Necroman
letztendlich uns allen widerfahren war, und ich war ebenso schlau wie mein Freund.
»Aufgelöst?« flüsterte ich.
»Ja.«
Ich nickte und hielt dabei mit einer Hand den Jungen fest. »Das bedeutet oder kann nur bedeuten, dass wir Necroman sicherlich noch einmal sehen werden.«
»Genau das befürchte ich auch, John…«
***
Etwa eine Stunde später.
Die Turnhalle hatten wir verlassen. Der Notarzt hatte Tony Kendall noch in der Halle versorgt. Dem besorgten Gesicht des Arztes hatten wir angesehen, dass die Chancen für den Jungen nicht besonders gut standen. »Da müssen nicht nur unsere Künste helfen, sondern auch Gott«, hatte er gesagt.
Suko und ich hatten Tim Baker mit nach Hause genommen. Er war noch immer fertig, bekam Weinkrämpfe, aber es ging ihm besser, als er seine Eltern in die Arme schließen konnte. Susan Baker war mittlerweile zurückgekehrt. Ihr Mann hatte sie eingeweiht, und wir sahen eine blasse, blonde Frau vor uns, die sich in ihrem eigenen Haus wie eine Fremde vorkam und sich auch so bewegte. Sie ging immer hin und her, sprach mit sich selbst und sah so aus, als wäre sie auf der Suche nach einem Sitzplatz.
Zwar gehörte ich nicht unbedingt zu den Tabletten-Fans. In diesem Fall allerdings hielt ich es für besser, dass Tim Baker zwei Tabletten bekam, die ihn etwas ruhiger werden ließen, denn Suko und ich wollten mit ihm noch einiges besprechen. Er musste uns Fragen beantworten, denn wir waren davon überzeugt, dass er mehr über Necroman wusste.
Tim lag auf der Couch des Wohnzimmers. Susan Baker hatte Kaffee gekocht. Die Brühe war heiß, schwarz und stark. Wir schlürften ihn, um uns nicht den Mund zu verbrennen.
Ich saß auf einem der höheren Esszimmerstühle neben der Couch und schaute in das blasse Gesicht des Jungen. Mein Lächeln sollte ihn aufheitern, aber ob es half, wusste ich nicht.
Tim hatte noch nicht gesprochen, und auch ich hatte mich zurückgehalten, um ihm zunächst einmal die Chance zu geben, sich einigermaßen zu erholen. Seine Blicke durchforsteten mein Gesicht, und ich konnte ihm ansehen, dass ihn allmählich die Erinnerung überkam.
Plötzlich fragte er mit Flüsterstimme: »Sie haben mich da rausgeholt?«
»Ja.«
Tim Baker lächelte, obwohl ihm nicht danach zumute war. Es war vielleicht nur ein Zucken der Gesichtsmuskeln. »Und Necroman ist verschwunden?«
»Zum Glück.«
»Aber war da…?«
»Ja…«
»Was ist mit Tony?«
»Er liegt im Krankenhaus.«
Angst legte sich in die Augen des Jungen. »Aber er ist nicht tot - oder?«
»Nein, Tim. Man kümmert sich um ihn. Er schafft es.«
Der Junge wirkte erleichtert. »Das ist gut. Ja, das ist gut. Necroman ist auch weg. So habe ich ihn in meinen Träumen gesehen, Mister.«
»Ich auch«, gab ich zu. »Wir haben beide gewissermaßen das gleiche erlebt. Und ich kenne auch Mr. Lambert.«
»Ja?«
Tims Eltern hielten sich in der Nähe auf. Ich bekam mit, dass sie etwas sagen wollten, aber meine Handbewegung stoppte sie. Ich wollte mit Tim allein sprechen und ihn auch nicht durch andere Fraugen von den wichtigen Dingen ablenken.
»Mr. Lambert hat dir die Puppen verkauft?«
»Sicher.«
»Und er hat dich nicht vor Necroman gewarnt?«
»Nein, Mister.«
»Du kannst ruhig John sagen.«
»Gut, John. Er hat mich nicht gewarnt. Er hat nur gesagt, dass er etwas Besonderes ist, was ich nicht merken würde. Aber ich habe das nicht richtig verstanden. Er wollte mir auch noch einen Kessel mitgeben. In ihm war Necromans Asche.«
»Oh, den kennen wir auch. Was hat Mr. Lambert denn zu dieser Asche gesagt? Hat er dir nicht erklärt, wo sie herkommt?«
»Doch, das schon. Er hat gesagt, dass es die Asche des echten Necroman ist. Es hat ihn mal gegeben, aber jemand muss ihn verbrannt haben. Das ist vor sehr langer Zeit geschehen. Dann hat ihn jemand als Puppe nachgemacht.«
»Das war aber nicht Mr. Lambert?«
»Nein, ein anderer Mann. Ich weiß aber nicht, wie er heißt. Er hat Mr. Lambert alles gegeben. Die Puppen und auch die Asche. Er muss ihm auch gesagt haben, dass Necromans Geist noch lebt, dass er immer auf der Suche ist, um wieder entstehen zu können. Als Wolke, als Geist, denn er kann keine Ruhe finden. Er soll mit seiner Sense das Tor zum Totenreich bewacht haben, und manchmal hat er seine Welt verlassen, um sich selbst die Menschen zu holen. Das war vor vielen, vielen Jahren. Noch bevor sie ihn in das Feuer lockten, wo er dann verging. Sie hätten die Asche verstreuen sollen, hat Mr. Lambert gesagt, aber sie
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