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Nebenan: Roman

Nebenan: Roman

Titel: Nebenan: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Jahren«, verbesserte sie ihn. »Und außerdem bist du der Mann, der mir einen Traum geschenkt hat. Die Vision einer Welt, die viel lebenswerter erscheint als diese. Das ist mehr, als mir jemals ein anderer gegeben hat.« Sie küsste ihn sanft auf die Stirn und zupfte seine Perücke ein wenig zurecht.
    Cagliostro war unfähig etwas zu sagen. Er starrte die Druidin einfach nur an und hatte den vagen Verdacht, gerade keinen allzu intelligenten Eindruck zu machen. Es war das allererste Mal, dass eine Frau ihm eine Liebeserklärung gemacht hatte. So glücklich und unfähig, seine Gefühle in Worte zu fassen, hatte er sich das letzte Mal vor mehr als zweihundertdreißig Jahren gefühlt, als er jenem wunderschönen Dienstmädchen begegnet war, das die Seine werden sollte. Seine Lorenza … Wie lange sie schon im kalten Grab lag!
    An den glänzendsten Fürstenhöfen Europas waren sie gefeierte Gäste gewesen und hatten reiche Narren in die Kunst des Okkultismus und die geheimen Mysterien der von ihm erfundenen Ägyptischen Loge eingeweiht. Oft hatten sie von Wiedergeburt gesprochen … War es möglich? Auch Lorenza war ganz versessen auf feine Konfitüre gewesen. Sollte es in dieser Welt am Ende doch mehr Wunderbares geben, als er zu hoffen gewagt hatte?
    Mariana hatte sich wieder an den Frühstückstisch gesetzt. »Heute Mittag nehmen wir uns Roger zur Brust. Ich glaube, ich weiß, wo dieser Mistkerl untergetaucht ist.«
    Ja, auch Lorenza war immer diejenige von ihnen beiden gewesen, die pragmatisch mit beiden Beinen im Leben stand. Und auch sie hätte einen Betrug wie in der letzten Nacht niemals verziehen. Wenn es in dieser Welt Kirchenportale geben konnte, die ihm den Zugang zu einem Gotteshaus verwehrten, warum sollten dann nicht auch Seelenwanderung und Wiedergeburt möglich sein? Vielleicht war auch das nur eine Frage des Glaubens?
    *
    Martin Mager war das, was man gemeinhin ein verzogenes Gör nennt. Nur war dieses Gör immerhin schon dreiundzwanzig Jahre alt und der Sohn des Energieministers. Der Erlkönig hatte bei seinen Recherchen im Internet etliche kleine Skandalgeschichten über den Jungen ausgegraben und war sich sicher, dass alles klappen würde. Auch Joe war seiner Meinung gewesen, als der Elbenfürst seinen beiden Mitverschwörern den Plan unterbreitet hatte. Nur Gabi gefiel ihre Rolle nicht ganz. Sie war der Köder!
    Mit Stöckelschuhen, schwarzen Nylons und einem Kleid, das freizügigste Einblicke gewährte, hantierte sie an einem gestohlenen Golf herum. Sie hatte die Motorhaube aufgeklappt und musste sich keineswegs verstellen, um hilflos zu wirken. Joe und der Erlkönig beobachteten sie aus einem ebenfalls gestohlenen Bäckereilieferwagen. Es war elf Uhr morgens und sie befanden sich auf dem Parkplatz eines Fitnesscenters am Rand von Düsseldorf.
    »Meine Süße weiß, wie man bei ’nem Typen den Choke zieht, was?« Joe lächelte versonnen und kraulte Blau den Kopf, der vor ihm auf der Fußmatte kauerte.
    Der Elbenfürst verzichtete darauf, etwas zu sagen. Die beiden waren nützlich, aber sie hatten einfach keinen Stil. Selbst Cagliostro war da bessere Gesellschaft gewesen. Wenn er noch ein halbes Dutzend Elben von Nebenan hier hätte … Eine Bewegung an der Einfahrt zum Parkplatz beendete sein Grübeln. Mit aufheulendem Motor preschte ein roter Sportwagen heran. So wie Gabi stand, war es unmöglich, dass der Fahrer sie übersehen würde.
    Der Erlkönig stieß die Tür des Transporters auf, streifte den Ring vom Finger und sprang hinaus. Bremsen quietschten. Ein Ruck lief durch den Sportwagen. Einen Moment sah es so aus, als würde er aus der Spur brechen. Dann kam der Wagen zum Stehen. Die Fahrertür flog auf und ein stämmiger, dunkelhaariger Kerl stieg aus. Er trug einen knallbunten Trainingsanzug aus Ballonseide und ein Lächeln wie ein Fuchs, der im Begriff war, ein argloses Hühnchen zu einem harmlosen Spaziergang im Wald zu überreden. Breitbeinig schlenderte er zu Gabi hinüber. Jeder Zweifel war ausgeschlossen, es war Martin Mager.
    Nur Augenblicke nach dem Sportwagen fuhr ein schwarzer Mercedes auf den Parkplatz. Hinter der leicht getönten Frontscheibe erkannte der Erlkönig Mike, den Bodyguard, der gestern noch den Energieminister begleitet hatte. Neben ihm saß ein zweiter Leibwächter auf dem Beifahrersitz.
    Ihr Mercedes hielt unmittelbar hinter dem Sportwagen. Mit einem Satz war der Elbenfürst bei der Limousine, presste die Hände auf die Motorhaube und konzentrierte sich auf die

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