Nebelsphäre - haltlos (German Edition)
Außerdem wäre deine Tarnung aufgeflogen. Das konnte ich einfach nicht zulassen.“
„Du riskierst dein Leben, um mir Ärger zu ersparen?“, fragte er ungläubig. Dann stutzte er. „Woher wusstest du, dass auf das Töten von Menschen bei uns Drachen eine Strafe steht? Ich habe dir das nie erzählt.“ Seine Stimme klang eindeutig verärgert.
Langsam wurde Victoria sauer und setzte sich auf. „Wenn du mal nachdenken würdest, könntest du dich vielleicht daran erinnern, dass ich mehrfach ungewollt in deinen Geist gefallen bin. Bei diesen Gelegenheiten hast du mich immer mit einer Flut von Bildern überschüttet! Du hast mir in der Tat nie von der Strafe für das Töten von Menschen erzählt – ich habe das selbst in deinem Kopf gesehen!“
Sie redete sich richtig in Rage und wurde immer lauter. „Ich habe gesehen, dass du mit deinem besten Freund Wettkämpfe veranstaltest, die du selbst ziemlich albern findest und nur ihm zu liebe mitmachst. Ich habe gesehen, dass ihr Drachen früher offen unter uns Menschen gelebt habt, habe aber keinen Schimmer, warum ihr es jetzt nicht mehr tut! Genauso habe ich gesehen, dass hinter einer Nebelwand das Grauen wartet! Werwölfe und andere finstere Wesen, die uns einfach nur umbringen wollen! Ich habe so viele Dinge in deinem großen Dickschädel gesehen, die ich nicht verstehe und die du mir nicht erklärst! Wenn du mich gegen alle Regeln der Vernunft schützen darfst, warum darf ich dann bitte nicht das gleiche für DICH tun?!!!!“
Den letzten Satz hatte sie fast gebrüllt.
Er sah sie betroffen an und nahm ihre Hand. „Es tut mir wirklich leid, Victoria. Ich wollte dich nicht angreifen. Du bist so anders als die anderen Menschen. Eigentlich dürftest du gar nicht in meinen Geist eindringen können. Und nachdem du das doch geschafft hattet, hättest du wahnsinnig werden müssen. Kein Mensch kann sich im Geist eines Drachen aufhalten, ohne dabei den Verstand zu verlieren…“
Sie verzog das Gesicht und dachte ein wenig versöhnlicher: „Na, ich kann seit Montag an nichts anderes mehr denken, als daran, wann ich dich endlich wiedersehe! Selbst mit Mathe ablenken klappt kaum mehr. Vielleicht ist das ja schon das erste Anzeichen dafür, dass ich irre werde.“
Er sah sie zärtlich an, zog ihre Hand sanft zu seinem Mund und küsste ihre Finger liebevoll. „Dann werde ich jetzt offenbar auch verrückt. Ich habe in den letzten Tagen kaum etwas auf die Reihe bekommen, weil ich dich so vermisst habe.“
Victoria lächelte zurück. Seine braunen Augen nahmen sie ganz gefangen.
Schließlich wurde sein Blick neugierig. „Aber sag mal, was hast du eigentlich für einen Zauber gewirkt? Ich konnte kein magisches Feuer oder ähnliches erkennen.“
Sie erzählte ihm von ihrem Trick und meinte aufgebracht: „Was hätte ich denn auch machen sollen? Der Kerl war zwei Meter groß und breit wie ein Schrank! Bei seiner Kraft wäre mein Knie nie auch nur in die Nähe seiner Weichteile gekommen!“
Jetzt musste Jaromir laut lachen. „Du bist unglaublich, Victoria! Diese Art Magie anzuwenden ist mir völlig fremd. Wenn wir Drachen kämpfen müssen, gehen wir deutlich direkter vor. Ein ordentlicher Flammenstrahl, magisches Feuer, explosiver Beschuss, im Zweifelsfall auch noch scharfe Zähne und spitze Krallen – das ist eher unsere Masche. Die Magie des Geistes wenden wir eigentlich nur zur Verständigung oder zum Spionieren an und letzteres auch eher selten. Ich habe noch nie jemanden kennengelernt, der diese Form der Magie so intuitiv benutzt wie du! Ich meine, du kannst sogar dann unbemerkt in meinen Geist schlüpfen, wenn ich meine Gedankenfenster geschlossen habe. Außerdem kenne ich sonst niemanden, der so schnell so komplexe Zauber lernt.“
Sie lächelte gewinnend. „Dann kannst du mir jetzt ja beibringen, wie ich für das Zaubern zusätzliche Magie aufnehme.“
Jaromir wollte schon abwinken, hielt dann aber inne. „Hmmm … vielleicht wäre es gar nicht so schlecht, wenn ich dir zeige, wie du deine astrale Kapazität vergrößern kannst. Außerdem musst du unbedingt lernen, wie du eine gewisse Reserveenergie in deinem Innersten einkapselst, damit so etwas wie letzte Nacht nie wieder passieren kann.“
Sie war begeistert. „Prima! Wann fangen wir an?“
Er schüttelte lächelnd den Kopf. „In den nächsten Tagen wirst du außer dem Abschirmen keine Magie wirken. Das wäre viel zu gefährlich. Und jetzt solltest du erst mal deinen Mitbewohner anrufen…“
Victoria
Weitere Kostenlose Bücher