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Nebenan: Roman

Nebenan: Roman

Titel: Nebenan: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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Entführer anzukämpfen. Trolle! So etwas gab es doch nur im Herrn der Ringe und anderen Fantasyromanen. Das alles konnte nur ein besonders lebhafter Traum sein! Hoffentlich wurde er bald wach!
    »Was tun mit Mann und Weibchen?«
    »Setzt sie auf den Boden, aber vorsichtig. Sie sind nicht so robust wie Trolle.«
    Kowalski landete etwas unsanft auf seinem Hintern, fischte sein Toupet von den Dielen und versuchte es einigermaßen auf seiner Halbglatze zu platzieren. Maria war, kaum dass man sie absetzte, wieder auf den Beinen und nahm eine Karate-Verteidigungsstellung ein.
    »Es tut mir sehr Leid, dass Sie durch meine Mitarbeiter in Unannehmlichkeiten geraten sind«, fuhr die freundliche, leise Stimme fort. »Ich hoffe, Sie haben keinen Schaden genommen, und ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie die Angelegenheit nicht auf den Dienstweg bringen würden. Im Übrigen wäre es entgegenkommend, wenn Sie noch einen Moment hier im Flur bleiben würden, während wir uns nun zurückziehen. Ich danke für Ihr Verständnis.« Schwere Schritte entfernten sich in Richtung der Hintertür am anderen Ende des Flurs.
    Lange sahen die beiden den dunklen Flur entlang. Schließlich war Maria es, die als Erste etwas sagte. »Was sollen wir tun?«
    »Was sie uns gesagt haben«, entgegnete Kowalski ohne auch nur einen Augenblick zu zögern. »Ich werde mich lieber mit unseren Vorgesetzten wegen eines Einsatzberichtes voller Unstimmigkeiten herumstreiten als darüber nachdenken, was ein Trupp unsichtbarer Trolle anstellen wird, wenn sie sauer auf uns sind.«
    Dass er hier saß, war eigentlich nur das Ergebnis eines Experimentes, das ein überraschendes Ende genommen hatte, dachte Frank wie in jeder der unzähligen langweiligen Nachtschichten. Ursprünglich war es ihm bei seiner Bewerbung nur darum gegangen, festzustellen, wie sehr die Sicherheitsbehörden des Staates mit den Machtzentralen der Energiegroßproduzenten vernetzt waren. Er wollte wissen, ob er während seiner Studienzeit bei den diversen Demonstrationen, an denen er teilgenommen hatte, fotografiert worden war und ob es geheime schwarze Listen gab, die den Energiebehörden zur Verfügung gestellt wurden. Seinem damaligen, verschwörungsorientierten Lebensbild folgend war er fest davon ausgegangen, dass er abgelehnt werden musste. Erst viel später hatte er sich eingestanden, dass auch seine Ausbildung im Grunde keine Einstellung erlaubt hätte. Aber mit solchen Kleinigkeiten hielt man sich nicht auf, wenn man mitten in einem ideologisch und moralisch wohl begründeten Kreuzzug war. Doch dann war etwas geschehen, was sein Weltbild nachhaltig erschüttert hatte. Der Erzfeind, das umwelt- und menschenverachtende Energiekonsortium, hatte ihn, Frank Schütte, eingestellt. Und sie hatten ihm ein Gehalt angeboten, zu dem man nicht einmal als moralisch gefestigter Kreuzzügler Nein sagen konnte.
    Frank hatte angenommen, war den Verlockungen des Establishments erlegen, auch wenn er vor seinem Gewissen und seinen Freunden stets beteuerte, es sei am besten, einen übermächtigen Feind zu unterwandern und seine Strukturen von innen heraus zu zerstören.
    Zerstört hatte er nichts in den letzten zehn Jahren. Im Gegenteil, er hatte sich ein Eigenheim gebaut und eine Hypothek am Hals, die ihn auch in den nächsten zwanzig Jahren noch an diesen Job fesseln würde. Aber es gab Schlimmeres. Zum Beispiel pleite zu sein und auch mit achtundzwanzig immer noch in einer WG zu wohnen wie Gabriela, die stets ihren Idealen treu geblieben war. Eine Ewigkeit schien vergangen, seit er sie das letzte Mal gesehen hatte. Es war auf einer Demo in Norddeutschland gewesen. Sie war ihm aufgefallen, weil sie zu elegant wirkte, um wie all die anderen ein Wochenende auf schlammigen Äckern zu verbringen. Es war nicht schwer gewesen, sie zu überreden in seiner Ente zu übernachten. Für mehr hatten weder seine romantische Ader noch seine Überredungskunst gereicht. Nach diesem Wochenende war er hoffnungslos verliebt gewesen und sie war noch gelegentlich bei ihm vorbeigekommen, um über Politik zu reden und bei ihm zu übernachten. Natürlich ohne dass irgendetwas gewesen wäre. Als er seinen Job hier in Bilbis angenommen hatte, sahen sie sich nicht mehr. Zwei Briefe und eine Postkarte hatte sie ihm geschrieben. Dann verstummte sie. Und dennoch beschäftigte sie seine Phantasie während der langen Nachtwachen mehr als seine Ehefrau, die Hypothek oder sein langweiliger Job.
    Frank ließ den Bürostuhl vom großen

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