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Nebenwirkungen

Nebenwirkungen

Titel: Nebenwirkungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Woody Allen
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anhaben", murmelte sie. "Ich habe hier in der Gegend noch nie so etwas gesehen. Es ist so ... so modern."
    "Es nennt sich Freizeitanzug", sagte er romantisch. "Er war heruntergesetzt." Plötzlich küßte er sie. Die nächste Stunde lagerten sie unter einem Baum, flüsterten miteinander und sagten sich ungeheuer bedeutungsvolle Dinge mit den Augen. Dann setzte Kugelmass sich auf. Ihm war gerade eingefallen, daß er mit Daphne bei Bloomingdale’s verabredet war. "Ich muß gehen", sagte er zu ihr, "aber sei unbesorgt, ich komme wieder."
    "Das hoffe ich", sagte Emma.
    Er umarmte sie leidenschaftlich, dann gingen sie zum Haus zurück. Er hielt Emmas Gesicht in seinen Händen, küßte sie noch mal und schrie: "Okay, Persky! Um halb vier muß ich bei Bloomingdale’s sein!"
    Es machte hörbar Peng, und Kugelmass war wieder in Brooklyn.
    "Na, habe ich gelogen?" fragte Persky triumphierend.
    "Ach Persky, nun komm ich schon zu spät zur Lexington Avenue zur Verabredung mit meinem Klotz am Bein, aber wann kann ich wieder auf die Reise gehen? Morgen?"
    "Es soll mir ein Vergnügen sein. Bringen Sie bloß einen Zwanziger mit. Und sagen Sie kein Wort zu irgend jemandem. "
    "Klar. Rupert Murdoch werde ich anrufen."
    Kugelmass schnappte sich ein Taxi und raste in die Stadt. Sein Herz tanzte Spitze. Ich bin verliebt, dachte er, ich bin Besitzer eines wundervollen Geheimnisses. Was er nicht bemerkte, war, daß genau in diesem Augenblick Schüler in allen möglichen Klassenzimmern im ganzen Land zu ihren Lehrern sagten: "Wer ist denn bloß diese Figur auf Seite 100? Ein glatzköpfiger Jude küßt Madame Bovary?" Ein Lehrer in Sioux Falls in South Dakota seufzte und dachte, lieber Gott, diese Kinder mit ihrem Pot und LSD. Was geht nur in ihren Köpfen vor!
    Daphne Kugelmass war bei Bloomingdale’s in der Abteilung Badezimmer-Bedarf, als Kugelmass atemlos eintraf. "Wo bist du denn gewesen?" schnappte sie giftig. "Es ist halb fünf."
    "Ich bin im Verkehr aufgehalten worden", sagte Kugelmass.
    Kugelmass suchte Persky am nächsten Tag wieder auf und war schon in wenigen Minuten wieder auf magische Weise nach Yonville entschwunden. Emma konnte, als sie ihn sah, ihre Erregung nicht verbergen. Sie verbrachten Stunden miteinander, in denen sie lachten und sich gegenseitig ihre Geschichte erzählten. Ehe Kugelmass wieder ging, schliefen sie miteinander. "Mein Gott, ich treib’s mit Madame Bovary!" flüsterte Kugelmass im stillen. "Ich, der ich im ersten Semester Englisch durchgefallen bin."
    Im Laufe der Monate sah Kugelmass Persky viele Male und bekam zu Emma Bovary ein enges, leidenschaftliches Verhältnis. "Sorgen Sie dafür, daß ich immer vor Seite 120 in das Buch komme", sagte Kugelmass eines Tages zu dem Zauberer, "ich will ihr nur begegnen, bevor sie sich mit diesem Rodolphe einläßt."
    "Warum?" fragte Persky. "Können Sie ihn denn nicht ausstechen?"
    "Ausstechen? Er ist Landadliger. Diese Burschen haben nichts Besseres zu tun, als zu flirten und auf Pferden herumzureiten. Für mich ist er eins von diesen Gesichtern, die man in Women’s Wear Daily sehen kann. Mit dieser Helmut-Berger-Frisur. Aber für sie ist er ’ne heiße Nummer."
    "Und ihr Mann hat keinen Verdacht?"
    "Er weiß sich keinen Rat. Er ist ein farbloser kleiner Landarzt, der sein Schicksal mit einer total verrückten Nudel teilen muß. Um zehn ist er soweit, daß er schlafen geht, und da zieht sie sich gerade erst die Tanzschühchen an. Na schön ... bis später."
    Und wieder stieg Kugelmass in das Schränkchen und begab sich im Nu zum Anwesen der Bovarys in Yonville. "Wie geht’s dir, Zuckertörtchen?" sagte er zu Emma.
    "Oh, Kugelmass", seufzte Emma. "Was muß ich erdulden! Gestern abend beim Essen fiel der Herr Göttergatte mitten beim Nachtisch in Tiefschlaf. Ich schütte mir gerade das Herz aus über Maxim’s und das Ballett, da höre ich aus heiterem Himmel Schnarchen."
    "Es ist okay, Liebling. Ich bin ja jetzt da", sagte Kugelmass und umarmte sie. Ich habe das verdient, dachte er, als er Emmas französisches Parfüm roch und seine Nase in ihrem Haar vergrub. Ich habe genug gelitten. Ich habe genug Analytiker bezahlt. Ich habe gesucht bis zum Umfallen. Sie ist jung und hitzig, und ich bin hier ein paar Seiten hinter Leon und gerade vor Rodolphe. Dadurch, daß ich in den richtigen Kapiteln aufgekreuzt bin, habe ich die Situation genau in der Hand.
    Emma war allerdings genauso glücklich wie Kugelmass. Es hatte sie nach Aufregungen gedürstet, und seine

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