Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
Piatras Leichnam in das dunkle Wasser werfen musste, was er auch ohne zu zögern tat! Anschließend nahm er sich einen Augenblick Zeit, um Lebewohl zu sagen, beschwor ein weiteres Tor herauf und kehrte auf die Sonnseite zurück ... wo Trask und Chung auf ihn warteten.
Nathan hatte richtig vermutet: Devetaki Schädellarve befehligte nun Vormulac Giftkeims Turgosheimer Armee. Der Schwarze Boris in seinen düsteren Troghöhlen an der Ostspitze des Grenzgebirges und eine Handvoll Beobachtungsposten draußen auf der Findlingsebene waren die Einzigen, die nichts davon wussten, dass Lord Ohneschlaf nun doch endlich seinen Schlaf gefunden hatte. Alle anderen hatten es bereits vernommen – dass Vormulac wie ein echter Krieger gestorben war, gefallen in einer gewaltigen Schlacht mit einem wilden Szgany-Stamm westlich des Großen Passes. Er hatte fünfzig von ihnen getötet, bevor sie ihn (so Devetakis Darstellung) überwältigen konnten, ihn auf einen Pfahl spießten und enthaupteten. Doch selbst dann war seine Lebenskraft noch nicht gebrochen. Einen so bösartigen Ausbruch wie in dem Augenblick, als Vormulac in Flammen aufging, hatte man noch nie erlebt!
Als es endlich gelang, die Wilden zu vertreiben, empfing Devetaki eine letzte gedankliche Nachricht von Vormulac. Er bat sie inständig, den Befehl über seine Streitmacht zu übernehmen und dieses furchtbar heidnische Land zu bändigen. Derart hatte er seine große Aufgabe und den Auftrag, den letzten Felsenturm einzunehmen, in ihre Hände gelegt.
Und dies war schließlich nur recht. Denn mittlerweile stellte ihr Kontingent den größten Truppenteil, da neben ihren eigenen Leuten auch Lord Wamus’ Streitkräfte dazugehörten, die sie sich unter den Nagel gerissen hatte, und nun auch Vormulacs ansonsten führungslose Abteilung, die an sich schon eine kleine Armee darstellte. Also unterwarfen sich die Vampirlords (und die Ladys, denn da gab es immer noch Zindevar Greisentod, Ursula Torbrut und außerdem noch ein oder zwei andere, mit denen sie fertig werden musste) dem Führungsanspruch der jungfräulichen Dame.
Zindevar stand neben ihr, und soeben hatte Devetaki ihr ihren Plan erläutert – eine Verschwörung der Frauen, um den Lords die Macht zu entreißen und anstelle ihrer Herrschaft ein Matriarchat zu errichten! Zum ersten Mal würde es einzig nach dem Willen der Ladys gehen ... und zwar für alle Zeiten! Ursula Torbrut könnten sie in Turgosheim regieren lassen (schließlich war der Ort lächerlich klein), und Zindevar konnte sich aussuchen, ob sie lieber den östlichen Teil der Sonn- und der Sternseite wollte, von den Troghöhlen im Osten bis hin zum Großen Pass, oder das bislang noch weitgehend unerforschte Gebiet westlich des Passes. Devetaki würde sich mit der jeweils anderen Hälfte begnügen.
»Und dir ist es gleich, was du bekommst?« Die Lage war so rasch umgeschlagen, dass Zindevar immer noch misstrauisch war.
Devetaki zuckte die Achseln. »Das Land ist riesig. Aber wer weiß, vielleicht werden wir uns in hundert Jahren darum streiten. So lange dürfte es mindestens dauern, es zu erforschen und zu befrieden!«
Zindevar erkannte die Logik, die darin lag, und lachte – wurde jedoch sofort wieder ernst. »Abgemacht, Devetaki! Allerdings könnten wir uns an einigen dieser Kerle die Zähne ausbeißen. Aber wie es aussieht, bist du mit dem Härtesten ja ohnehin bereits fertig geworden ...« Zindevars Blick verschleierte sich, während sie die jungfräuliche Dame eindringlich musterte.
Devetaki tat, als überhöre sie diese Bemerkung, setzte jedoch nichtsdestotrotz ihre finstere Halbmaske auf und ließ ihren Blick über die Sternseite schweifen. »Ich kann den Morgen riechen«, sagte sie. »Oh, bis Sonnauf ist es noch lange hin, aber er nähert sich unaufhaltsam. Und morgen früh gibt es für dich einiges zu tun!«
»Eh? Für mich?«
»Für dich und die Deinen, aye.« Devetaki bedachte sie mit einem Blick. »Im Pass befinden sich Männer mit fremdartigen Waffen. Es handelt sich wohl um einen überlegenen Szgany-Stamm. Als wir aus dem Osten eintrafen, waren sie gerade dabei, die Sternseite zu erkunden. Und da ihnen klar war, dass wir sie uns auf freiem Feld einen nach dem anderen schnappen würden, suchten sie Zuflucht in einer aus grauer Vorzeit stammenden Feste im Pass. Vormulac betraute Wamus mit der Aufgabe, sie dort herauszutreiben, aber unser Fledermaus-Lord versagte und bezahlte teuer dafür. Und seine Blutsöhne ebenfalls!«
Zindevars Gedanken
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