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Nebenan: Roman

Nebenan: Roman

Titel: Nebenan: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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der Pistole gegen die Wange. »Ich gehe vor! Sicherst du uns den Rücken?«
    Kowalski nickte. Er war ein höflicher Mensch und die Devise Ladies first war einer der festen Anker seiner geschliffenen Umgangsformen.
    Seine Kollegin trat die Tür auf, stürmte in den Hausflur und sicherte mit nervös vorgestreckter Waffe den Hausflur. Dann winkte sie Kowalski, ihr zu folgen. Der Lärm im oberen Teil des Hauses hatte sich verändert. Es war jetzt ein gleichmäßiges Stampfen, so als würde eine Elefantenherde über Parkett trotten.
    Maria deutete auf die Treppe, die vom Hausflur aus nach oben führte. Kowalski nickte knapp. Den Rücken eng gegen die Wand gepresst, machte sich seine Kollegin auf den Weg hinauf.
    Oben war es plötzlich still geworden. Maria wartete auf dem Treppenabsatz. Sie zielte mit ihrer Waffe in Richtung einer eingetretenen Tür. »Wie gehen wir weiter vor?«, flüsterte sie. In ihrer Stimme schwang eine jugendliche Begeisterung, die Kowalski schon lange hinter sich gelassen hatte.
    »Wir geben ihnen eine Chance, sich zu ergeben.« Er räusperte sich leise und wünschte, es wäre jemand anderer hier, dem er den autoritären Teil überlassen könnte.
    »Achtung, hier spricht die Polizei! Das Haus ist umstellt! Kommen Sie mit erhobenen Händen heraus und halten Sie sich von den Fenstern fern. Unsere Scharfschützen sind heute Nacht ein wenig nervös!«
    Maria grinste breit. »Klasse! Die Scheißer da drin machen sich bestimmt in die Hosen.«
    Kowalski war sich da nicht so sicher. Er wollte Maria gerade ein Zeichen geben, die Wohnung zu stürmen, als drinnen schwere Schritte ertönten. Sehr schwere Schritte. Der Wachtmeister spürte die Dielenbretter unter seinen Füßen vibrieren. Hätte er nur die Klappe gehalten! Was auch immer in der Wohnung war, jetzt kam es tatsächlich heraus.
    Maria leuchtete mit ihrer Stablampe in den dunklen Flur. Nichts war zu sehen. Und noch immer kamen die schweren Schritte näher. Die Dielen knirschten, als wären sie kurz davor, zu zerbrechen. Die eingetretene Tür rutschte zur Seite, segelte ein Stück durch die Luft und schlug krachend gegen ein Bücherregal. Maria verlor die Nerven. Mit einem Satz stand sie breitbeinig mitten in der Tür und begann das Magazin ihrer Dienstwaffe leer zu schießen.
    Kowalski konnte nicht sehen, worauf seine Kollegin feuerte. Unsicher hob er die Waffe. Etwas riss Maria von den Beinen, als würde sie hochgehoben. Aber da war nichts! Ihre Waffe flog in hohem Bogen die Treppe hinunter. Die Polizistin schlug um sich und ihre Fäuste schienen auch etwas zu treffen … Kowalski wurde zu Boden geschleudert. Der Schlag vor die Brust hatte ihn völlig unerwartet getroffen. Seine Waffe entglitt ihm, er bekam keine Luft mehr und wurde von unsichtbaren Händen hochgerissen. Hechelnd rang er um Atem. Seine Brust schmerzte. Grelle Lichtpunkte tanzten ihm vor den Augen. Etwas glitt durch sein Haar. Ein Ruck … Es war geschehen. Vor ihm schwebte sein Toupet im Flur. Ein tiefes Geräusch, fast wie ein Lachen, füllte das Treppenhaus.
    Kowalski versuchte sich dem – was auch immer es sein mochte – zu entwinden, was ihn festhielt, doch alle Bemühungen waren vergeblich! Wenigstens bekam er wieder Luft. Das Atmen schmerzte. Er segelte gut anderthalb Meter über den Treppenstufen Richtung Erdgeschoss. Der Polizist hatte das Gefühl, dass etwas sehr Großes ihn unter den Arm geklemmt hatte, was natürlich absurd war, da nichts zu sehen war. Mit einiger Anstrengung schaffte er es, den Kopf so weit zu drehen, dass er Maria sehen konnte. Sie rang mit ihrem unsichtbaren Gegner, trommelte mit den Fäusten auf etwas ein und schien dieses Nichts sogar zu beißen!
    »Chef!« Eine Stimme, die Assoziationen an aufeinander schlagende Felsblöcke weckte, hallte durch den leeren Flur. »Hier ist Mann mit falsches Haar und sein Weibchen. Hund ist leider aus Fenster gesprungen.«
    Kowalski sah, wie sein Toupet durch die Luft wedelte, und versuchte vergeblich es zu schnappen.
    »Seeehr gut, Rölps«, lobte eine viel leisere Stimme. »Das sind zwar nicht der Mann und die Frau, die ich haben wollte, aber ihr habt euren Auftrag erfüllt, wie ich es erwartet habe. Man sieht, auf Trolle ist Verlass!«
    Der Hauptwachtmeister sah sich beklommen um. Noch zwei Geisterstimmen? Was war nur mit der Welt geschehen, seit er heute Abend seinen Dienst angetreten hatte? Er versuchte einen Blick auf Maria zu erhaschen, die immer noch nicht aufgegeben hatte, gegen ihren unsichtbaren

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