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Nebenwirkungen

Nebenwirkungen

Titel: Nebenwirkungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woody Allen
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wunderbare Erfindung. Ich habe sie mir letztes Jahr für ein Treffen der ausgedacht, aber das Engagement ist geplatzt. Steigen Sie in den Schrank." "Wieso denn? Damit Sie ihn mit lauter Schwertern oder sonstwas durchbohren können?" "Sehen Sie irgendwelche Schwerter?" Kugelmass zog ein Gesicht und kletterte grunzend in das Schränkchen. Wohl oder übel nahm er Notiz von ein paar häßlichen falschen Steinen, die genau vor seiner Nase auf das rohe Sperrholz geklebt waren. "Wenn das ein Witz sein soll", sagte er. "Jaja, ein Witz. Also hier ist der springende Punkt. Wenn ich irgendeinen Roman zu Ihnen in den Schrank werfe, die Tür zumache und dreimal draufklopfe, finden Sie sich in das betreffende Buch versetzt."
    Kugelmass verzog ungläubig das Gesicht. "Das ist das Ding des Jahrhunderts", sagte Persky. "Meine Hand drauf. Und nicht bloß ein Roman. Eine Kurzgeschichte, ein Drama, ein Gedicht. Sie können alle Frauen kennenlernen, die die besten Schriftsteller der Welt geschaffen haben. Ganz gleich, von welcher Sie geträumt haben. Sie können mit ’ner richtigen Bestsellertante alles machen, was Sie wollen.
    Und wenn Sie dann genug haben, stoßen Sie einen Schrei aus, und ich sehe Sie im Bruchteil einer Sekunde wieder hier." "Persky, sind Sie aus einer Anstalt entwichen?" "Ich sage Ihnen, es ist ’ne absolut ehrliche Sache." Kugelmass war immer noch skeptisch. "Was erzählen Sie mir hier - daß diese lumpige selbstgezimmerte Kiste mich auf eine Reise schicken kann, wie Sie sie mir schildern?" "Für zwanzig Eier." Kugelmass griff nach seiner Brieftasche. "Ich glaub das erst, wenn ich’s sehe", sagte er. Persky steckte die Geldscheine in seine Hosentasche und drehte sich zu seinem Bücherschrank um. "Also, wen wollen Sie kennenlernen? Schwester Carry ? Hester Prynne? Ophelia? Vielleicht irgendeine von Saul Bellow? He, wie war’s mit Temple Drake? Aber für einen Mann Ihres Alters wäre sie vielleicht ’ne zu große Schinderei."
    "Eine Französin. Ich möchte ’ne Geschichte mit ’ner französischen Geliebten haben." "Nana?" "Ich will doch nicht dafür bezahlen." "Wie wäre es mit Natascha aus Krieg und Frieden ?" "Ich sagte Französin. Ich weiß was! Wie wäre es mit Emma Bovary? Die wäre vielleicht genau die Richtige."
    "Ausgezeichnet, Kugelmass. Rufen Sie mich, wenn Sie genug haben." Persky pfefferte eine Taschenbuchausgabe von Flauberts Roman in die Kiste. "Sind Sie sicher, daß das ungefährlich ist?" fragte Kugelmass, als Persky die Türen des Schränkchens schließen wollte. "Ungefährlich? Gibt’s was Ungefährliches auf dieser verrückten Welt?" Persky klopfte dreimal auf den Schrank und riß die Türen auf.
    Kugelmass war weg. Im gleichen Augenblick tauchte er im Schlafzimmer in Charles und Emma Bovarys Haus in Yonville auf. Vor ihm stand eine schöne Frau mit dem Rücken zu ihm und legte Wäsche. Ich kann’s nicht glauben, dachte Kugelmass und starrte auf des Landarzts hinreißende Frau. Das ist ja unheimlich. Ich bin hier. Es ist sie. 
    Emma drehte sich überrascht um. "Goodness, you Startled me - du meine Güte, Sie haben mich aber erschreckt", sagte sie. "Who are you - Wer sind Sie denn ?" Sie sprach das gleiche feine Englisch wie das der Übersetzung der Taschenbuchausgabe.
    Das ist einfach überwältigend, dachte er. Als er schließlich dahinterkam, daß er es war, den sie angeredet hatte, sagte er: "Entschuldigung. Ich bin Sidney Kugelmass. Ich bin vom City College. Professor der klassischen Philologie. C. C. N. Y. Beste Gegend. Ich - o Jungejunge!"
    Emma Bovary lächelte kokett und sagte: "Hätten Sie gern etwas zu trinken? Vielleicht ein Gläschen Wein?"
    Sie ist schön, dachte Kugelmass. Was für ein Unterschied zu dieser Neandertalerin, mit der er sein Bett teilte! Er verspürte plötzlich den Drang, diese Vision in die Arme zu nehmen und ihr zu sagen, daß er von einer Frau wie ihr schon sein ganzes Leben lang träume.
    "Ja, etwas Wein", sagte er heiser. "Weißen. Nein, roten. Nein, weißen. Ja, bitte weißen."
    "Charles ist den ganzen Tag fort", sagte Emma, und ihre Stimme war voll mutwilligen Hintersinns.
    Nach dem Wein machten sie sich zu einem kleinen Spaziergang über das liebliche französische Land auf. "Immer habe ich davon geträumt, es erschiene irgendein geheimnisvoller Fremdling und entrisse mich der Monotonie dieses unkultivierten Landlebens", sagte Emma, die seine Hand umklammert hielt. Sie gingen an einer kleinen Kirche vorüber. "Mir gefällt, was Sie

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