Nebelriss
getilgt worden - der Name des besiegten Tyrannen, den die gerechte Strafe ereilt. Stattdessen wird seine Flucht nun in den Legenden und Liedern besungen werden, und seine grausame Herrschaft wird man bald vergessen. Das Volk vergisst schnell.« Er blickte Graman Serffa entmutigt an. »Hat er mich letzten Endes doch besiegt?« Der Ritter schüttelte den Kopf. »Wo immer Eidrom von Crusco sich befinden mag, es ist allein die Zauberkunst der Goldei, die ihm zur Flucht verholfen hat. Seine Macht beruht nur auf ihrer Stärke. Wenn sie siegen, wird er nach Kathyga zurückkehren, um eines Tages den Thron zu erringen. Doch wenn die Goldei stürzen, wird er mit ihnen untergehen.«
Cercinor erhob sich. Mit grimmigem Gesicht wandte er sich seinen Kriegern zu. »Ihr habt Recht. Dieser Kampf ist nicht vorbei, er hat erst begonnen.« Er wies auf den Steinkreis von Ilmora. »Unsere Feinde haben uns heute in die Irre geführt. Doch das Rochenland ist frei, und wir werden diese Gelegenheit nicht ungenutzt lassen! Die Goldei werden es noch bereuen, den Arkwald kampflos aufgegeben zu haben. Wir werden ihnen über unsere Grenzen hinaus Widerstand leisten.«
Die Entschlossenheit seiner Worte zeigte Wirkung. Die Rochenländer streckten ihre Säbel empor. Jubel wurde laut, und Cercinors Name hallte durch die Nacht.
»Das Volk vergisst schnell«, sagte Cercinor leise zu Graman Serffa. »Ihr habt mich überzeugt, Ritterchen. Ich werde Euch helfen, Kathyga von den Goldei zu befreien.«
Graman Serffa blickte ihn bewundernd an. »Dann besteht Hoffnung! Glaubt mir, überall im Königreich wird man sich Eurem Widerstand anschließen.«
»Ich tauge gewiss nicht zum Befreier Kathygas«, gab Cercinor verbittert zurück. »Doch ich erkenne nun, dass der Arkwald nicht sicher ist, solange diese Wesen in Larambroge herrschen. Der nächsten Schlacht werden sie nicht ausweichen können; dann wird ihnen das Heer des Rochenlandes das Genick brechen!«
KAPITEL 16 - Verrat
Baniter Geneder lag auf seinem Bett und starrte durch das offene Fenster in die Nacht. Hell funkelten die Sterne am Himmel, ein unergründliches Lichtermeer.
Was würde Lyndolin Sintiguren aus diesen Gestirnen lesen, wenn ich sie nach meinem Schicksal fragte?,
dachte sich Baniter.
Würde sie mir Triumph oder Tod verkünden?
Er spürte, wie sich das Mädchen in seinem Arm regte. An'Chaki hatte ihren Kopf auf seine Brust gebettet. Ihr schwarzes Haar fiel über seinen Hals und seine Schulter; er spürte ihren ruhigen Atem auf der Haut. Baniter schmiegte sich fester an ihren warmen, unendlich weichen Körper. »Ich weiß nicht, wie ich ohne dich diese entsetzliche Warterei ertragen könnte«, flüsterte er. Sie gab keine Antwort; fest schlief sie in seiner Umarmung - seine Geliebte, Intharas Geschenk.
Vierzehn Tage waren seit dem Gespräch mit der Königin im Aru'Amaneth vergangen. Seitdem hatte er kein Wort mehr von Inthara gehört. Das Warten zerrte an seinen Nerven; er begriff nicht, welches Spiel sie mit ihm trieb. Baniter wusste, wie ungeheuerlich der Vorschlag war, den er ihr unterbreitet hatte.
Was ich ihr vorgeschlagen habe, bedeutet einen Bruch der arphatischen Tradition. Ihr bleiben nur zwei Möglichkeiten: Sie kann auf meinen dreisten Vorschlag eingehen oder mich für meine Worte mit dem Tod bestrafen. Triumph oder Tod …
Jeden Tag rechnete Baniter damit, dass die Krieger der Anub-Ejan in seine Kammer stürzen würden, um ihn festzunehmen. Doch nichts geschah. Inthara schwieg, und dem Agihor-Priester Sentschake, der seinen fetten Wanst tagtäglich zum Norfes-Tempel schleppte, war nichts zu entlocken.
Worauf wartet Inthara? Ihr läuft die Zeit davon; die Goldei stehen bald an Arphats Grenzen. Wenn sie mein Angebot anzunehmen gedenkt, zählt jede Stunde, und will sie es ausschlagen, gibt es keinen Grund, mich weiterhin in Praa zu dulden. Dann kann sie getrost den Scharfrichter kommen lassen.
Gähnend starrte er durch das offene Fenster.
Zermartere dir nicht sinnlos das Hirn. Du wirst ihr Handeln nicht begreifen … musst dich gedulden … dich gedulden …
Die Augen fielen ihm zu. Langsam sank er in den Schlaf, um ihn die betäubende Wärme des Mädchens. Ein seltsamer Traum suchte ihn heim. Er sah sich auf einem einsamen Felsen stehen, in seiner Hand ein schimmerndes, gebogenes Schwert. Von der Klinge tropfte dunkles Blut. Zu seinen Füßen lagen mehrere Leichen, ihre Gesichter bläulich angelaufen, die Augen weit aufgerissen. Sie trugen schwarze Kaufmannsgewänder. Als
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