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Nebelsturm

Nebelsturm

Titel: Nebelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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sein.«
    »Hubba Bubba.«
    Henrik nickte unschlüssig.
    Er wollte außergewöhnlich sein und ein außergewöhnliches Leben führen. Seit Camilla ausgezogen war, waren die Abende trostlos und die Nächte einsam, dennoch zögerte er. Nicht das Risiko, erwischt zu werden, hatte ihn dazu bewegt, mit den Einbrüchen aufzuhören. Er hatte Angst vor etwas anderem.
    »Es ist so dunkel da draußen auf dem Land«, versuchte er zu erklären.
    »Klingt gut«, entgegnete Tommy.
    »Es ist verdammt dunkel«, betonte Henrik. »Keine einzige Straßenlaterne, und der Strom in den Häusern ist meistens abgestellt. Man sieht praktisch nichts.«
    »Kein Problem«, wiegelte Tommy ab. »Wir haben gestern an einer Tanke Taschenlampen geklaut.«
    Henrik nickte bedächtig. Die Taschenlampen durchdrangen natürlich die Dunkelheit, aber eben nicht überall.
    »Ich habe ein Bootshaus, das wir als Lager benutzen können«, sagte er dann. »Bis wir die passenden Käufer für die Sachen finden.«
    »Hammer!«, erwiderte Tommy. »Dann müssen wir nur noch das richtige Haus ausfindig machen. Mogge hat gesagt, dukennst dich da gut aus.«
    »Ein bisschen, das gehört zu meinem Job«, sagte Henrik.
    »Gib uns die Adressen, dann können wir checken, ob die okay sind.«
    »Und wie das?«
    »Wir fragen Aleister.«
    »Was hast du gesagt?«, Henrik starrte ihn ungläubig an.
    »Wir sprechen alles mit Aleister Crowley ab«, erklärte ihm Tommy nüchtern und stellte seine Tasche auf den Küchentisch. Er öffnete sie und holte eine kleine, flache Holzschatulle heraus. »Wir nehmen über das hier Kontakt mit ihm auf.«
    Henrik beobachtete schweigend, wie Tommy die Schatulle öffnete und sie auf den Tisch stellte. Auf der Innenseite der Schatulle waren Buchstaben und Zahlen ins Holz gebrannt. Das gesamte Alphabet, die Zahlen null bis zehn sowie die Worte JA und NEIN. Zum Schluss holte Tommy noch ein kleines Glas aus der Tasche.
    »Ich habe das früher als Kind mal ausprobiert«, sagte Henrik. »Gläserrücken, oder wie geht das?«
    »Quatscht keinen Scheiß, das hier ist Ernst.« Tommy stellte das Glas auf das Holzbrett. »Das ist ein Ouija-Brett.«
    »Wijdscha-Brett?«
    »Das heißt eben so«, sagte Tommy ungehalten. »Das Holz stammt von dem Deckel eines alten Holzsarges. Kannst du es hier ein bisschen dunkler machen?«
    Henrik grinste in sich hinein, stand aber, ohne zu murren, auf und machte das Licht aus.
    Sie setzten sich an den Tisch. Tommy legte seinen kleinen Finger auf den Glasboden und schloss die Augen.
    Es war totenstill im Raum. Er kratzte sich am Hals und schien einem Geräusch zu lauschen.
    »Wer ist hier?«, fragte er. »Ist Aleister hier?«
    Sekundenlang geschah nichts, dann begann sich das Glas unter Tommys Finger zu bewegen.
    Bereits am nächsten Tag war Henrik in der Abenddämmerung zum Bootshaus seines Großvaters gefahren, um alles vorzube reiten.
    Die kleine Holzhütte war rot gestrichen und stand auf einer Wiese, nur wenige Meter vom Strand entfernt. In unmittelbarer Nachbarschaft befanden sich noch zwei weitere Bootshäuser,aber die gehörten Sommergästen und wurden ab Mitte August nicht mehr benutzt. Hier würden sie ihre Ruhe haben.
    Das Bootshaus hatte er von seinem Großvater Algot geerbt. Als er noch lebte, waren die beiden im Sommer oft aufs Meer hinausgefahren, hatten die Netze ausgelegt, im Bootshaus übernachtet und am nächsten Morgen um fünf Uhr morgens die Netze wieder eingeholt.
    Wenn er am Meer stand, vermisste er diese Tage und bedauerte es sehr, dass sein Großvater nicht mehr lebte. Algot hatte bis weit nach der Pensionierung Tischlerarbeiten und kleinere Bauaufträge erledigt, und bis zum Schluss schien er mit seinem Leben rundum zufrieden gewesen zu sein, obwohl er die Insel nur ein paarmal verlassen hatte.
    Henrik öffnete das Hängeschloss und betrat das dunkle Bootshaus. Innen hatte sich, seit sein Großvater vor sechs Jahren an einem Herzinfarkt gestorben war, nichts verändert. Die Netze hingen wie früher an den Wänden, die Hobelbank stand in der einen, der verrostende Holzofen in der anderen Ecke. Camilla hatte vorgeschlagen, das Bootshaus aufzuräumen und weiß zu streichen, aber Henrik hatte alles beim Alten belassen wollen.
    Er verstaute die Ölkanister, den Werkzeugkasten und was sonst noch herumstand, und breitete eine Plane für die Beute auf dem Boden aus. Danach ging er hinunter zum Steg und atmete den Geruch von Tang und brackigem Salzwasser tief ein. Im Norden sah er die beiden Leuchttürme von

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