Nebelsphäre - haltlos (German Edition)
heutigen Morgen mit und fügte ein paar ihrer Fantasien hinzu.
Jaromir schnappte nach Luft, schloss die Augen und warf leise lachend den Kopf in den Nacken. Die Luft um ihn flirrte kurz. Dann öffnete er seine Augen wieder, sah sie mit brennender Bronze an und flüsterte: „Beeil dich lieber, Kleines… sonst muss ich dich holen!“
Victoria kicherte und zuckte betont unschuldig mit den Schultern. Dann verließ sie grinsend den Raum und machte sich auf den Weg in die Küche.
Sie hatte gerade den Kühlschrank geöffnet und die kunstvoll angerichtete kalte Platte entdeckt, da spürte sie plötzlich eine mächtige Präsenz. Sie war sich sicher, dass ein zweiter Drache in der Nähe war.
Bevor sie ihn orten konnte, hörte sie auch schon Jaromirs besorgte Gedankenstimme: „Victoria, wir bekommen Besuch!“
Sie spürte seine Angst, dass sie entdeckt würde und antwortete: „Ich habe es auch gemerkt. Ich kann das Haus verlassen und zu meiner Wohnung laufen, wenn du willst.“
Er zögerte einen Augenblick. „Nein, das Wetter ist schlecht und es ist schon dunkel. Wenn dir etwas passiert, würde ich mir das nie verzeihen – außerdem ist es sowieso schon zu spät: Er ist gleich da und jeder Mensch, der das Haus betritt oder verlässt, würde seine Aufmerksamkeit erregen. Am besten du bleibst erst mal unten … wir reden gleich weiter.“
Sie wollte sich vorsichtig aus seinem Geist zurückziehen, doch er widersprach schon fast panisch: „Nein! Bitte bleib! Wenn du dich ruhig verhältst wird er dich nicht bemerken… und dann kannst du auch gleich zuhören.“
Victoria war mulmig zumute. Sie setzte sich auf eine Arbeitsplatte und lehnte sich mit dem Rücken an die Wand.
Jaromir begab sich ins Turmzimmer und zeigte ihr auf dem Weg, wer gerade angekommen war. Er zog sie durch seinen Geist in einen Bereich, der sonst immer geschlossen war. Jetzt sah Victoria einen schwarzen Drachen, Jaromir sehr ähnlich, aber sie schätzte, dass dieser etwas größer und muskulöser war. Er hieß Lenir, war gemeinsam mit Jaromir aufgewachsen und ausgebildet worden. Und er war sein bester Freund. Lenir war ein echter Draufgänger und liebte Wettkämpfe. Er verstand sich zwar nicht besonders gut auf komplexe Magie – die verschiedenen Versiegelungs- und Schutzzauber, die er als Torwächter benötigte, hatte er nur mit ach und krach meistern können – aber im Fliegen und Kämpfen war er unglaublich gut. Außerdem war er in der Lage, seine Aura sehr menschlich erscheinen zu lassen. Jaromir war sich sicher, dass kein anderer Drache in diesem Bereich so gut war wie Lenir. Das machte ihn dann doch prädestiniert für den Torwächterjob: Er konnte sich absolut unauffällig unter Menschen bewegen – sie hatten einfach keine Furcht vor ihm. Allerdings führte das zu anderen Problemen, denn er stand auf menschliche Frauen. Anscheinend war er ein echter Schürzenjäger.
Durch die Art, wie Jaromir über Lenir dachte, wusste Victoria, dass die beiden sich nahe standen, auch wenn sie sehr verschieden waren. Sie waren seit dem Schlüpfen gemeinsam durch dick und dünn gegangen und jeder der beiden würde ohne zu fragen sein Leben für den anderen geben.
Jetzt jedenfalls war Lenir im Turmzimmer angekommen und hatte seine menschliche Gestalt angenommen. Sie konnte durch Jaromirs Augen sehen, dass sein Freund wirklich gut aussah – schlichtweg der Typ, dem die Frauen zu Füßen lagen. Seine Aura hatte sich mit der Verwandlung stark verändert. „Er wirkt tatsächlich menschlich“ , dachte Victoria fasziniert. „Sehr interessant aber irgendwie auch beunruhigend…“
Die beiden Männer umarmten sich kumpelhaft und Jaromir klopfte seinem Freund auf die Schulter. „Lenni, altes Haus! Mann, wie lange ist das her, dass wir uns gesehen haben?“
Lenirs Stimme klang dunkel wie schwarzer Samt, als er lachend antwortete: „Mensch Jaro! Es müssen jetzt fast fünf Jahre sein. Das letzte Mal haben wir uns bei unserem Mentor in Hamburg getroffen – er wollte wohl sichergehen, dass ich die Schutz- und Versiegelungszauber noch ausreichend gut beherrsche. Ich glaube, du warst nur dabei, damit die Überprüfung meiner Kenntnisse nicht ganz so offensichtlich war. Haha! Oh Mann, unsere kleine Feier danach war echt der Hammer!“
Jaromir grinste. „Ja, das war sie! Aber was verschafft mir denn heute die Ehre deines unerwarteten Besuchs? Ich dachte, du sitzt bei irgendeinem unbedeutenden Tor mitten in Oslo fest?“
„Ich bin nicht rausgeflogen, falls du
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