Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
Speichel in blutrote Höllenschründe.
Yefros hatte es zurück bis zum Pfad geschafft. Aufgeregt mit den Armen rudernd rannte der entsetzte Lokalisierer zurück, um in den Schutz der Feste zu gelangen, in deren wie leere Augenhöhlen gähnenden Fensteröffnungen und aus dem Hang gehauenen Balkons nun hastig entzündete Fackeln aufflammten. Durch Devetakis Nebel betrachtet schien der gelblich flackernde Schein in der Tat weit entfernt – zu weit für Alexei Yefros.
Einer von Devetakis Leutnants drehte auf seinem Flugrochen ab und verschwand in den dunklen Schatten des hoch aufragenden Osthangs aus Tzonovs Blickfeld. Der andere Flieger, der sich von Norden her durch den Pass wie in einem Tunnel näherte, wurde langsamer und verlor rasch an Höhe, indem er die gekrümmten Membranschwingen hob, um zu bremsen, während er sich auf die Gestalt des rennenden Yefros hinabsenkte. Wie die Greifwerkzeuge eines unvorstellbar riesigen, fleischfressenden Insekts oder die Fühler einer grauenhaften, plötzlich zum Leben erwachten Anemone wand sich ein Nest wurmartiger Tentakel aus einer Höhlung am Bauch und griff mit bebenden Spitzen nach dem nichts ahnenden Lokalisierer. Doch als der Reiter, voll und ganz auf seine Beute konzentriert, auf seiner Bestie vorüberglitt, bot er Tzonov ein Ziel, das dieser unmöglich verfehlen konnte.
Tzonov ließ sich auf ein Knie nieder, legte an, zielte sorgfältig auf den ledergeschützten Rücken und die Flanke der im Sattel sitzenden Gestalt ...
... und spürte im letzten Moment viel eher, als dass er es sah, dass sein eigenes Verhängnis bereits um Haaresbreite über ihm war!
Der Flieger, den er aus dem Blick verloren hatte, stieß aus den Schatten der überhängenden Felswand auf ihn herab! An der Stelle, an welcher der lange, immer dünner werdende Hals aus dem Leib wuchs, klaffte im zerfurchten Unterbauch der Bestie eine gewaltige, mit Knorpelhaken bewehrte Öffnung, um ihn aufzunehmen.
Tzonov richtete sich auf, schwang die Maschinenpistole herum, um der Gefahr zu begegnen, und zog den Abzug durch. Die Waffe ratterte los und jagte eine Salve in die klaffende Bauchtasche – doch Tzonov hätte ebenso gut versuchen können, eine Qualle zu erschießen. Er ließ die Waffe fallen, wandte sich zur Flucht und spürte den Schatten der Bestie wie ein spürbares Gewicht auf sich lasten, als ihr Kopf und der lange Hals über ihn hinwegglitten.
Im nächsten Augenblick klatschte ihm eine vorstehende, schleimtriefende Lippe der Bauchtasche von hinten gegen die Schenkel, und als er in die Knie ging, wurde er einfach hochgehoben.
Tzonov blieb kaum genug Zeit für einen heiseren, unartikulierten Aufschrei, bevor sich das klamme, fremdartige Fleisch um ihn schloss. Das Letzte, was er wahrnahm, ehe die knorpeligen Widerhaken der Bauchtasche ineinander griffen, war, wie die krampfhaft um sich tretende Gestalt von Yefros gepackt und in die Luft gezerrt wurde. Sein Kopf und sein rechter Arm waren vor lauter sich windenden Greifarmen schon nicht mehr zu sehen ...
Soldaten kamen angerannt. Der Strahl ihrer Taschenlampen zerschnitt den sich allmählich verziehenden Nebel. Bruno Krasin hörte sie rufen und zwängte sich zwischen den Felsen hervor, hinter denen er Schutz gesucht hatte. Indem er sich den Staub von den Kleidern klopfte, wankte er dem in grauer Vorzeit angelegten Pfad zu und stand plötzlich einem seiner Unteroffiziere gegenüber.
»Herr Stabsfeldwebel?« Nervös wanderte der Blick des Unteroffiziers umher, während sein Trupp ringsum in Verteidigungsstellung ging. Doch Krasin hatte alles mitbekommen, was geschehen war, und wusste, dass es viel zu spät für ein derartiges Vorgehen war. Viel zu spät zumindest für Tzonov und Yefros.
»Herr Stabsfeldwebel?«, wiederholte der Unteroffizier. »Was ist mit dem Genossen Tzonov und diesem dürren Kerl, Yefros?«
Mit einem Mal wurde Krasin klar, wie mitgenommen er aussehen musste. Er riss sich zusammen, straffte sich und fragte: »Haben Sie irgendetwas mitbekommen? Haben Sie ... sie gesehen?«
»Wen denn?«
»Das heißt, Sie haben nichts mitbekommen!«, nickte Krasin. Vielleicht war es besser so. Schließlich wollte er seine Befehle Männern erteilen und nicht zitternden Waschlappen.
»Was ist passiert?«, wollte der Unteroffizier wissen, während sie sich auf den Rückweg machten.
Krasin blieb stehen, bückte sich, um Yefros’ Pistole aufzuheben, die der Lokalisierer fallen gelassen hatte, und rief den Männern, die die Nachhut bildeten, zu:
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