Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
Vormulac in ihrem Hauptlager an den Lavafällen ankamen, waren es nur noch wenige Stunden bis Mitternacht. Die Beobachtungsposten des Krieger-Lords hatten draußen auf der Findlingsebene Stellung bezogen, seine Kampfkontingente kehrten gesättigt von ihrem Großangriff auf die Sonnseite zurück und die Vorräte seiner Streitmacht waren wieder aufgefüllt. Sie hatten ausreichend Frischfleisch auf Lager, um die Männer und Bestien durch die Nacht und den nächsten Tag zu bringen, und genügend Lebendvorräte für wenigstens eine weitere Nacht.
Neben Vormulacs übrigen Generälen erstattete auch Zindevar Greisentod Bericht. Die Vertrauten der Lady, ihre Fledermäuse, waren mit Neuigkeiten über ein riesiges Szgany-Lager aus dem Westen zurückgekehrt. Sie hatten Feuer und ziemlich viele Menschen gesehen, die alle aufgeregt durcheinanderliefen. Zindevar deutete dies so, dass es eine Schlacht gegeben haben musste, und falls keinen richtigen Krieg, dann doch immerhin ein gewaltsames Blutvergießen. Weil die Verständigung aus naheliegenden Gründen nicht ganz einfach war, konnte sie die Lage des Ortes nur ungefähr wiedergeben und ihn auch nicht genau beschreiben, sie wusste nur so viel, dass es sich um einen gewaltigen Felsen oder eine Anhöhe in den der Sonnseite zugewandten Ausläufern des Gebirges handelte, etwa hundertdreißig Kilometer westlich des Großen Passes, keine zwei Flugstunden entfernt.
Da die Nacht noch jung und Vormulac ohnehin wegen allem gereizt war, entschloss er sich, der Sache nachzugehen. Schließlich schlief Lord Ohneschlaf sowieso niemals, auch nicht bei Sonnauf, zudem hatte er mit Devetaki bereits ausgemacht, gemeinsam mit ihr die Region westlich des Passes zu erkunden. Der Zeitpunkt schien nicht weniger günstig als jeder andere auch; vielleicht würde dies ja seinen Trübsinn vertreiben und ihn für eine Weile ablenken. Außerdem würden seine Generäle mitbekommen, dass er ein im wahrsten Sinne des Wortes wagemutiger und einfallsreicher Anführer war.
Zunächst jedoch musste er Wamus’ Kontingent über das Ableben ihrer Befehlshaber in Kenntnis setzen und ihnen einen neuen zuteilen, einen von Devetakis langjährigen Leutnanten. Die Lady verfügte über eine ziemliche Menge an Leutnanten und hatte den zukünftigen Lord persönlich erwählt; er schlief bereits den Schlaf der Wandlung.
Vormulac entging keineswegs, dass von nun an eine sehr enge, womöglich noch engere Verbindung zwischen Wamus’ Kontingent und Devetaki bestehen würde. Aber es berührte ihn einfach nicht. Schließlich war er der Oberbefehlshaber, und die jungfräuliche Dame tat nichts weiter, als eine weitere Nebenrolle zu übernehmen, indem sie einen neuen Lord heranzog und derart sicherstellte, dass Wamus’ Männer und Kreaturen als Einheit und damit als Kampfkontingent weiterbestanden ...
Während Vormulac sich von seinen Lords Bericht erstatten ließ und sich um all die Kleinigkeiten kümmerte, mit denen er sich als Feldherr abgeben musste, fand Devetaki ein Stündchen Zeit, um zu kontrollieren, wie ihre eigenen Knechte und Leutnante vorankamen, und nach ihren fremdländischen Gefangenen zu sehen, die in einem zerfallenen Nebenkrater bewacht wurden.
Alexei Yefros schlief noch immer und stöhnte in Träumen voller Blut, in denen er wütete wie ein Berserker. Irgendwann würde er aufwachen, mit Haut und Haar Devetakis Sklave. Turkur Tzonov tigerte, ein Fell um die Schultern geworfen, hin und her. Seine düsteren Gedanken kreisten um Fluchtpläne und darum, wie er es schaffen könnte, ein Mensch zu bleiben. Ah, dafür, dass er noch kein Vampir war, war er durchaus gerissen ... Während Devetaki ihn aus der Ferne beobachtete (oder vielmehr seinen Gedanken lauschte), stahl sich ein Lächeln auf ihr Gesicht. Sie setzte ihre lächelnde Halbmaske auf und ging, indem sie seine Maschinenpistole ergriff, zu ihm.
Da gab es etwas, was sie mit ihm besprechen wollte. Angesichts der Tatsache, dass er so versessen darauf war, seine Freiheit und seine Menschlichkeit zu bewahren, nun, vielleicht konnte man da ja zu einer Einigung gelangen. Selbstverständlich würde die jungfräuliche Dame sich an keine Vereinbarung halten und jede Abmachung brechen, allerdings erst, wenn sie hatte, was sie begehrte. Oder aber sich dessen entledigt hatte, was sie loswerden wollte.
Von nun würde Devetaki den Fremdling stets bei sich behalten, angeleint und mit einem Maulkorb versehen wie einen außergewöhnlichen bissigen Schoßhund. Zumindest so
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