Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nebenan: Roman

Nebenan: Roman

Titel: Nebenan: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
Vom Netzwerk:
etwas blasphemischen Sinn für Humor. Die 0333. Natürlich eine Anspielung auf die heilige Dreifaltigkeit. Und dann noch drei mal die drei als numerische Überhöhung. Ganz schön frech!« Der Kardinal wandte sich zum Auto und eine steile Falte zeigte sich auf seiner Stirn. »Natürlich vergibt die katholische Kirche niemandem, der einen Anschlag auf ihre Würde durchgeführt hat. Wir werden sämtliche Konten dieses Roger Jäger aufspüren und elektronisch löschen lassen. Des Weiteren werden wir seine persönlichen Daten ein wenig durcheinander bringen. Unsere Brüder in Rom können da sehr kreativ sein. Wenn sie mit ihm fertig sind, wird er sich wünschen, er hätte die Finger vom Dom gelassen!«
    *
    »Bitte, bitte, bitte! Pflanz mich aus! Ich verrate dir, wo ein Topf voller Gold vergraben ist. Du musst mich nur mit zum Elbental nehmen!«
    Till versuchte die Stimme aus seinen Gedanken zu vertreiben. Er konzentrierte sich auf den Schnee in der Mähne seiner Stute. Wallerich hatte sie vor mehr als einer Stunde vom Fluss in hügeliges Waldland geführt. Ein Weg war in dem spärlichen Licht von Birgels kleiner Laterne bald nicht mehr zu erkennen gewesen. Wie schwarze Säulen ragten mächtige Baumstämme in die Finsternis. Erst hoch über ihren Köpfen begann sich Geäst zu verzweigen. Es gab hier kaum Unterholz. Nur ein wenig welken Farn, der halb unter dem frisch gefallenen Schnee verborgen war.
    »Bist du sicher, dass wir noch richtig sind?«, fragte Till.
    »Natürlich!«, entgegnete Wallerich barsch und studierte weiter die fleckige Karte, die vor ihm im Korb lag.
    »Vergiss den Goldtopf«, meldete sich wieder eine Stimme in Tills Kopf. »Grab mich aus. Ich zeig dir einen Wasserfall mit einer Nymphe, die du nicht mehr vergessen wirst.«
    Der junge Student schüttelte sich, doch immer mehr fremde Gedanken drangen auf ihn ein und überboten einander mit ihren Verlockungen.
    »Ich hatte euch vor dem Faselfarnwald gewarnt«, murrte Wallerich, als habe auch er in Tills Gedanken gelesen. »Wir können von Glück sagen, dass der Frost den meisten Farn hat welken lassen. Im Sommer ist es hier noch viel schlimmer. Das Gequatsche macht einen wahnsinnig! Die Elben haben den Faselfarn angepflanzt, um das Tal, zu dem wir wollen, vor ungebetenen Besuchern zu schützen.«
    »Aber wie können sich denn Pflanzen in meine Gedanken einmischen?«, fragte Till nach.
    Der Heinzelmann schnaubte. »Ihr Menschen haltet euch wohl immer noch für die Krone der Schöpfung! Natürlich haben auch Pflanzen ihre Wünsche und Gefühle! Nur weil sie ein wenig zurückhaltend sind, sind sie durchaus nicht nur totes Holz. Das solltest eigentlich gerade du wissen!« Wallerich hatte den letzten Satz auf eigentümliche Weise betont.
    »Wie meinst du das?«, hakte Till nach und versuchte sich trotz der ununterbrochenen Einflüsterungen des Farns auf das Gespräch zu konzentrieren.
    »Ich dachte an Neriella …«
    »Du weißt auch davon!?«
    Der Heinzelmann zog grimmig die Brauen zusammen. »Natürlich … Hast du eigentlich jemals über die pflanzliche Seite von Neriella nachgedacht, du Banause?«
    »Jawohl, denkt mehr an die Pflanzen«, tönte der telepathische Farn vielstimmig in Tills Hirn, während ein einzelnes Stimmchen verzweifelt aufschrie: »Sag deinem Gaul, er soll seinen rechten Vorderhuf von mir herunternehmen. Blödes Mistvieh!«
    »Grab mich aus und ich werde dir Neriellas Geheimnis verraten«, versprach eine andere Stimme, die im Gemurmel fast unterging. Till blinzelte verzweifelt gegen das Schneetreiben an und fragte sich, welches Farnbüschel das wohl gewesen sein mochte.
    »Hast du dich nie gefragt, warum Neriella ausgerechnet grünes Haar hat?«, fuhr Wallerich indessen fort. »Und der blasse Grünton ihrer Haut … Hast du dir deine Geliebte eigentlich jemals richtig angesehen?«
    »Ich glaube nicht, dass ich darüber mit dir diskutieren möchte!«
    »Ach!« Der Heinzelmann richtete sich im Reisekörbchen am Sattelhorn empört zu seinen vollen fünfunddreißig Zentimetern auf. »Und ich glaube nicht, dass du die Zuneigung eines Geschöpfes verdient hast, für das du dich in Wirklichkeit einen feuchten Dreck interessierst! Was glaubst du, warum sie nur hundert Schritt von ihrem Baum fortkann … kaum weiter, als ein welkes Blatt im Herbstwind fliegt? Sie ist ein Teil der Esche …« Der Heinzelmann seufzte. »Aber wie soll ich dir etwas begreiflich machen, für das es in deiner Sprache nicht einmal Worte gibt! Sie ist … die

Weitere Kostenlose Bücher