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Nebenan: Roman

Nebenan: Roman

Titel: Nebenan: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Fahrzeug begann zu beschleunigen und brauste geradewegs auf den in grünlich weißes Licht getauchten Dom zu.
    »Personenvergleich beendet«, flüsterte Sharon Stones Stimme.
    Nöhrgel blickte zu den Bildschirmen auf der Armlehne. Auf dem mittleren Monitor war ein Foto Cagliostros zu sehen, die beiden anderen zeigten zwei alte Kupferstiche mit Porträts des Grafen.
    »So also siehst du heute aus«, murmelte der Älteste gedankenverloren. »Für einen Menschen hast du dich in den letzten zweihundert Jahren verdammt gut gehalten. Man könnte sogar …«
    Ein ohrenbetäubender Knall ließ Nöhrgels Versteck hoch über dem alten Zeughaus erbeben. Die überlasteten Lautsprecher schalteten sich ab und überließen den Ältesten dem schrillen Fiepen in seinen Ohren, das sich nicht auf Knopfdruck ausblenden ließ.
    Auf drei der sechzehn Überwachungsmonitore war deutlich der Mini zu sehen. Der Wagen war geradewegs gegen das Hauptportal des Doms gefahren. Seine Kühlerhaube hatte sich auf ein Drittel ihrer ursprünglichen Länge zusammengefaltet. Für einen flüchtigen Augenblick konnte Nöhrgel eine flammende Faust mit vorgestrecktem Mittelfinger auf dem bronzenen Tor aufleuchten sehen. Das Domportal hatte den Zusammenstoß mit dem Kleinwagen offensichtlich völlig unbeschadet überstanden.
    Der Heinzelmann rieb sich die schmerzenden Ohren. »Richtmikrofon unter Kamera acht aktivieren«, befahl er knapp und wurde prompt mit zweistimmigem Stöhnen belohnt. Leises Zischen kündete von Airbags, die langsam wieder in sich zusammensanken.
    Die Frau vom Wallraffplatz kam angerannt und riss die Beifahrertür auf. »War es das wert?«, schrie sie aufgebracht.
    Unter Mühen kletterte Cagliostro aus dem Wagen. »Ich hatte gehofft, wir würden vielleicht auf diese Weise in den verdammten Dom kommen. Aber dafür hätte dieser Mistkerl wohl eine größere von diesen pferdelosen Kutschen fahren müssen.«
    »Autos! Diese Dinger heißen Autos!« Die Frau griff dem taumelnden Grafen unter die Arme, um ihn zu stützen. Irgendwo zwischen den Wasserspeiern der Kathedrale verborgen begann eine Sirene zu schrillen.
    »Was machen wir mit Roger?«, fragte die Frau.
    »Ihn den Pfaffen überlassen!«, entgegnete Cagliostro. »Wenn sich in den letzten zweihundert Jahren nicht einiges geändert hat, steht ihm noch eine verdammt unangenehme Nacht bevor. Glaub mir, ich weiß, wovon ich spreche!« Der Graf deutete mit einer ruckartigen Bewegung auf den Wagen und murmelte etwas Unverständliches, woraufhin wie von Geisterhand der Kofferraum aufklappte.
    »Lass diese Spielereien! Wir müssen von hier weg!« Die Frau zog den hinkenden Grafen in Richtung der Seitentreppe, die vom Domplateau hinab zu einem kleinen Feuerzeugladen führte.
    Nöhrgel hatte genug gesehen. Er kletterte auf die Armlehne der Fahrertür seines Verstecks und begann aus Leibeskräften an der Fensterkurbel zu drehen. Als die Scheibe endlich in der Wagentür versunken war, beugte er sich hinaus. »Schnapper!«
    Die große Möwe auf dem Sims des Flachdachs zog den Kopf unter dem linken Flügel hervor und blinzelte missmutig. »Was?«, krächzte sie in einem Tonfall, der bei zarter besaiteten Heinzelmännern vermutlich zu spontanen Herzrhythmusstörungen geführt hätte.
    »Folge den beiden Langen , die gerade von der Domplatte flüchten. Ein Kilo bester Alaskalachs, wenn du mir morgen sagen kannst, wo sich die zwei verstecken.«
    Die Möwe wirkte schlagartig hellwach. »Gemacht!« Ohne weitere Fragen zu stellen ließ sich Schnapper vom Sims fallen, stürzte in halsbrecherischem Tempo dem Asphalt der Straße entgegen und breitete erst im letzten Moment seine mächtigen grauweißen Schwingen aus, um mit einem heiseren Schrei in der Nacht zu verschwinden.
    Nöhrgel kurbelte das Wagenfenster hoch, rieb fröstelnd seine Hände aneinander und ließ sich wieder vor den Überwachungsmonitoren nieder. Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis sich das Wachpersonal des Doms beim Autowrack vor dem Kirchenportal eingefunden hatte. Keine fünf Minuten später waren auch der Kardinal und sein Sekretär zugegen.
    Einer der Wachmänner führte den Kirchenfürsten zum Kofferraum des Minis. »Sehen Sie nur, Eminenz! Er hat alle verschwundenen Objekte aus der Schatzkammer dabei! Ich begreife nicht, warum er noch einmal hierher zurückgekommen ist.«
    »Gottes Wege sind unergründlich, mein Sohn!« Lächelnd blickte der Kardinal zum Nachthimmel. »Und es steht uns nicht zu, den Ratschluss des Herren zu

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