Nebenan: Roman
stellte, um noch einen letzten Blick auf die Postbotin zu erhaschen. Was ihn anging, so hatte er durchaus Verständnis für Nöhrgels Vorlieben. Der dickliche Heinzelmann hütete sich jedoch, dies gegenüber Wallerich offen auszusprechen. Auf dem Bildschirm erschien nun eine Textseite.
Hallo, Wallerich.
Ich habe einen ganzen Stapel E-Mails von dir bekommen, konnte sie aber nicht alle lesen. Ich hoffe, dass du vor dem Rechner sitzt. Es gibt ein paar Neuigkeiten. Ich werde gleich versuchen auf andere Art mit dir Verbindung aufzunehmen.
Gruß,
Nöhrgel
Die beiden Heinzelmänner sahen sich verblüfft an.
»Was hat er vor«, fragte Birgel leise. Unsicher blickte er sich um. Es würde ihn gar nicht wundern, wenn der Älteste gleich hinter ihnen zur Tür hereinkäme. Ihm war Nöhrgel immer ein bisschen unheimlich gewesen. Es war ja nichts Besonderes, dass sich Heinzelmänner mit Technik beschäftigten, aber er trieb es wirklich weit. Zu dem blubbernden Geräusch im Hintergrund gesellte sich ein beunruhigendes Fauchen.
Das Telefon neben dem Computer klingelte, oder besser gesagt, es summte in schiefer Tonlage das Hauptthema aus irgendeiner bekannten Sinfonie der Langen , deren Namen Birgel nicht mehr einfiel. Bevor die Tonfolge wiederholt wurde, hatte Wallerich abgehoben und auf die Konferenztaste gedrückt.
»Hallo, mein Freund«, ertönte die Stimme des Ältesten blechern aus dem Lautsprecher des Telefons. Im Hintergrund klangen leise Musik und Geräusche, als säße Nöhrgel in einem Nachtclub. »Oh, du hast sogar Besuch.«
Die Kamera auf dem Computermonitor bewegte sich wie ein träger Reptilienkopf und verharrte. »Willkommen, Birgel. Wie ich sehe, gewöhnt ihr beide euch daran, als ein Team zu arbeiten.«
»Wo steckst du?«, fragte Wallerich unverblümt.
»Kann ich euch leider nicht sagen. Versucht nicht, meine Leitung zurückzuverfolgen, sonst unterbricht sich der Kontakt automatisch. Ich habe auch ein paar Filter eingeschaltet, um die Hintergrundgeräusche zu verändern. Ansonsten, danke der Nachfrage, es geht mir gut.«
Birgel grinste. Offenbar war der Älteste in Hochform.
»Du weißt, was vor dem Dom passiert ist?«, fragte Wallerich.
»Ich war sogar Augenzeuge«, tönte es aus dem Lautsprecher. »Der erste Übergriff der Dunklen .« Nöhrgel lachte. »Ist nicht ganz so gelaufen, wie sie es sich vorgestellt haben. Ich denke, vorläufig ist das Elfenbein noch sicher im Dom.«
»Du bist also in der Nähe des Doms?«
Wieder lachte der Älteste. »Lassen wir doch diese Spielchen, Wallerich. Im Übrigen sehe ich euch ja auch, ohne in eurer Nähe zu sein.«
Birgel blickte unsicher über seine Schulter. Ihn würde es nicht wundern, wenn sich Nöhrgel in einem der Entlüftungsschächte im Herzen der Uni versteckte und niemals wirklich in Verbannung gegangen war.
»Übrigens, wenn ihr kurz nach meiner Espressomaschine sehen würdet? Ich habe über Funkbefehl zwei Tassen frischen Espresso für euch kochen lassen. Wir haben ein ernstes Gespräch zu führen. Birgel, wärst du bitte so gut?«
Der Heinzelmann gehorchte und sogar Wallerich hatte keine Einwände. Wahrscheinlich kam wieder eines von Don Nöhrgliones berühmten Angeboten auf sie zu.
»Ihr dürft euch nicht weigern, wenn Laller euch morgen befiehlt mit den Langen nach Nebenan zu gehen.«
»Davon weißt du auch schon!«, mischte sich Birgel in das Gespräch ein. »Das grenzt ja an Zauberei, Chef!«
»Nein, das ist zu viel der Ehre. Es ist ganz einfach so, dass russische Abhörtechnologie bedeutend besser ist als ihr Ruf. Laller hat als echter Snob ein Satellitentelefon, und wenn man sich ein bisschen mit den Orbitalpositionen verschiedener Satelliten auskennt, höhere Mathematik auch zu praktischem Nutzen zu verwenden weiß …«
»Und die Kennnummer von Lallers Telefon hat«, unterbrach Wallerich gereizt den Monolog des Ältesten. »Was plant dieser durchtriebene Rechtsverdreher? Warum müssen wir nach Nebenan ?«
»Oh, er hat einen für seine Verhältnisse wirklich kühnen Einfall gehabt. Aber du kannst dich beruhigen. Du und Birgel, ihr werdet im Grunde nur als Beobachter dabei sein. Richtig gefährlich wird es nur für die Ui Talchiu. In deren Haut möchte ich nicht stecken. Ich hoffe, sie kommen nicht auf die Idee, morgen Widerstand zu leisten. Laller hat Rölps und seine Schläger engagiert und er ist fest entschlossen sie auch einzusetzen.«
»Und was sollen wir dabei?«, beharrte Wallerich.
»Na ja, die Ui Talchiu werden sich sozusagen
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