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Nebenan: Roman

Nebenan: Roman

Titel: Nebenan: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Hennen
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die goldgelbe Kruste und füllte dann die Moselweinsauce in eine Sauciere um.
    Gabriela kam zurück und brachte statt Fabelwesen einen ziemlich übernächtigt aussehenden, dunkelhaarigen Mann um die dreißig mit. »Darf ich vorstellen: ein alter Freund. Frank Schütte, der Mann, der das Atomenergiekartell von innen heraus bekämpft. Er ist ein hohes Tier in Bilbis und eingefleischter Atomkraftgegner. Ich kenne niemand anderen, der so viele Widersprüche in sich vereint wie Frank.«
    Der Gast winkte verlegen ab. »Gabriela übertreibt wie üblich. Ich hoffe, ich störe nicht. Es war nur … Ich bin den ganzen Tag in Düsseldorf aufgehalten worden … Ich meine, ich dachte mir …«
    »Oh, Sie sind gerne eingeladen, das heißt, wenn Sie riskieren möchten Hühnchen à la Almat zu probieren«, feixte Rolf. »Wie Sie sehen, kommen Sie gerade richtig zu einem experimentellen Abendessen. Und Sie haben Glück. Von Exzessen wie Hering in Erdbeersahnesauce werden wir heute Abend wohl verschont bleiben.«
    Das Abendessen verlief in angespannter Heiterkeit. Zum Dessert ließ Rolf dann ein paar Joints herumgehen, was die Stimmung lockerte.
    Dennoch traute Martin Doktor Schütte nicht über den Weg. Mit dem Kerl stimmte etwas nicht. Er redete kaum und sah immer wieder gehetzt zu den Fenstern und Türen. Er zog zwar zweimal an den Joints, doch hielt er sich auffällig zurück. Hin und wieder machte er Andeutungen, dass in seinem Job in letzter Zeit einiges nicht so gut lief. Konkreten Fragen wich er aber aus. Auch was ihn in Düsseldorf aufgehalten hatte, wollte er nicht sagen.
    Nach dem Essen trugen sie gemeinsam den Tisch ab. Es war schon nach elf. Langsam begann Martin sich zu entspannen. Der Unglückstag war fast vorüber! Er wollte Almat dessen geliebte Sauciere zur Spüle rüberreichen, als plötzlich der Griff abbrach. Die Sauciere fiel zu Boden und zersplitterte in tausend Scherben.
    »Im Griff befand sich ein kleiner Lufteinschluss, von dem ausgehend sich bereits ein Haarriss bildete. Dennoch war die Chance, dass diese Schüssel ausgerechnet jetzt kaputtgehen würde, schlechter als eins zu zehntausend«, erklang eine Stimme aus dem Nichts.
    Schütte warf sich zu Boden, robbte unter den Küchentisch und wimmerte etwas, das sich wie Nicht schon wieder Eichen anhörte.
    Almat starrte mit weit offenem Mund auf die Scherben, während Gabriela die Küchentür schloss und nach einem Brotmesser griff. Rolf sah sich nach der Stimme um. Nur Till blieb ganz still sitzen, so als überrasche ihn das Ganze nicht.
    »Laller?«, fragte Martin mit belegter Stimme.
    Wie zur Antwort stürzte der Geschirrschrank von der Wand und eine wahre Flut von Tellern und Tassen ergoss sich über das Spülbecken und den Fußboden. Martin machte erschrocken einen Satz in Richtung Küchentisch.
    »Auch wenn eure Wände hier nicht im allerbesten Zustand sind, war die Chance, dass sich zwei der Dübel, an denen dieser Schrank aufgehängt war, gleichzeitig lösen, schlechter als eins zu fünfhunderttausend. Wie ihr seht, sind wir gut darin, Chancen zu manipulieren.« Eine leere Kaffeedose polterte aus dem Regal neben der Tür und ein Heinzelmann wurde sichtbar. Es war Laller. Er sprang vom obersten Regalbrett auf den Küchentisch und lehnte sich dort mit provozierender Gelassenheit an eine halb volle Teetasse. »Zu meinem Repertoire gehören auch Wasserrohrbruch, Stromschläge, und wer weiß, vielleicht liegt in eurem Garten ja auch noch eine Fliegerbombe aus dem letzten Krieg. Doch genug gescherzt! Es ist Zeit für den Aufbruch!«
    »Glaubt ihr mir jetzt?«, fragte Martin nicht ohne Genugtuung. »Es gibt sie!«
    Gabriela war mit einem Satz beim Tisch, und noch ehe Laller reagieren konnte, hatte sie ihn beim Bart gepackt. »Du halbe Portion willst mir drohen?« Sie deutete in Richtung Küchenmixer. »Wenn ich mit dir fertig bin, passt du ohne Probleme durch den Abfluss vom Spülbecken.«
    Zwei weitere Dosen polterten aus dem Regal und noch zwei Heinzelmänner tauchten auf. Der eine war recht korpulent und hielt einen Hähnchenknochen in der Linken. Der andere trug eine rote Schiebermütze. Letzterer verbeugte sich mit großer Geste. »Nach eurem Drogenkonsum in der letzten halben Stunde gehe ich davon aus, dass mich alle sehen können.« Er blickte kurz in die Runde und fuhr dann, ohne auf eine Antwort zu warten, fort: »Es ist zwar nicht meine Art, hübschen Frauen reinzureden, aber ich möchte dir dringend von unüberlegten Schritten abraten. Nicht dass

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