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Nebenan: Roman

Nebenan: Roman

Titel: Nebenan: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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würde, um sich von seinem überaus reichlichen Frühstück zu trennen. Was für Reisegefährten!
    Von der kleinen Feenstadt bis hinab zum Ufer des Flusses waren es nur wenige hundert Meter. Dort wartete ein flacher Fährkahn auf sie. Hier Nebenan schien der Rhein wesentlich breiter zu sein. Der Fluss war von dunklem Bleigrau und der Südwind trieb weiße Gischtkämme stromabwärts. Zweifelnd musterte Till das Fährboot. Wind und Wellen hatten dem Holz eine blassgraue Farbe gegeben. Das Boot mochte sieben oder acht Schritt lang sein und war fast vier Schritt breit. Seine Bordwand war so niedrig, dass Till das Gefühl hatte, die Fähre würde sinken, wenn man sie tatsächlich voll belud.
    Mozzabella musste eine Ewigkeit auf ihre Pferde einreden, bis die Tiere endlich an Bord des Fährkahns gingen. Vermutlich hatte sie sich zuletzt einfach eines Zaubers bedient, um sie zu beruhigen. Till überlegte, ob es nicht klüger sei, auf die Instinkte der Tiere zu vertrauen … Nur Macha und Sainglu schienen sich nicht zu fürchten, sondern im Gegenteil die ganze Sache recht amüsant zu finden. Die beiden großen Hengste zerrten mit einigem Gepolter den Streitwagen an Bord und die dünnen Bretter des Lastkahns knackten bedenklich unter den eisenbeschlagenen Rädern.
    Als der Nachen schließlich beladen war, ragte die Reling gerade noch eine Handbreit über das Wasser. Mozzabella zahlte dem Fährmann für jeden Reisenden ein Silberstück. Er war eine unheimliche, stille Gestalt. Ein hoch gewachsener Mann mit langem weißen Bart in schmutzig braunen Gewändern. Sein Gesicht blieb fast ganz im Schatten eines breitkrempigen Huts verborgen. Auf eine lange Stange gestützt hatte er am Ufer gestanden und wortlos zugesehen, wie sie an Bord gingen. Selbst als er mit der Ältesten sein Geschäft abwickelte, schien er nichts zu sagen.
    Mozzabella winkte ihnen zum Abschied. Der böige Wind zerzauste ihr weißes Haar und riss ihr fast den Umhang von den Schultern. Sie hielt sich an einer Haarsträhne des Ogers fest, um auf dessen Schultern nicht den Halt zu verlieren. »Lebt wohl, ihr heldenhaften Narren! Mögen die Götter über euren Wegen wachen!«
    Lebt wohl? Till spürte, wie sich sein Magen zusammenzog. Die Älteste schien davon auszugehen, sie nicht noch einmal wieder zu sehen.
    Der Fährmann kam an Bord und zog die beiden dicken Bretter ein, mit deren Hilfe sie den Streitwagen verladen hatten. Dann stieß er mit seiner langen Stange den Kahn vom Ufer ab. Das morsche Holz knarrte, als die Kräfte der Strömung sich gegen die Bordwand stemmten, und sie waren noch keine zehn Schritt vom Ufer entfernt, da stand schon fast knöcheltief Wasser im Boot.
    Den Schiffer schien das nicht im Mindesten zu beeindrucken. Mit Händen wie Krallen stieß er seine Stange ins Flussbett und stemmte sich mit übermenschlicher Kraft gegen die Gewalt des Stroms. Für seine eingeschüchterten Fahrgäste hatte er nur abfällige Blicke und ein paar Imperative übrig. Schöpft Wasser! und Macht schneller! , das waren die einzigen Worte, die sie während der ganzen Überfahrt von ihm zu hören bekamen.
    Im Bug des Nachens lagen zwischen Taurollen und altem Segeltuch ein paar schimmlige Ledereimer. Zu fünft kämpften sie gegen das ständig nachströmende Wasser an, während die beiden Heinzelmänner am Bug Stellung bezogen und nach treibenden Baumstümpfen Ausschau hielten, die der morschen Bordwand hätten gefährlich werden können.
    Als sie nach fast einer Stunde das andere Ufer erreichten, waren sie allesamt nass bis auf die Knochen. Ein gutes Stück von der Strömung abgetrieben liefen sie nahe den geborstenen Pfeilern einer uralten Brücke auf den flachen Strand auf. Über der Böschung ragten die grauen Ruinen einer alten Festung. Raben kauerten in den Schießscharten und dunklen Fensterhöhlen der Türme. Schnell waren die Pferde vom Nachen geladen, obwohl der Fährmann ihnen auch diesmal nicht zur Hand ging.
    »Wir sichern die Ruine«, schrie Almat gegen den Wind an und zog sein Schwert. Gemeinsam mit Martin und Rolf stürmte er die Böschung hinauf, während Till bei den Pferden zurückblieb.
    Gabriela war die Letzte, die ihren großen, schwarzen Hengst von der Fähre führte. In den Schutz der Böschung gekauert beobachtete Till, wie der schweigsame Fährmann seine Gefährtin zurückhielt. Der Kerl beugte sich vor, schien etwas zu sagen und drückte ihr etwas in die Hand. Die Tänzerin wirkte erschrocken. Sie schleuderte das Geschenk des Fährmanns in

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