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Nebelsturm

Nebelsturm

Titel: Nebelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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Kindergarten?«
    »Papa, ich gehe nicht in den Kindergarten.« Wütend sah sie ihn an. »Gabriel geht in den Kindergarten, ich gehe in die Schule.«
    »In die Vorschule, oder?«, versuchte Joakim einzulenken.
    »Schule«, insistierte Livia.
    »Okay … was macht ihr denn heute in der Schule?«
    »Weiß nicht«, antwortete Livia und starrte auf die Tischplatte.
    »Wirst du dann dort mit neuen Freundinnen spielen?«
    »Weiß nicht.«
    »Na gut, trink mal deine Milch aus. Wir müssen bald los, nach Marnäs … in die Schule.«
    »Mm.«
    Um zwanzig nach sieben begann die Sonne sich am Horizont zu zeigen. Die gelben Strahlen tasteten sich vorsichtig über das windstille Meer, ohne jedoch Wärme zu spenden. Es würde ein sonniger, aber sehr kalter Tag werden – das Thermometer an der Hauswand zeigte nur drei Grad plus.
    Joakim stand auf dem Hofplatz und kratzte den Frost von den Scheiben seines Volvos. Dann öffnete er den Kindern die hinteren Wagentüren. Livia kletterte allein in ihren Kindersitz, Foreman fest umklammert. Joakim schnallte Gabriel in dem kleineren Sitz daneben an. Dann setzte er sich hinters Steuer.
    »Wollte Mama uns nicht winken?«, fragte er.
    »Sie musste aufs Klo«, erklärte Livia. »Sie musste Groß machen. Sie will dann immer eine Weile sitzen bleiben.«
    Ihre Laune hatte sich nach dem Frühstück deutlich gebessert, sie wurde zunehmend gesprächiger. Erst einmal in der Vorschule angekommen, würde sie eine unbändige Energie haben.
    Joakim lehnte sich im Sitz zurück und musterte Livias kleines rotes Laufrad und Gabriels Dreirad. Sie standen ungesichert mitten auf dem Hofplatz. Aber sie lebten ja auch nicht mehr in der Großstadt.
    Wenige Minuten später erschien Katrine im Hof, nachdem sie in der Diele das Licht ausgeschaltet und die Tür hinter sich zugezogen hatte. Sie trug eine leuchtend rote Winterjacke mit Pelzkapuze und blaue Trainingshosen. In Stockholm hatte sie sich häufig in Schwarz gekleidet, aber seit sie auf Öland lebte, hatte sie begonnen, sich weite und farbenfrohere Kleidung zu kaufen.
    Sie winkte ihnen zu und gab der rot gestrichenen Holzwand neben der Eingangstür einen freundlichen Klaps. Der konstante Schlafmangel hatte ihr dunkle Schatten unter die Augen gezeichnet, aber sie lächelte ihnen dennoch fröhlich zu.
    Es war ihr Hof. Joakim winkte zurück und erwidert ihr Lächeln.
    »Ich will jetzt losfahren«, sagte Livia auf der Rückbank.
    »Fahren! Fahren!«, rief Gabriel und winkte aus dem Fenster.
    Joakim startete den Wagen, die Scheinwerfer beleuchteten das Haus. Eine dünne Schicht Raureif lag über der Wiese, ein frühes Zeichen für den nahenden Winter. Er würde bald die Spikereifen aufziehen lassen müssen.
    Livia setzte sich die Kopfhörer auf, um die neuen Abenteuer von Bamse zu hören, dem stärksten und nettesten Bären der Welt. Sie hatte vor Kurzem einen eigenen Kassettenrekorder geschenkt bekommen und in wenigen Minuten gelernt, wie dieKnöpfe zu bedienen waren. Wenn Lieder kamen, ließ sie Gabriel mithören.
    Der Weg hinauf zur Küstenstraße war nicht mehr als ein mit Kies bedeckter Pfad, der an der einen Seite von einem kleinen Laubwald gesäumt war und auf der anderen Seite von einem Wassergraben, der am Fuße einer alten Steinmauer verlief. Der Kiesweg war sehr schmal und kurvenreich, Joakim musste langsam fahren und hielt das Lenkrad fest umklammert. Er fühlte sich noch nicht sicher genug auf dieser Strecke.
    An der Auffahrt zur Landstraße hing ihr neuer Briefkasten an einen Holzpfahl montiert. Joakim verringerte die Geschwindigkeit und hielt nach Lichtern anderer Fahrzeuge Ausschau, aber in beide Richtungen war die Straße frei.
    Bis Marnäs begegnete ihnen auf der Küstenstraße sowie in dem kleinen Ort Rörby kein anderes Auto. Und auch in Marnäs waren nur sehr wenige Menschen unterwegs. Ein Fischtransporter fuhr an ihnen vorbei, und auf dem Bürgersteig liefen ein paar Kinder mit hüpfenden Ranzen auf dem Rücken zur Schule.
    Joakim bog auf die Hauptstraße ab und fuhr über den menschenleeren Marktplatz. Etwa hundert Meter vom Platz entfernt befand sich die Schule von Marnäs, und in dem benachbarten, umzäunten, mit Rutsche und Sandkasten ausgestatteten Innenhof waren Livias Vorschule und Gabriels Kindergarten untergebracht. Es war ein flaches Holzhaus, aus dessen großen Fenstern warmes Licht in das Herbstdunkel schien.
    Viele Eltern hielten am Bürgersteig vor dem Gebäude an und ließen dort ihre Kinder aussteigen. Auch Joakim reihte

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