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Nebelsturm

Nebelsturm

Titel: Nebelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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Åludden aus dem Wasser ragen.
    Am Steg war sein offenes Motorboot vertäut, in dem sich das Regenwasser gesammelt hatte. Er kletterte hinunter und begann zu schöpfen.
    Währenddessen gingen ihm die Ereignisse des vergangenen Abends durch den Kopf, als er zusammen mit den Brüdern Serelius am Küchentisch eine Séance oder wie man das auch immer nennen sollte, abgehalten hatte.
    Das Glas hatte sich unablässig über das Holzbrett bewegtund alle Fragen beantwortet – natürlich hatte Tommy es hin und her bewegt. Er hatte zwar die Augen geschlossen gehalten, aber wahrscheinlich ab und zu geblinzelt, damit das Glas den richtigen Buchstaben traf.
    Auf jeden Fall war dabei herausgekommen, dass der Geist von Aleister ihre Einbruchspläne unterstützte. Als Tommy den Ort Stenvik überprüfen ließ, den Henrik vorgeschlagen hatte, bewegte sich das Glas zum JA , und als er nachfragte, ob sie dort auf wertvolle Gegenstände stoßen würden, erhielten sie ebenfalls ein JA zur Antwort.
    Zum Schluss hatte Tommy noch gefragt:
    »Aleister, was meinst du … können wir drei uns gegenseitig trauen?«
    Das kleine Glas hatte ein paar Sekunden pausiert, dann schob es sich langsam in Richtung NEIN .
    Tommy lachte laut auf, ein kurzes, heiseres Lachen.
    »Das ist in Ordnung«, kommentierte er und sah Henrik an. »Ich traue nämlich niemandem.«
    Bereits vier Tage später hatten sich Henrik und die Brüder Serelius auf ihre erste Reise in den Norden begeben, in die Sommerhaussiedlung, die Henrik vorgeschlagen und die vom Geist Aleister genehmigt worden war. Dort standen nur winterfest gemachte Häuser in pechschwarzer Nacht.
    Henrik und die Brüder suchten nicht nach kleinen, teuren Gegenständen, wenn sie durch ein Fenster in ein Sommerhaus einbrachen – sie wussten genau, dass die Besitzer nicht so dämlich waren, Geldscheine, Markenuhren und Goldketten dort überwintern zu lassen. Aber bei bestimmten Gegenständen war es ihnen oft zu lästig, sie wieder mit aufs Festland zurückzunehmen, wenn die Ferien vorüber waren: Fernsehapparate, Stereoanlagen, Alkohol, Zigarettenstangen und Golfschläger. Und in den Geräteschuppen fanden sich nicht selten Motorsägen, Benzinkanister und Bohrmaschinen.
    Nachdem Tommy und Freddy das Buddelschiff zertreten hatten und Henrik sein Missfallen geäußert hatte, wurde die gemeinsame Schatzsuche wieder aufgenommen.
    Henrik untersuchte die kleineren Räume. Die Frontseite des Hauses zeigte auf die Klippen und den Sund, und durch die Panoramafenster sah er den kreideweißen Mond als Halbsichel über dem Wasser hängen. Stenvik war einer der vielen im Winter wie ausgestorbenen Fischerorte an der Westküste der Insel.
    Jeder Raum empfing ihn mit tiefem Schweigen, und trotzdem hatte Henrik das Gefühl, dass Wände und Boden ihn beobachten würden. Daher bewegte er sich sehr vorsichtig, um nichts umzustoßen.
    »Hallo? Henke?«
    Das war Tommy.
    »Wo bist du?«, fragte er zurück.
    »Hier drüben, in der Küche … hier ist so eine Art Büro.«
    Henrik folgte Tommys Stimme und ging durch die schmale Küche. Tommy stand vor einer Wand in einem fensterlosen Raum und zeigte mit seinem Handschuh auf eine Stelle.
    »Was sagst du dazu?«
    Er lächelte nicht – Tommy lächelte fast nie –, aber er sah aus wie jemand, der eventuell einen großen Fund gemacht hatte. Neben ihm hing eine enorme Wanduhr aus dunklem Holz mit römischen Zahlen auf dem verglasten Ziffernblatt.
    Henrik nickte.
    »Doch … die könnte was wert sein. Ist sie alt?«
    »Ich glaub schon«, entgegnete Tommy und öffnete das Uhrenglas. »Wenn wir Glück haben, ist die sogar antik. Französisch oder deutsch.«
    »Die tickt nicht.«
    »Die muss man bestimmt erst aufziehen.« Er schloss das Glas und rief seinen Bruder.
    Es dauerte einige Sekunden, ehe man Freddy durch die Küche trampeln hörte.
    »Was denn?«
    »Hilf uns mal«, befahl Tommy.
    Freddy war der Größte von ihnen. Er nahm die Uhr vom Haken und stellte sie auf den Boden.
    »Komm, wir tragen sie gleich raus«, schlug Tommy vor.
    Der Lieferwagen war in der Nähe des Hauses geparkt. KALMAR – SCHWEISSEN & ROHRE stand auf den Seiten. Tommy hatte die Buchstaben gekauft und angebracht. So eine Firma existierte gar nicht, aber es war weniger verdächtig, wenn ein Firmenwagen in der Nacht durch die Gegend fuhr, als wenn sie in einem anonymen Lieferwagen unterwegs wären.
    »Nächste Woche wird in Marnäs eine Polizeistation eröffnet«, sagte Henrik, als sie die Uhr durch das

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