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Nebenan: Roman

Nebenan: Roman

Titel: Nebenan: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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hinterfragen.«
    »Natürlich«, murmelte der Wachmann eingeschüchtert.
    »Der Fahrer hat keine äußerlichen Verletzungen erlitten«, erklärte der Sekretär und kletterte aus dem Autowrack. »Er scheint nicht getrunken zu haben. Merkwürdige Sache …« Der Pater sah sich suchend um. »Seltsam, dass noch keine Polizei und kein Notarztwagen hier sind.«
    »Die Polizei wurde noch nicht benachrichtigt«, erklärte der Kirchenfürst so gelassen, als segne er gerade einen reuigen Sünder. Nöhrgel musste grinsen. Er mochte den Kardinal. Das war endlich mal ein Langer, der sich auf den rechten Führungsstil verstand. Der Heinzelmann hätte ohne zu zögern seinen Bart darauf verwettet, dass der Kardinal ebenfalls ein großer Fan von Coppolas Paten-Verfilmung war.
    »Dies ist eine Kirchenangelegenheit! Zumindest zunächst noch.«
    »Aber der Mann braucht vielleicht ärztliche Hilfe«, protestierte der Sekretär.
    »Die wollen wir ihm nicht lange vorenthalten.« Der Kardinal wandte sich an einen der Domwächter. »Meyer, holen Sie doch bitte einmal eine von den Flaschen, mit denen ein gewisser Geistlicher – den wir alle gut kennen – gelegentlich seinen Messwein aufpeppt. Und Sie, Pater Anselmus, sehen jetzt einmal gut zu! Sie werden Zeuge sein, wie eine neue Legende entsteht.«
    »Eine Legende?« Der Sekretär kniete inzwischen wieder in der offenen Wagentür und fühlte den Puls des Fahrers. »Ich fürchte, ich verstehe nicht, Eminenz.« Kaum verhohlene Empörung schwang in seiner Stimme.
    »Legenden sind das Salz in der Suppe der Religion, mein Lieber. Ohne Legenden wäre unser ganzer Verein schon vor Jahrhunderten erledigt gewesen! Wir sind den Gläubigen ein bisschen Show schuldig. Was meinen Sie, warum es den ganzen Heiligenkult gibt? Unsere Schäfchen wollen das Wirken Gottes auf Erden erleben. Wunder! Verstehen Sie! Aber lassen wir das!« Er wandte sich wieder zu den Wächtern. »Der Domschatz wird aus dem Kofferraum entfernt. Ich wünsche, dass man ihn morgen Nacht in einem kleinen Säckchen hier vor dem Hauptportal deponiert und er dann im Morgengrauen offiziell gefunden wird.«
    »Ja, aber … Was machen wir mit dem Fahrer des Wagens? Er hat den ganzen Kofferraum voller Hightechausrüstung. Ich sehe förmlich vor mir, wie er sich wie eine Spinne am Faden in die Schatzkammer hinabgelassen hat.«
    Der Kardinal verdrehte die Augen zum Himmel. »Das erledigt Meyer. Wir geben dem Kerl ein paar Schluck Schnaps, solange er noch nicht ganz beieinander ist. Den Rest davon verschütten wir im Wagen. Dann rufen wir die Ordnungshüter. Für sie wird er nicht mehr sein als ein Besoffener, der im Vollrausch das Domportal gerammt hat.«
    »Sie wollen den Dieb einfach so ungeschoren davonkommen lassen, Eure Eminenz? Ich meine, immerhin ist er der echte Domräuber und Gott hat ihn uns in die Hände gegeben. Ist das nicht auch eine wunderbare Geschichte?«
    »Ich sprach von der Fassung für die Polizei, mein lieber Anselmus. Haben Sie Ihr Handy dabei?«
    »Selbstverständlich, Eure Eminenz!« Der Sekretär griff unter seine Soutane.
    »Dann wählen Sie jetzt bitte die 0333.«
    Nöhrgel machte sich eine kurze Notiz auf einer Pommestüte. Von einer solchen Vorwahl hatte der Heinzelmann noch nie gehört.
    Anselmus gehorchte und reichte seinem Dienstherren das Handy. »Und nun?«
    »Sagt Ihnen das Kürzel IOE etwas?«
    »Das Istituto per le Opere Esteriori?« Die Stimme des Sekretärs war zu einem Flüstern geworden.
    »Genau. Die Nummer gehört zu einer Sonderabteilung des Amtes für Auswärtige Angelegenheiten des Vatikans, eine Zweigstelle des Staatssekretariats. Wir beide wissen natürlich auch, dass das Istituto zwei Jahrhunderte lang der vollstreckende Arm der Inquisition war. Heute koordiniert es die Aktivitäten des päpstlichen Geheimdienstes.« Der Kardinal ergänzte die Telefonnummer und Nöhrgel versuchte verzweifelt, die Kamera zu schwenken, um zu sehen, welche Zahlen der Kirchenfürst eingab. Diese Telefonnummer war Gold wert!
    »Gleich werden wir mit einer Unterabteilung des IOE verbunden werden. Computerspezialisten. Wussten Sie, dass der Vatikan eine der ersten international operierenden Institutionen war, die sich das Internet zunutze gemacht hat? Ah …« Der Kardinal wandte sich ab.
    Nöhrgel fluchte. Zu gerne hätte er mitgehört, was der Kirchenfürst mit dem IOE zu besprechen hatte. Das Gespräch dauerte weniger als eine Minute. »Diese jungen Jesuiten!« Der Kardinal schüttelte den Kopf. »Sie haben einen

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