Nebenan: Roman
umgeschnallt zu haben. »Scheiße!«
»Was sollen wir jetzt machen?« Panik lag in Marias Stimme.
»Hallo, Wagen zwölf? Bitte um Einsatzbestätigung«, hallte es blechern aus dem Funkgerät.
Kowalski tastete nach seinem Toupet. Es nach der letzten Begegnung mit unsichtbaren Riesen wieder in Form bringen zu lassen hatte ihn mehr als hundert Mark gekostet. »Soll sich doch ein anderer den Arsch aufreißen lassen«, stieß er gepresst hervor.
»Wagen zwölf? Wagen zwölf, bitte kommen!«
»Hallo, hier …« Der Hauptwachtmeister zerknüllte die Brötchentüte vor dem Funkgerät.
»Wagen zwölf? Ich empfange Ihren Funkspruch nur sehr undeutlich. Bitte bestätigen Sie den Einsatzbefehl.«
»Haben …«, Kowalski bearbeitete erneut das Papierknäuel, »… Sie nur sehr undeutlich. Wir fahren! Können sie bitte … wiederholen!«
»Zum Teufel, Kowalski, man versteht euch ja kaum! Ich schicke einen anderen Wagen. Ihr solltet das Funkgerät in eurer Schrottmühle überprüfen lassen, wenn ihr von eurer Tour zurück seid.«
Maria wendete den Streifenwagen mitten auf der Straße. »Gute Arbeit, Chef.«
Der Hauptwachtmeister starrte missmutig auf das zerquetschte Brötchen in der Tüte. »Fahr zu McDonald’s in der Sülzburgstraße. Ich glaube, ich brauche jetzt eine Stärkung.«
12
»Warum ausgerechnet hier?« Cagliostro betrachtete amüsiert den Neubau mit dem Leuchtschild Das Bordell . Gelbe Neonlampen brannten über den Fenstern und waren in seinen Augen der Tod jeglicher erotischer Phantasien. Auf der anderen Straßenseite lag das Pascha , ein Hochhaus, das in verschiedenen Blautönen gestrichen war und von pinkfarbenen Leuchtstoffröhren illuminiert wurde. Er schielte zu der zweiflügeligen Glastür. Ein älterer Mann mit einem Dackel kam vorbei. Eine merkwürdige Gegend war das hier!
»Los, komm schon rein!« Mariana stand im Eingang der kleinen Pommesbude. Sie hatte den Kragen hochgeschlagen, um sich gegen den eisigen Regen zu schützen.
Der Graf warf einen letzten Blick auf das Pascha . Zu seiner Zeit hatte er viele Etablissements dieser Art gesehen, aber keines, das so groß war wie dieses. Er fragte sich, ob die Bordelle von innen heutzutage wohl anders aussahen. Gerne hätte er einen Blick hinter die Glastüren geworfen, aber Mariana würde wahrscheinlich kein Verständnis für seine Neugier haben. Schließlich folgte er ihr in die Pommesbude.
Die Druidin stand am Tresen und besprach etwas mit einer älteren Frau in einem rosa Putzkittel. Die Inhaberin der Pommesbude hatte falsche rote Haare. Sie taxierte Cagliostro kurz mit einem abschätzenden Blick und reichte Mariana dann zwei Dosen über die Theke.
»Könnten wir Gläser haben, wenn es keine Umstände macht?«, fragte der Graf höflich.
Die falsche Rothaarige stülpte wortlos zwei Plastikbecher auf die Dosen.
Mariana gab ihm ein Zeichen, sich an einen der Stehtische zu stellen, dann flüsterte sie etwas der Bedienung zu. Die beiden Frauen grinsten. Cagliostro fühlte sich nicht wohl. Am liebsten wäre er sofort gegangen. Er sah zu der Uhr über den Toilettentüren. Es war Viertel nach acht.
Die Druidin kam zum Tisch hinüber und stellte die Dosen ab.
»Dein Wunderknabe kommt zu spät«, murrte Cagliostro.
»Er wird schon noch auftauchen.«
»Ich wüsste zu gerne, wie man auf die Idee kommen kann, sich an diesem Ort zu einer geschäftlichen Besprechung zu treffen. Sollen wir ihn hier vielleicht auf eine Portion frittierte Kartoffelstäbchen einladen und ihm ein köstliches Getränk aus einer Blechdose anbieten? Wer immer er auch sein mag, Stil hat er nicht!«
Ein Mann mit schulterlangem, blondem Haar kam herein. Er trug dunkle Kleider und hatte einen Schnauzbart wie ein ungarischer Husarenoffizier. Seine Kleidung war reichlich abgetragen.
Cagliostro blickte fragend zu Mariana.
»Nein!« Die Druidin schüttete sich dunkle, sprudelnde Flüssigkeit in ihren Becher. »Magst du spielen?« Sie deutete zu den leuchtenden Kästen, die neben den Klotüren hingen.
»Spielen?«, fragte der Graf irritiert.
Mariana seufzte gequält. »Das sind Spielautomaten.
Wenn man eine Münze hineinwirft und eine Reihe gleicher Symbole auf den sich drehenden Scheiben erscheinen, kann man ein Vielfaches vom Einsatz gewinnen.«
»Spielautomaten?« Cagliostro kostete das Wort auf der Zunge, als habe er von verdorbener Speise gegessen. »Ich habe einmal gegen einen Schachautomaten gespielt. Welchen Spaß macht ein Spiel, wenn man kein Gegenüber hat, das man
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