Nebelriss
anbot?«
»Der Scaduif?« Inthara dachte nach. »Was meint Ihr -sollte ich ihn meinem zukünftigen Gemahl zum Geschenk machen? Er hat sicher nie zuvor einen Goldei gesehen, vielleicht findet er Gefallen an der Echse.« Sie blickte den Fürsten entschlossen an. »Ich will, dass die Hochzeit so bald wie möglich stattfindet! Gleich morgen werde ich nach Thax aufbrechen.«
Baniter konnte sein Erstaunen kaum verbergen. »Warum solche Eile? Könnt Ihr es nicht erwarten, Akendor Thayrin zu ehelichen?«
»Nur mit dieser Heirat kann ich ein Bündnis mit dem Kaiserreich vor meinem Volk rechtfertigen. Je eher Akendor Thayrin mein Gemahl wird, desto besser.«
Wenn sie wüsste, dass ihr zukünftiger Gemahl noch nichts von seinem Glück ahnt, würde Inthara mich wohl doch in den Blassen Sand hinabstoßen,
dachte Baniter.
Keiner der Fürsten weiß von meinem Plan. Doch wenn Inthara erst einmal mit ihren Soldaten in Thax eintrifft, werden sie sich der Hochzeit nicht mehr in den Weg stellen können.
Er deutete eine Verneigung an. »Gebt mir ein schnelles Pferd, damit ich Thax noch vor Euch erreiche. Ich werde dafür sorgen, dass alle notwendigen Vorbereitungen getroffen werden.« Die Schreie des Siegelmeisters verebbten. Der Priester Sentschake wandte sich zu Inthara um. »Alunai hat seine rastlose Seele aufgenommen«, sagte er feierlich.
Inthara beachtete ihn nicht. Vorsichtig, fast schüchtern tastete sie nach Baniters Hand. »Beeilt Euch«, wisperte sie, »reitet los, bevor ich es mir anders überlege. Ich werde Euch in Thax wieder sehen, Luchs von Ganata, und dort werdet Ihr Zeuge sein, wie sich Arphat in einem Akt der Gnade mit dem abtrünnigen Süden versöhnt.« Baniter musste sich beherrschen, um sich seine tiefen Selbstzweifel nicht anmerken zu lassen.
Auf welch gefährliches Spiel habe ich mich bloß eingelassen! Hier in Praa bin ich knapp dem Tod entronnen, doch in Thax werden ganz andere Gefahren auf mich warten. Mestor Ulbas Schicksal sollte mir eine Warnung sein. Er wurde Opfer seines Größenwahns, der ihn glauben ließ, die Geschichte eines Reiches zu Ende schreiben zu können. Ich muss vorsichtiger sein; ich darf mich nicht dazu hinreißen lassen, meine Möglichkeiten zu überschätzen.
KAPITEL 19 - Flucht
Der Hengst scheute. Schnaubend scherte er zur Seite aus, als Ashnada ihn auf den abwärts führenden Pfad lenken wollte. Er blieb stehen, trabte auf der Stelle und warf den Kopf hin und her, um seinen Unwillen auszudrücken.
»Elendes Biest«, zischte Ashnada. Sie ließ die Zügel sinken und rieb sich die erstarrten Handknöchel. Es war bitterkalt an diesem Morgen im zehnten Kalender, dem letzten des Jahres. Dichter Schnee bedeckte die Hänge und Wege des Hochlandes, und je weiter Ashnada nach Osten ritt, desto kälter wurde es.
Seit einigen Stunden war sie keiner Menschenseele mehr begegnet. Sie war nicht undankbar darüber, denn das Hochland war unsicher in diesen Tagen. Seit die Klippenritter den Aufstand in Thax niedergeschlagen und die Weißstirne aus der Stadt vertrieben hatten, herrschte Krieg im Fürstentum Thax. Die Aufständischen hatten sich in den Süden des Hochlandes zurückgezogen. Die Straße des geronnenen Blutes war fest in ihrer Hand, ebenso die Wege nach Varona und Palgura. Sie wurden von Soldaten aus Blanvart und Travid unterstützt, denn die Barone beider Städte hatten sich auf die Seite des Hohepriesters Nhordukael geschlagen.
Seufzend schwang sich Ashnada aus dem Sattel. Sie war es leid, das störrische Pferd zum Weiterreiten zu bewegen. Der Hengst, ein gescheckter Vollblütiger, hatte von Anfang an Probleme bereitet. Ashnada fragte sich, warum Bars Balicor ihr kein zuverlässigeres Tier gegeben hatte, wenn ihr Auftrag von solch großer Bedeutung war.
Balicor hatte sie in den Südosten des Hochlandes gesandt, in die Nähe von Travid. Die näheren Hintergründe des Auftrages hatte er verschwiegen, doch an seinem Tonfall hatte Ashnada gemerkt, wie wichtig die Angelegenheit für ihn war. Er hatte alle Hände voll zu tun, seit er Hohepriester geworden war. Mit Feuereifer hatte er begonnen, die Kirche in seinem Sinn umzugestalten. In seiner Geschäftigkeit schien er vergessen zu haben, dass mit der Übernahme des hohepriesterlichen Amtes auch der Schwur erloschen war, den Ashnada ihm geleistet hatte. Ashnada selbst hatte es vermieden, Bars Balicor darauf hinzuweisen. Sie erledigte weiterhin widerspruchslos die Aufträge des Priesters, denn sie hatte beschlossen, vorerst in Thax zu
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