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Nebelsturm

Nebelsturm

Titel: Nebelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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Freund ein neues Auto kaufen wollte. ›Aber ihr habt doch ein schönes Auto‹, meinte ich zu ihr. ›Ja, doch, aber alle anderen in der Straße haben sich dieses Jahr schon ein neues gekauft‹, antwortete sie mir.«
    »Ja, da geht es die ganze Zeit nur um das Kaufen und das Kaufen.«
    »Genau, aber keiner lässt mal von sich hören.«
    »Nein, leider … Mein Sohn ruft nie an, noch nicht einmal anmeinem Geburtstag. Immer muss ich mich melden, und dann hat er keine Zeit. Er ist ständig auf dem Sprung, oder es gibt gerade was Spannendes im Fernsehen.«
    »Stimmt, neue Fernseher kaufen sie sich ja auch immerzu, und die sollen am liebsten so groß wie Häuser sein …«
    »Und neue Kühlschränke.«
    »Küchenherde auch.«
    Mehr bekam Tilda nicht zu hören, denn die Tür zu Gerlofs Zimmer öffnete sich.
    Der große Mann stand etwas gebeugt, und seine Beine zitterten ein wenig, aber er begrüßte Tilda mit dem heiteren Lächeln eines alten Mannes. Sie fand, dass er viel frischer aussah als letzten Winter.
    Gerlof, Jahrgang 1915, hatte vor Kurzem seinen achtzigsten Geburtstag in seinem Sommerhaus in Stenvik gefeiert. Seine beiden Töchter waren gekommen, die ältere, Lena, mit Mann und Kindern und die jüngere, Julia, mit ihrem neuen Partner und dessen drei Kindern aus erster Ehe. An seinem Geburtstag hatte das Rheuma Gerlof gezwungen, den ganzen Tag im Sessel zu verbringen, jetzt aber stand er, auf den Stock gestützt, vor ihr im Türrahmen und sah schick aus in Weste und dunkelgrauen Gabardinehosen.
    »So, das Wetter ist erledigt«, sagte er freundlich.
    »Prima.«
    Tilda erhob sich. Sie hatte vor seinem Zimmer warten müssen, weil Gerlof unbedingt die Wettervorhersage hören wollte. Tilda hatte zwar nicht verstanden, warum das so wichtig sein konnte – er würde ja wohl kaum bei dieser Kälte vor die Tür gehen. Aber wahrscheinlich gehörte das Interesse für Wind und Wetter zu den alten Routinen aus seiner Zeit als Kapitän auf der Ostsee.
    »Komm rein, komm bitte herein.«
    Er schüttelte ihr die Hand – Gerlof war niemand, der die Menschen in den Arm nahm. Tilda hatte noch nicht einmal gesehen, dass er jemandem auf die Schulter geklopft hätte.
    Seine Hand war groß und kräftig und fühlte sich hart an. Gerlof war seit seinem zwanzigsten Lebensjahr zur See gefahren, und obwohl er vor fünfundzwanzig Jahren an Land gegangen war, hatten sich die Schwielen an seinen Händen gehalten. Die vielen Tampen, die er eingeholt hatte, die vielen Lasten, die er hatte heben müssen, und die vielen Ketten, die durch seine Hände gelaufen waren, hatten ihre Spuren hinterlassen.
    »Und, wie wird das Wetter werden?«, fragte sie.
    »Frag bitte nicht.« Gerlof seufzte und setzte sich mit steifen Beinen an den kleinen Kaffeetisch. »Der Radiosender hat die Uhrzeiten für den Wetterbericht schon wieder geändert, deshalb habe ich die lokalen Temperaturen verpasst. Aber in Norrland soll es kälter werden, und das wird es dann bestimmt auch hier bei uns.«Er warf einen misstrauischen Blick auf das Barometer im Bücherregal, sah aus dem Fenster auf die kahlen Bäume und fügte hinzu: »Das wird dieses Jahr ein harter Winter, früh und sehr kalt. Das sieht man daran, wie klar die Sterne nachts leuchten, vor allem die im Großen Wagen. Und am Sommer.«
    »Was hat der Sommer damit zu tun?«
    »Einem milden Sommer folgt ein harter Winter«, dozierte Gerlof. »Das wissen alle.«
    »Ich nicht«, entschuldigte sich Tilda. »Aber hat das für uns eine Bedeutung?«
    »Oh ja, ein langer und strenger Winter setzt allem Möglichen zu. Der Seeschifffahrt auf der Ostsee zum Beispiel. Durch das Packeis verspäten sich die Schiffe, und das mindert die Gewinne.«
    Tilda betrat den Raum und begegnete darin den gesammelten Erinnerungen aus Gerlofs aktiver Zeit als Kapitän. An den Wänden hingen Schwarz-Weiß-Fotografien von seinen Frachtern, geölte Namensschilder und gerahmte Dokumente. Dazwischen befanden sich auch Fotografien seiner verstorbenen Eltern und seiner Ehefrau.
    Die Zeit in diesem Zimmer stand still, empfand Tilda.
    Sie setzte sich Gerlof gegenüber und stellte das Tonbandgerätauf den Tisch. Dann steckte sie das Kabel des flachen Tisch mikrofons in den Apparat.
    Gerlof betrachtete das Tonbandgerät mit demselben Blick, mit dem er das Barometer fixiert hatte. Das Gerät war nicht besonders groß, aber Tilda bemerkte gleich, dass seine Augen nervös zwischen ihr und dem technischen Instrument hin- und herwanderten.
    »Wir wollen

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