Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nebenan: Roman

Nebenan: Roman

Titel: Nebenan: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
Vom Netzwerk:
Wackelkontakt, deshalb sind die Scheinwerfer vorübergehend ausgefallen.«
    »Ich beglückwünsche Sie zu Ihrem Scharfsinn, Frau Wachtmeisterin. Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich jetzt gerne weiterfahren.« Der Erlkönig griff nach dem Schalthebel und kämpfte mit dem Rückwärtsgang. Mit aufheulendem Motor schoss der Wagen zurück, polterte ein Stück über den Bürgersteig und rammte fast eine Laterne. Den Vorwärtsgang einzulegen war leichter. Als er an den Polizisten vorbeifuhr, schlug der Dicke gerade ein Kreuz. Maria zog ihre Waffe und schoss dann doch nicht.
    Die kreisenden blauen Lichter verschwanden hinter dem Erlkönig in der Dunkelheit. Sein Kreuzzug hatte gut begonnen. Nichts und niemand würde ihn aufhalten. Er sah auf die Uhr neben dem Tacho. 22.00. In spätestens drei Stunden wäre er in Bilbis!
    »Hier oben sind ein Typ mit Perücke und ’ne Rothaarige. Kein Wolf zu sehen«, krächzte Schnapper in das kleine Mikro, das unter seinem Schnabel baumelte.
    »Verstanden! Bleib auf deinem Posten! Du bist unsere Augen, bis die Jungs oben sind.« Wallerich drehte sich um und begutachtete noch einmal seine Spezialeinheit . Um ihn herum hatte sich ein halbes Dutzend Trolle in einem platt getrampelten Rosenbeet versammelt. Keiner von ihnen war unter drei Meter groß und ihre kantigen Gesichter strahlten eine Selbstsicherheit aus, die im Wesentlichen auf der Überzeugung beruhte, dass nichts außer einem anderen Troll oder dem Sonnenaufgang ihnen ernsthaft gefährlich werden konnte.
    Ihre Haut war dunkelgrau und ähnelte geöltem Schiefer. In ihren Augenhöhlen flackerte ein rotes Glühen, das an halb erstarrte Lava erinnerte, es sei denn, sie trugen wie Rölps, ihr Anführer, eine riesige, goldgefasste Sonnenbrille. Wallerich wusste nicht sehr viel über die Trolle Nordnorwegens und er hatte sich auch in der halben Stunde seit ihrem Eintreffen nicht bemüht, seinen Horizont in puncto Trollkunde zu erweitern. Im Gegenteil. Er wäre froh gewesen, wenn die sechs hünenhaften Schläger gleich wieder durch das Portal unter der Universität verschwunden wären! Nach allem, was er gehört hatte, lebten diese Ungeheuer zwischen den Gletschern und Geysiren unzugänglicher Hochtäler und bestanden aus lebendig gewordenem Fels . Jedenfalls solange sie nicht direktem Sonnenlicht ausgesetzt waren. Geschah dies doch einmal, verwandelten sie sich augenblicklich in toten Fels .
    Nöhrgel hatte Trolle für den Einsatz gegen Cagliostro ausgewählt, weil sie berühmt dafür waren, den IQ eines Granitbrockens zu haben. Je dümmer jemand war, desto schwieriger war es, ihn aufzuhalten, wenn er einmal einen eindeutigen Befehl bekommen hatte. Das galt auch für Beherrschungszauber. Bis die Trolle merken würden, dass Cagliostro in ihren Hirnen herummanipulierte, waren sie längst wieder in ihrem Tal in Nordnorwegen. So gesehen waren sie die ideale Truppe für diesen Einsatz. Nur eines beunruhigte Wallerich. Normalerweise standen Trolle eher auf Seiten der Dunklen . Wahrscheinlich hatte Nöhrgel auch ihnen ein Angebot gemacht, das sie einfach nicht ablehnen konnten.
    »Wir fertig, Chef«, erklärte Rölps, dessen Stimme selbst im Flüsterton noch an eine donnernde Gerölllawine erinnerte.
    »Ihr wartet bitte auf den Einsatzbefehl«, erwiderte Wallerich höflich, aber bestimmt. Es war besser, sich gegenüber Trollen nicht im Ton zu vergreifen. Sie konnten sehr empfindlich sein.
    »Kammerjäger an Zentrale. Hallo, Zentrale?«
    »Hier Zentrale«, hallte Nöhrgels Stimme aus dem Funkgerät. »Was gibt’s?«
    »Wir sind bereit. Wie sieht es mit den Langen aus?«
    »In den letzten zwei Stunden sind 183 falsche Einsatzbefehle an die Polizeiwachen gegangen. Dort herrscht heilloses Chaos. Ihr braucht euch also keine Sorgen machen, dass die Bullen kommen.«
    »Danke, Zentrale. Dann fangen wir jetzt an.«
    Wallerich reichte das Funkgerät an Birgel weiter und ging zu dem riesigen Ghettoblaster, der vor den Überbleibseln des Rosenbeets stand.
    »Bist du sicher, dass das notwendig ist«, fragte Birgel leise. »Ich meine …«
    Wallerich drehte den Lautstärkeregler bis in den roten Bereich. »Wir ziehen diese Sache hier mit Stil durch. Außerdem werden die Nachbarn bei der Musik denken, dass hier ’ne Fete läuft, und uns vorerst in Ruhe lassen. Bleib du am Funkgerät und halte Kontakt zu Schnapper. Rölps?«
    »Chef?« Der Troll schlug militärisch die Hacken zusammen, was ein Geräusch verursachte, das an aufeinander prallende

Weitere Kostenlose Bücher