Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
Szgany Lidesci. Mehr noch, der Hunde-Lord wusste, dass Nestor versucht hatte, jenen unbekannten Rivalen zum Verstummen zu bringen, und dass dies um ein Haar in einer Katastrophe geendet hätte. Also bestätigten die Vermutungen Wrathas der Auferstandenen nur, was Canker bereits klar war – nämlich dass es in Nestors Vergangenheit in der Tat eine Frau gab, von der niemand etwas wusste.
Doch ... dies war alles äußerst verwirrend, außerdem tat Canker der Kopf weh ... und der Nachtwind peitschte sein Haar zurück und trieb ihm ein dünnes Rinnsal aus Blut in die Augen und ...
Was?
Er versuchte sich aufzurichten, konnte aber bis auf einen Arm keinen Körperteil rühren. Er hing, lose festgebunden, mit dem Oberkörper über dem Sattel, und seine Beine baumelten auf der anderen Seite herab. Tief unter sich erblickte er eine Szene wie aus der Hölle, ehe sie hinter Rauch- und Dunstschwaden in der Ferne verschwamm.
Grelle, gleißende, alles vernichtende Explosionen – lauter und tödlicher als alles, was die Szgany Lidesci bisher eingesetzt hatten –, deren Donner und Rauch der Nachtwind nach oben trug, dazu das Geheul verkrüppelter Kampfkreaturen und das ersterbende Wummern ihrer angeschlagenen Stoßdüsen. Wimmernde Flugrochen, die sich mit brennenden Schwingen vorwärts schleppten und in die Luft zu erheben versuchten, nur um hinab in die Flammen zu stürzen. Ein Krieger befand sich bereits in der Luft, als ihn mit einem schrillen Pfeifen eine Rakete erwischte und seine Gasblasen zerplatzten. Die verstümmelte Bestie trudelte zu Boden, wo ameisenhafte Gestalten mit Öl und Fackeln über sie herfielen und sie in einen lebenden Scheiterhaufen verwandelten. Ein durchdringendes, hohes Kreischen erklang, wie von Riesenheuschrecken, begleitet von gleißend hellen Lichtblitzen und den Todesschreien von Männern und Ungeheuern ... vor allem jedoch den Schreien von Knechten, Leutnanten, Fliegern und Kampfkreaturen.
Kurz, das reinste Chaos!
»Was?«, fragte Canker noch einmal verwundert, diesmal jedoch sprach er es laut aus.
Nestor Leichenscheu, der neben ihm flog, bekam mit, dass er wieder bei Bewusstsein war, und rief ihm zu: »Canker, dein linker Arm und deine linke Hand sind frei. Deinen linken Fuß habe ich mit einer Schlaufe festgebunden. Du musst nur hinunterlangen und an dem Seil ziehen, dann kommt dein Bein frei. Wie du zweifellos bemerkt hast, befinden wir uns mittlerweile auf dem Weg nach Hause.« Hasserfüllt fügte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hinzu: »... und dort können wir dann lange Gesichter machen, unsere Wunden lecken und uns den Kopf über unsere verdammten Verluste zerbrechen!«
So aufgebracht und erregt hatte Canker den Nekromanten schon seit drei Monaten nicht mehr erlebt. Allerdings dröhnte dem Hunde-Lord der Schädel, und er hatte mehr als genug mit sich selbst zu tun ...
*
Auf der linken Flanke, ein kurzes Stück hinter ihnen, sahen Wran und Spiro Todesblick zu, wie Canker sich losmachte, sich in seinem Sattel aufrichtete und wie ein Betrunkner hin und her schwankte; und beide hatten nur einen Gedanken: Zur Hölle mit ihm!
Da die beiden Zwillinge waren, fiel es ihnen nicht weiter schwer, ihre Gedanken zu teilen und zugleich vor den anderen abzuschirmen.
Unser Werwolf ist noch am Leben! , knurrte Wran der Rasende.
Was hast du denn erwartet? Spiro warf seinem Bruder einen missmutigen Blick zu. Dass ihn ein kleiner Schlag auf seinen dicken, großen Wolfsschädel umbringen wird?
Ich wünschte, es wäre so! Dann hätte diese Nacht wenigstens ein Gutes gehabt!
Aye, du hast Recht , pflichtete Spiro ihm mit einem mentalen Nicken bei. Und wenn man es genauer betrachtet, nicht nur ein Gutes. Denn dann wäre ich im Handumdrehen Herr der Räudenstatt geworden, und alles, was ihm gehört, befände sich jetzt in meinem Besitz!
Wran grinste lüstern. Was denn, alles? Er fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, während er seinem Bruder ein Bild Siggis übermittelte. Sie etwa auch?
Alles!, erwiderte Spiro.
Das Grinsen verschwand aus Wrans Gesicht, als habe es der Sog des Windes weggewischt. Seit neuestem musste er sich des Öfteren über Spiros Gebaren ärgern, genauer gesagt, seit es Spiro erstmals gelungen war, mit seinem bösen Blick zu töten. Das war nicht immer so gewesen. Zu Hause in Turgosheim, dies war jetzt viele Jahre her, hatten der Hass auf ihren Vater und die Furcht vor seinem bösen Blick die Zwillingsbrüder vereint, bis sie ihn schließlich ermordeten. Doch nun
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