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Nebenweit (German Edition)

Nebenweit (German Edition)

Titel: Nebenweit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz Zwack
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hatte zu Protokoll gegeben, er sei bei einem Spaziergang im Wald plötzlich auf freiem Feld mit etwas kollidiert und habe dabei die Besinnung verloren. Ein Bluterguss im Stirnbereich bestätigt diese Behauptung, allerdings wies seine Stirnpartie keinerlei Anzeichen darauf auf, womit der Mann kollidiert war. In die psychiatrische Abteilung war er eingewiesen worden, weil er hartnäckig behauptete, Bürger der Vereinigten Staaten von Amerika zu sein, eines Staates, der seit beinahe einhundertfünfzig Jahren nicht mehr existiert. Der Mann führte einen im Jahre 2010 vom Außenministerium der Vereinigten Staaten ausgestellten Reisepass auf den Namen Frederic Mortimer bei sich, in dem als sein Wohnsitz St. Louis im Bundesstaat Missouri der Vereinigten Staaten von Amerika angegeben ist. Nachforschungen bei den Behörden in den Konföderierten Staaten von Amerika ergaben, dass dort eine männliche Person gleichen Namens, auf die seine Beschreibung passt, bei den Wahlbehörden gemeldet ist und in einem Altenheim lebt. Seit gestern ist dieser Mann aus der geschlossenen Abteilung des Krankenhauses spurlos verschwunden, ebenso seine sämtlichen Habseligkeiten, die in der Verwaltung des Krankenhauses verwahrt waren. Der Mann ist einen Meter achtzig groß, dunkelhaarig und spricht nur gebrochen Deutsch. Sachdienliche Hinweise …«
    Ich ließ die Hand sinken und sah Carol an. »Dem ist es wie mir ergangen – bloß dass es ihn etwas stärker erwischt hat. Und dass er verschwunden ist, dahinter stecken mit Sicherheit Duponts Leute. Ich wette, mir wäre es genauso ergangen, wenn ich nicht Sicherheitsvorkehrungen getroffen hätte. Ich hole noch heute meine Kamera aus dem Schuppen und installiere sie hier im Haus!«
    »Du meinst, der Mann stammt aus deiner Welt und man hat ihn entführt?«
    »Jede Wette!«
    »Aber, einmal angenommen, du hast recht, ich meine dafür spricht der Reisepass natürlich, wieso sollten Duponts Leute ihn entführen?«
    »Um ihn mundtot zu machen. Die können kein Interesse daran haben, dass ihre Geschichte hier publik wird. Die sind daran interessiert, nicht entdeckt zu werden. Die wollen im Trüben fischen, sich unsere Technik und unsere Medizin aneignen. Was ja an und für sich nicht schlimm wäre, auch wenn sie nichts dafür bezahlen. Das juckt ja uns nicht. Dass sie nicht an die Öffentlichkeit treten können, ist auch klar, das gäbe einen gewaltigen Aufstand. Und sobald sich einmal die Politik auf das Thema gestürzt hätte, wäre für eine Weile Schluss mit deren Schmarotzertum!«
    Ich spürte, wie ich anfing, mich aufzuregen. Und da war noch eine andere Regung … der Journalist in mir erwachte, meine Neugier meldete sich zu Wort. »Ich muss da hin, muss sehen, ob ich mehr erfahren kann. Weißt du, wo das Kreiskrankenhaus in Rosenheim ist?«
    Das wusste Carol nicht, und so musste ich das ›Weltnetz‹ in Anspruch nehmen, wo ich es bei SUUCH in Kürze ausfindig machte. Ich notierte mir die Adresse, um sie später in mein Navi einzugeben. Das Fernsehen brabbelte im Hintergrund weiter, aber die sonstigen Lokalnachrichten interessierten mich nicht. Ich stürzte hastig die zweite Tasse Kaffee hinunter und erklärte Carol, dass ich mir das unbedingt selbst ansehen müsse.
    ***
     
    An der Rezeption wollte man mich zunächst unter Hinweis auf die Vertraulichkeit von Patienteninformationen abwimmeln, aber mein Presseausweis (auch wenn dieser in einer anderen Wahrscheinlichkeitsebene von der hier gar nicht existenten ›Süddeutschen Zeitung‹ ausgestellt war) machte Eindruck, und man brachte mich in ein kleines Wartezimmer. Ich brauchte nicht lange zu warten, bis eine junge Frau im Arztkittel erschien und sich als Dr. Siglinde Weber vorstellte.
    »Ich höre, Sie interessieren sich für unseren Mr. Mortimer«, begann sie das Gespräch, nachdem auch ich mich unter leichter Abwandlung der Wahrheit als Journalist zu erkennen gegeben hatte. »Wirklich ein höchst seltsamer Fall. Der Mann wurde von einer Polizeistreife eingeliefert, die ihn ziellos und etwas benommen auf der Landstraße umhertorkelnd aufgegriffen hatte. Er sprach kaum Deutsch und behauptete, Frederic Mortimer zu heißen und sich als Tourist hier in der Gegend aufzuhalten. Die Pension, die er uns angab, hatte noch nie von ihm gehört und hatte auch keine Unterlagen über eine Buchung bei sich. Er wurde dann recht ungehalten und fing an zu schimpfen. Wir haben ihm schließlich eine Beruhigungsspritze verabreicht, womit er auch einverstanden

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