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Nebelriss

Nebelriss

Titel: Nebelriss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markolf Hoffmann
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üppige Gestalt des Agihor-Geweihten Sentschake schob sich in die Tempelhalle, gefolgt von einer Gruppe weiterer Priester. Baniter erkannte die bleiche, in eine goldene Robe gewandete Priesterin des Totengottes, die ihm mit dem Namen Sai'Kanee vorgestellt worden war. Auch der greisenhafte Großmeister der Calindor-Loge, Tene-Usfar, begleitete die Priesterschaft. An seinen Armen klirrten zahlreiche Metallringe, und sein Gesicht war erneut mit seltsamen Symbolen bemalt.
    »Baniter Geneder!«, rief Sentschake und wälzte sich auf den Gesandten zu, die speckigen Arme freundlich ausgebreitet. »Ich hoffe, Ihr seid wohlauf!«
    »Abgesehen von einem etwas flauen Gefühl im Magen geht es mir prächtig«, erwiderte Baniter. Sentschakes Gesicht nahm einen bestürzten Ausdruck an. »Wie unhöflich von mir - ich vergaß, dass Ihr heute noch keinen Bissen zu Euch genommen habt. Hoffentlich wird Euch das Festmahl entschädigen, das die Königin für diesen Abend vorgesehen hat.« Er klatschte in die Hände. Zahlreiche Diener und Dienerinnen eilten herbei; sie mussten bereits hinter dem Vorhang gewartet haben. Prächtig bestickte Sitzkissen wurden in den Tempel geschleift. Schalen mit Feigen und Datteln, getaucht in einen verführerisch duftenden Sirup, wurden in der Mitte der Halle abgestellt. Auf ovalen Eisenplatten, deren Ränder noch glühten, wurden geröstete Lammspieße kredenzt. Der Tempel füllte sich mit dem Duft fremder Gewürze, und die Sitharer starrten mit wachsender Gier auf die Köstlichkeiten, die vor ihnen angehäuft wurden.
    Argwöhnisch musterte Baniter den Agihor-Priester. »Man hat uns über dieses Festmahl nicht unterrichtet.« »Es handelt sich um eine spontane Geste der Freundschaft«, behauptete Sentschake. »Gern hätten wir Euch früher davon in Kenntnis versetzt, doch nach der Aufregung, die Euer junger Freund verursacht hat …« Baniter spürte sein Herz schneller schlagen. »Wurde Sadouter Suant gefasst?«
    Sentschake nickte. »Eure Männer wurden im Aru'Amaneth aufgegriffen. Sie hatten sich in arphatische Gewänder gekleidet und waren mit Schwertern bewaffnet. Fast könnte man meinen, sie hätten es auf das Leben der Königin abgesehen.«
    »Ich werde sie auf das Schärfste bestrafen«, versprach Baniter Geneder hastig.
    »Das wird kaum nötig sein«, antwortete der Priester. »Die Anub-Ejan haben bereits Recht gesprochen. Wer bewaffnet in das Aru'Amaneth eindringt, hat sein Leben verwirkt. Allein der junge Suant wurde verschont; über sein Schicksal wird die Königin entscheiden.« Er setzte ein falsches Lächeln auf. »Doch nun wollen wir nicht mehr davon reden. Setzt Euch, Baniter Geneder. Heute Abend soll gefeiert werden.«
    Benommen sank Baniter auf eines der Kissen herab.
Eine Katastrophe! Wie kann Inthara nach diesem Vorfall noch auf meinen Vorschlag eingehen? Wie kann jetzt noch ein Pakt zwischen Arphat und Sithar geschlossen werden, wenn ein Mitglied unserer Gesandtschaft verdächtigt wird, einen Anschlag auf die Königin geplant zu haben?
Stumm beobachtete er, wie sich die Priester auf den Sitzkissen niederließen. Auch die übrigen Gesandten wurden gebeten, Platz zu nehmen; Mestor Ulba und Lyndolin Sintiguren setzten sich links und rechts neben den ganatischen Fürsten.
    Inzwischen eilten weitere Dienerinnen in die Tempelhalle. Nahe dem Standbild des Norfes wurde eine Feuer- schale aufgestellt. Helle Flammen schlugen aus ihr empor, und auf den Tüchern im Hintergrund zeichnete sich scharf gestochen der bewegte Schatten der Statue ab. Der Gott der Geister und Dämonen schien zum Leben zu erwachen; unruhig sprang sein düsteres Abbild über die Wände des Tempels.
    Ein ungutes Gefühl beschlich Baniter. Seine Augen wanderten zwischen dem penetrant lächelnden Sentschake und den übrigen Priestern hin und her, folgten dem Tanz des Schattens und den hastigen Schritten der Dienerinnen, die noch immer Töpfe und Teller mit arphatischen Köstlichkeiten herbeibrachten.
Bereitet man uns die Henkersmahlzeit?
Ihm kamen die Geschehnisse der vergangenen Nacht in den Sinn - der Traum, das jähe Erwachen, die Angst und die Gier und die Lust. Er versuchte unter den umhereilenden Dienerinnen An'Chaki auszumachen, doch sie war nirgends zu entdecken.
    Trompetenklänge schreckten ihn auf. Die Bena-Sajif-Mönche rissen das schwere Tuch vom Eingang fort und traten beiseite. Ein blutroter Himmelsstreifen war zu sehen, in dem vereinzelt die ersten Sterne auffunkelten Vorboten der Nacht. Darunter erschienen die

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