Nebular Sammelband XL 1 - Aufbruch der Menschheit (Episode 1-30 - "Die Große Erschütterung")
irgendwo zwischen den virtuellen Realitäten. Vasina, Arkroid und Lai Pi standen in einem groß angelegten Garten, der mit exotischen und schön anzusehenden Gewächsen bepflanzt war. Kleine Pfade durchschnitten die Pflanzungen und in unregelmäßigen Abständen waren Ruhebänke, Wasserfontänen und Teichanlagen zu erkennen. Eine gelbe Sonne stand im Zenit und spendete reichlich Licht und Wärme. Teile der Gartenanlage waren mit einem transparenten Dach überspannt, das sich in kühnen Bögen über mehrere hundert Meter erstreckte.
»Das war Rettung in letzter Sekunde«, hustete Arkroid. »Noch etwas länger und er hätte uns erwürgt.«
»Zumindest wissen wir jetzt ganz klar, woran wir sind«, flüsterte Lai Pi. »Der Techno-Zwilling ist der Betrüger und er würde morden, um seine Tarnung zu erhalten. Ist das etwa die Kosmische Moral, von der unser Freund immer sprach?«
Arkroid sah sich verwundert um. »Auf keinen Fall ist sie das. Was immer dies hier für ein Garten ist, die virtuelle Realität hat uns zunächst vor dem Zugriff des Techno-Zwillings gerettet. Vielleicht war dieser Vorgang gemeint, als 40028 von einem sicheren Ort sprach. Er muss geahnt haben, dass wir angegriffen werden.«
»Dieser Garten sagt mir gar nichts«, entgegnete Lai Pi ratlos. »Ich kenne diesen Ort nicht.«
»Aber ich«, antwortete Vasina gefasst. »Es ist der Schlossgarten des Regenbogenpalastes, der Herrschersitz meines Hauses auf Atlantika.«
Der Mariner sah sich nochmals vorsichtig um. »Der Techno-Zwilling konnte uns anscheinend nicht folgen.«
Lai Pi wischte sich über die feuchte Stirn. »Was bedeuten das alles? Vasina hat uns doch berichtet, dass dieser Palast bei der Invasion vollkommen zerstört wurde.«
»Das ist richtig«, antwortete die Progonautin mit Trauer in der Stimme. »Ich bin hier aufgewachsen. Dieser Garten und der Palast sind mein Zuhause. Ich sah mit eigenen Augen, wie er von den Angreifern zerstört wurde und konnte nur knapp mit meiner Leibgarde entkommen.«
»Vergessen wir nicht, dies alles ist nicht wirklich. Es kann nicht real sein. Vielleicht greift die Halle der Ewigkeit irgendwie auf im Unterbewusstsein gespeicherte Erinnerungen zurück, um diese virtuelle Realität aufzubauen«, spekulierte Arkroid.
»Nun, wir haben es selbst erlebt. Die ersten Erinnerungssequenzen machte jeder für sich allein durch. Erst später fand ich mich in einer Szene mit Vasina wieder und nun sind wir drei Bestandteil dieser Episode«, ergänzte Lai Pi.
»Sprechen sie bitte weiter«, forderte ihn Arkroid auf.
»Wir sind offenbar von dem Mechanismus, der all dies hier erzeugen kann, als zusammengehörig eingestuft worden und erleben jetzt Momentaufnahmen unserer Vergangenheit. Genauso gut könnten wir in der nächsten Sequenz irgendwo auf der Erde herauskommen oder vielleicht sogar mit etwas Übung beliebige Stationen unseres Lebens abrufen. Der Techno-Zwilling kann uns jedoch auf diese Realitätsebenen nicht folgen, vielleicht weil er nur eine Maschine ist.«
»Das ist eine interessante Theorie«, musste Arkroid anerkennen. »Doch wie werden diese Realitäten und Episoden ausgewählt? Ich glaube nicht, das wir diesen Ort bewusst gewählt haben, richtig Vasina?«
Die Progonautin schüttelte nur den Kopf. »Nein, ich habe dafür keine Erklärung.«
Vasina wurde auf einen Gegenstand aufmerksam, der an einem dornigen Busch hing. Sie zog ein Stück Stoff aus der Pflanze und hielt es mit der Hand hoch.
»Das ist ein Schal, den mir einst der Botschafter von Persia schenkte, handgewebt und hauchzart. Ich verlor den Schal bei der Fluch aus dem Palast, kurz vor Beginn der Invasion!«
Vasina starrte mit aufgerissenen Augen auf das zarte Gewebe und fuhr plötzlich herum.
»Der Tag des Untergangs! Es passiert heute!«
»Was soll das bedeuten«, fragte Arkroid mit vibrierender Stimme.
»Es geschieht jetzt gerade! Wir müssen diesen Ort sofort verlassen!«, antwortete Vasina mit schriller Stimme. »Der Palast wird bald getroffen!«
Die Sonne wurde plötzlich verdunkelt. Ein riesiger Körper schob sich vor das Gestirn und ein Schatten fiel über den Regenbogenpalast und den Garten. Es wurde merklich kühler.
»Ein Trägerschiff der Dunklen Bruderschaft!«, rief Vasina alarmierend und deutete nach oben.
Das feindliche Schiff war so groß, dass Arkroid es nicht in seiner Gesamtheit überblicken konnte. Schwere Erschütterungen und Explosionen ließen den Palast erbeben. Rauch stieg auf und verdunkelte das Tageslicht
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