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Nebra

Nebra

Titel: Nebra Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Thiemeyer
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hatten. »Tun Sie einfach so, als wäre ich nicht da.«
    »Wie könnte ich.« Fu Cheng musterte ihn lächelnd. »Haben Sie denn keine Kamera dabei?« »Wie bitte?«
    »Eine Kamera. Sie wollen doch sicher ein paar Fotos machen.«
    »Leider nein«, sprang Hannah für ihn ein. »Es wird ein reiner Textbeitrag.« Sie signalisierte Fu Cheng mit einem bedeutsamen Augenaufschlag, dass es jetzt besser wäre, mit der Fragerei aufzuhören.
    Endlich fiel bei der Asiatin der Groschen. Von einer auf die andere Sekunde änderte sich ihr Verhalten. »Ach so, nur ein Textbeitrag«, sagte sie und zwinkerte Hannah zu. »Na dann will ich euch bei euren Recherchen mal nicht im Weg stehen.« Ein Lächeln umspielte ihren Mund. »Fühlt euch ganz wie zu Hause.«
    Als Michael und Hannah sich anschickten weiterzugehen, kam Fu Cheng noch einmal zu ihnen herüber, nahm die Archäologin beim Arm und zog sie zu sich. Offenbar wollte sie ihr etwas Vertrauliches sagen. Michael tat so, als würde er nicht lauschen, und sah sich einige der Reproduktionen auf einem Ausstellungstisch an.
    »Bartels macht mir Sorgen«, hörte er Fu Cheng flüstern. »Es wird jeden Tag schlimmer. Gestern ist er erst um elf gekommen, letzte Woche Donnerstag überhaupt nicht. Er wird immer unzuverlässiger. Ich kann den Laden hier allein nicht schmeißen. Irgendwann werde ich Feldmann von seinen Alkoholproblemen erzählen müssen.«
    »Lass mich das machen«, flüsterte Hannah. »Ich habe bei ihm momentan sowieso einen schlechten Stand. Kann sein, dass ich nicht mehr lange bei euch bin. Und wenn ich schon gehen muss, dann fällt es auch nicht mehr ins Gewicht, wenn ich als Kollegenschwein gelte.«
    »Dann sind die Gerüchte also wahr?«, sagte Fu Cheng.
    »Ich fürchte, ja.«
    »Das tut mir so leid. Und er? Was hat er damit zu tun?« Michael spitzte die Ohren. Obwohl er den beiden den Rücken zuwandte, war ihm klar, dass gerade über ihn geredet wurde. Er griff nach einer Speerspitze und betrachtete sie, wobei er sich bemühte, völlig unbeteiligt zu wirken. »Gar nichts«, hörte er Hannah flüstern. »Ist nur jemand, den ich kürzlich kennengelernt habe.«
    »Der ist niedlich. Ich wünsche dir viel Glück mit ihm«, hörte er Fu Cheng noch flüstern. »Halt mich auf dem Laufenden, okay?« Dann verabschiedeten sich die beiden, und Hannah kehrte wieder zu ihm zurück.
    »Ah. Du siehst dir unsere Schaustücke an«, bemerkte sie mit gespielt beiläufigem Tonfall, der aber nicht darüber hinwegtäuschen konnte, dass sie leicht gerötete Wangen hatte. »Die sind fabelhaft«, sagte er und legte die Speerspitze beiseite. »Wenn ich nicht wüsste, dass es Duplikate sind, hätte ich sie für echt gehalten.«
    »Wir haben eine riesige Menge Anfragen bezüglich originalgetreuer Reproduktionen, musst du wissen. Museen auf der ganzen Welt melden sich bei uns und wollen Exemplare. Manche sind aber auch zum Verkauf in unserem Shop gedacht. Das Geschäft läuft ganz gut«, ergänzte sie, während sie ihn an den Arbeitstischen vorbeiführte. Als sie am Ende angelangt waren, verabschiedeten sie sich und verließen den Raum. »Und wo ist die Scheibe?«, wollte Michael wissen. »Ich dachte, sie wäre hier in der Werkstatt.«
    Hannah lächelte verschwörerisch und legte ihren Finger auf die Lippen. »Nur Geduld. Du glaubst doch nicht im Ernst, dass wir so ein wertvolles Stück dort aufbewahren. Es gibt einen Bereich, der wesentlich besser gesichert ist. Tief unter dem Museum. Dort sind die wahren Schätze.« »Darfst du mich denn dorthin mitnehmen?«
    »Als mein Assistent hast du dir das Recht auf einen kleinen Rundgang erworben«, sagte sie mit einem Augenzwinkern. »Aber lass dir bloß nicht einfallen, hier etwas stehlen zu wollen. Du würdest es ohnehin nicht schaffen. Hier unten gibt es so viele Sicherheitsvorkehrungen, dass ich sie selbst nicht alle kenne.« Sie erreichten einen Aufzug und stiegen ein. Hannah drückte auf einen Knopf, die Tür schloss sich, und der Fahrstuhl - ein schlichter Metallkasten mit geriffeltem Boden -fuhr abwärts. Nach einer Weile wurde er langsamer, kam zum Stillstand, und die Türen öffneten sich. »Da wären wir«, sagte sie. »Das ist unser Hochsicherheitsbereich.« Sie signalisierte Michael, ihr zu folgen. »Hier werden unsere wertvollsten Fundstücke aufbewahrt«, sagte sie. »Unter anderem befinden sich hier auch Leihgaben von anderen Museen. Da drüben ist der Bereich, der sich ausschließlich mit Musikinstrumenten befasst. Trommeln, Harfen, Luren,

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