Nebenweit (German Edition)
einer unter uns, der uns davon überzeugen will, künftig die ganze Kraft auf jene anderen Welten jenseits unseres Horizonts zu richten, unsere Jungen dazu auszubilden, in jene Welten zu gehen, dort zu lernen, das Wissen jener Welten zu uns zu tragen und danach zu streben, einstmals wie jene Anderen zu werden.
Alu Burex ist einer jener Auserwählten, die mit einem Lidschlag in jene Welten gehen können. Viele Sonnenläufe hat er dort verbracht, hat die Sprache der Anderen gelernt und kennt ihr Wesen, sodass er unentdeckt unter ihnen leben kann. Ihr wisst, Alu Burex hat dort eine Schule geleitet, in der unsere Kinder, so sie die Fähigkeit zum ›Rutsch‹ besitzen, das Leben jener Anderen studieren und auf die Weise lernen, in ihrer Mitte zu leben. Er will, dass immer mehr von uns es ihm und seinen Schülern gleichtun, Auserwählte werden, und er meint, eines Tages könnten das alle Angehörigen unseres Volkes erlernen.
Und dann, so sagt er, wird hier das Paradies herrschen, so wie vor hundert Stäben unter den Ahnen, ehe die Götter das Große Feuer zu uns geschickt haben. Er wird euch das selbst sagen und euch auffordern, ihm zuzustimmen, auf dass die ganze Kraft des Volkes diesem Ziel gewidmet werde. Alu Burex hat viel für das Volk getan und hat es verdient, dass ihr ihm zuhört und seinen Vorschläge prüft.
Ihr wisst aber, dass es unter den Weisen Männern und Frauen auch viele gibt, die seine Meinung für falsch halten und glauben, es könne nicht Wille der Götter sein, unser Leben von dem abzukehren, was wir seit so vielen Generationen tun, wenngleich das weiterhin Mühe und Plage bedeutet. Aus diesem Grund wird nach Alu Burex der weise Alu Potax zu euch sprechen und euch sagen, warum er will, dass wir die Verbindung zu jenen Anderen Welten beenden, weil sie für das Volk von Übel ist.
Wenn ihr jene beiden Weisen Männer angehört habt, wollen wir alle darüber beraten, was für das Volk der beste Weg ist, so wie die Väter unserer Väter es vor fünfzig Stäben getan haben, als sie sich entschieden, das Land im Norden zu verlassen. Und was wir hier entscheiden, werden die Weisen mit den Weisen der anderen Dörfer besprechen und dann für uns alle entscheiden. Mögen die Götter ihnen Weisheit und Weitblick schenken.«
No Satix hob seinen Stab, hielt ihn mit beiden Händen ausgestreckt vor seiner Brust und beugte sein Haupt. »Und jetzt bitte ich Alu Burex, dass er vortrete. Er soll euch sagen, wie nach seiner Meinung der Rat der Weisen über den Weg entscheiden soll, den das Volk künftig gehen soll.«
Er verneigte sich erneut, kehrte an die Tafel zurück und wartete stehend, bis Burex aufgestanden und an den vorderen Rand des Podiums getreten war.
Burex wartete, bis das Murmeln im Saal verstummt war, und hob dann die rechte Hand. Er war um die dreißig Sonnenläufe alt, ein Mann auf dem Höhepunkt seines Lebens, schlank, blond, von der Sonne gebräunt, bartlos und mit den fein geschnittenen Zügen und der hohen Stirn eines Denkers. Er trug ein Hemd aus gesponnenem Flachs und dazu statt des üblichen Lederkilts ein Beinkleid, wie man es in der Anderwelt trug.
»Ich danke dir, No Satix, dass du mir die Gelegenheit gibst, den Männern und Frauen unseres Volkes meine Gedanken darzulegen. Und euch im Saal danke ich, dass ihr gekommen seid, um mich anzuhören. Mögen die Götter mir die Weisheit geben, euch klug zu beraten, und euch die Einsicht, aus meinen Worten den richtigen Pfad für die Zukunft des Volkes zu finden.
No Satix spricht die Wahrheit, wenn er sagt, dass ich so lange unter den Anderen gelebt habe, dass ich nicht nur ihre Sprache, sondern auch ihr Wesen kenne, und ich möchte hinzufügen, dass ich wie einer der ihren unter ihnen leben kann, ohne als Fremder erkannt zu werden. Seit ich kein Knabe mehr bin, seit ich die Weihe des Erwachsenen erlangt habe, habe ich dort mehr Sonnenläufe als in eurer Mitte verbracht und mir deren Sprache so vollkommen angeeignet, dass ich sie schreiben und in ihr denken kann, ja dass ich sie selbst in meinen Träumen gebrauche. Ich lebe deren Leben, genieße alle Vorzüge einer Welt, die die Götter nicht mit dem Großen Feuer bestraft haben, und muss mich hüten, bei all dem Wohlleben nicht die Tugenden unserer Welt zu vergessen.
Ich sage dies hier in aller Offenheit, weil mir bewusst ist, dass so mancher unter euch meint, jenes Leben habe mich weich gemacht, habe bewirkt, dass ich vergessen habe, was diese unsere Welt braucht, woran es ihr mangelt und
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