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Nebenan: Roman

Nebenan: Roman

Titel: Nebenan: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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des Drachen konnte sie die glühende Lohe flackern sehen. Mit einem Ruck riss sie den Rucksack wieder hoch und schleuderte ihn dem Ungeheuer entgegen. Im Reflex schnappte der Drache danach und schluckte ihn herunter. Verblüfft verdrehte er die Augen. Dann schoss kochender Wasserdampf aus seinen Nüstern und sein Leib begann sich zu blähen.
    Gabriela trat stolpernd ein paar Schritte zurück. Immer weiter schwoll der Leib des Ungeheuers an. Der Drache stieß einen zischenden Laut aus. Dann gab es einen Knall. Heißer Dampf schlug der Tänzerin entgegen. Ein Schlag traf ihr Bein und sie stürzte. Einige Herzschläge lang war sie benommen. Der Dampf hatte sie geblendet. Sie fühlte sich sehr müde.
    Lichtpunkte tanzten Gabriela vor den Augen, trotzdem konnte sie erkennen, dass der Drache verschwunden war. Sie lächelte matt. Wer hätte gedacht, dass die langweiligen Physikstunden längst vergangener Schultage ihr einmal das Leben retten würden. Einen Drachen zu töten, indem man eine »Kesselexplosion« herbeiführte, war zwar nicht sonderlich ritterlich, doch dafür umso effektiver. Sie hatte gesiegt und der Fährmann hatte sich geirrt. Sobald sie einen Weg über den Rhein gefunden hätte, würde sie zu ihren Freunden zurückkehren und sich als Drachentöterin feiern lassen.
    Mit dem wohligen Gefühl des Erfolgs überkam sie eine angenehme Schläfrigkeit. Selbst die Kälte erschien ihr nun nicht mehr so schneidend wie zuvor. Sie musste nur aus dem Wasser heraus. Vielleicht konnte sie ein kleines Feuer machen und … Ihr rechtes Bein knickte kraftlos zur Seite, als sie versuchte sich aufzurichten. Aus ihrem Oberschenkel ragte ein armlanger Knochensplitter. Blut spritzte pulsierend aus der Wunde. Noch im Tod hatte der Drache auch sie besiegt.
    In Panik schnallte sie den Gürtel ab, den sie um die Taille trug, und versuchte die Blutung zum Stillstand zu bringen. Doch ihre Kräfte reichten nicht aus, um die improvisierte Aderpresse stramm genug zu ziehen.
    Mit jedem Herzschlag ließen ihre Kräfte nach und die Versuchung wurde größer, sich einfach zurückzulehnen. Allein in dem eisigen Bachbett aufrecht zu sitzen kostete sie schon ungeheure Willenskraft.
    Sie lachte. Einen Drachen mit einem Sack voller Wasser zu töten, um dann durch eine Drachenrippe getötet zu werden, das war eine Farce! Immerhin hatte sie ihren Freunden Vorsprung verschafft. Es war nicht vergebens gewesen …
    Immer schneller tanzten die grellen Lichtpunkte vor ihren Augen. Und dann kam ein schwarzer Punkt dazu, der schnell größer wurde. Er schien ihr entgegenzufliegen. Das war das Ende. Erschöpft ließ sie sich zurücksinken. Das eisige Wasser spürte sie nicht einmal mehr.
    *
    »Nichts als Ärger hat man mit euch«, schimpfte Mozzabella und scheuchte eine Ziege zur Seite. »Abgesehen von den traditionellen Angriffen zu Samhaim sind wir mit den Dunklen gut ausgekommen. Und jetzt …« Sie warf Wallerich und Birgel einen finstren Blick zu. »Kaum lümmeln zwei Heinzelmänner am anderen Flussufer herum, haben wir einen ausgewachsenen Krieg am Hals!«
    »Wir haben aber …«, setzte Wallerich an, doch die Älteste schnitt ihm mit einer barschen Geste das Wort ab.
    »Ich will gar nicht wissen, was ihr drüben angestellt habt! Vor ein paar Stunden hat es eine gewaltige Erschütterung des magischen Gleichgewichts in unserer Welt gegeben. So etwas ist noch nie geschehen, solange ich lebe! Und nun passiert es ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, als ihr beiden Tunichtgute, die ihr für Magie nichts übrig habt, euch drüben herumgetrieben habt. Versucht nicht zu behaupten, dass das ein Zufall ist! Ihr verschwindet jetzt und ich und meine Freundinnen werden dafür sorgen, dass hier alles wieder in Ordnung kommt.«
    »Du solltest mich wirklich anhören«, versuchte es Wallerich erneut. Seit sie vor einer halben Stunde von Alben gejagt die Tore der Colonia erreicht hatten, hatte Mozzabella sie nicht einen Augenblick zu Wort kommen lassen, sondern war mit ihnen auf direktem Wege zu den Ziegenställen geeilt, hinter denen das Tor in die andere Welt lag.
    »Eine Kameradin von uns ist zurückgeblieben«, sagte Rolf leise. »Könntest du vielleicht in Erfahrung bringen …«
    »Schöne Helden seid ihr! Eine Frau zurückzulassen! Ich werde sie schon auftreiben. Aber es sollte mich nicht wundern, wenn sie mit euch nichts mehr zu tun haben will! Männer! Es ist doch immer das Gleiche mit euch, egal wie groß ihr seid!« Inzwischen hatten sie die hinterste der Höhlen

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