf bettete. Mit einer raschen Bewegung schwang sie sich über ihn. Ihr Körper war federleicht. Er spürte ihre nackte, samtene Haut, ihre festen Brüste, ihre harten Beckenknochen. Als sie ihn küsste, zuckte Baniter erschrocken zurück. Ihr Mund schmeckte heiß und salzig; vorsichtig stupste ihre Zunge gegen seine Zähne. Zögernd erwiderte er den Kuss. Es gelang ihm, eine Hand zu befreien und auf ihren Rücken zu legen. Ihre Beine gingen auseinander; wild waren ihre Küsse, wild ihre Umarmungen, als sie ihn in sich aufnahm. Ihr Atem ging rasch und flach, während sie sich über ihm aufbäumte. Baniters Hände umschlossen die schlanke Taille; sein Herz raste vor Erregung und Angst.
Hält sie die Klinge unter den Kissen verborgen? Tastet sie mit der rechten Hand schon nach dem Messergriff?
Er versuchte, sie zu sich herabzuziehen, doch mit erstaunlicher Kraft drückte sie ihn in die Kissen. Für einen winzigen Moment berührten sich ihre Lippen. Baniter versuchte ihre linke Wange zu küssen, doch sie wandte den Kopf zur Seite. Es war wie ein Rausch, der nur wenige Momente währte. Als Baniter sich in ihr ergossen hatte, glitt sie von ihm herab, und ihr Körper verschmolz wieder mit der Dunkelheit, aus der sie gekommen war.
    Erschöpft blieb Baniter auf dem Bett zurück. Seine Haut klebte in Schweiß und Speichel und Leidenschaft.
Sie kam nicht, um mich zu töten! Sie hat mich am leben gelassen!
Noch immer schwebte ihr süßer Geruch in der Luft, und er rollte sich zur Seite, vergrub sein Gesicht in das seidene Tuch, das zerwühlt unter ihm lag.
    Bis zum Morgen verharrte er so, halb wach, halb in traumlosem Schlaf versunken. Sein Geist war unfähig zu denken. Die Erinnerung an das Erlebte verwirrte und erregte, erregte und verwirrte ihn. Er wollte nicht nachdenken - nicht jetzt, nicht in dieser Nacht.
    Doch als der Morgen graute, riss lautes Hämmern ihn aus seinem Halbschlaf. Eine Faust schlug gegen die Tür seiner Kammer. Benommen richtete Baniter sich auf. Die Tür wurde aufgerissen, und Mestor Ulba stürzte in den Raum.
    »Fürst Baniter! Es tut mir Leid, dass ich Euch wecken muss!« Ulbas Stimme überschlug sich fast. Baniter zog rasch das Seidentuch über seinen nackten Körper. »Ich hoffe, Ihr habt einen triftigen Grund, mich um diese Zeit zu stören«, knurrte er.
    Der Siegelmeister nickte. »Es handelt sich um Sadouter Suant. Er ist verschwunden.«
    Baniter erstarrte. »Verschwunden? Was soll das heißen?«
    »Er muss sich in der Nacht aus dem Tempel gestohlen haben«, fuhr Ulba fort. »Auch drei Ritter des Klippenordens fehlen. Ihre Rüstungen sind noch an Ort und Stelle, doch von den Schwertern fehlt jede Spur. Draußen vor dem Tempel wurden zwei Mönche der Anub-Ejan gefunden; einer ist auf den Stufen verblutet, der zweite schwer verwundet. Beide wurden durch Schwerthiebe niedergestreckt.,«
    Baniter stieß einen Fluch aus. »Die Ritter der Klippen … ich hätte Binhipars Kettenhunde niemals in der Gesandtschaft dulden dürfen!«
    »Ihr müsst sofort handeln«, beschwor Mestor Ulba ihn. »Der Schechim der Anub-Ejan kocht vor Zorn. Er verlangt euren Kopf für die Ermordung seiner Männer.«
    »Es wird nicht das letzte Mal sein, dass Ejo meinen

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