Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
von Gorvis erdgebundenen Kriegern, einen Leutnant und eine Handvoll Knechte, tief unten in den Kellergewölben der Ruine! Ein Hinterhalt für Devetakis Streitmacht (mittlerweile hatte die Lady die Befehlsgewalt mit Sicherheit an sich gerissen), sollten sich Teile davon hierher vorwagen. Hier konnte er nicht bleiben.
Nathan kannte den Grundriss des Felsenhorstes. Alle Türme, sei es hier oder in Turgosheim, waren mehr oder weniger gleich aufgebaut. Doch selbst dem größten Einfaltspinsel musste klar sein, dass sich der einzig mögliche Standort für einen Brunnen unten in der Erde befand, in den Tiefen des Felsenturmes – im Reich Gorvis des Gerissenen. Nur ... wo genau? Es brachte nichts, in völliger Finsternis aufzutauchen oder an einem Ort voller tödlicher Gefahren.
Er erklärte Uruk das Problem, und natürlich vernahmen es alle Toten der Sternseite.
Nathaaan ...
Der Necroscope hielt den Atem an, denn diese seufzende Totenstimme hätte er überall wiedererkannt, obwohl er den Mann, dem sie gehörte, zuletzt vor nunmehr dreieinhalb Jahren gesehen hatte, damals, in der Nacht von Wrathas allererstem Überfall auf Siedeldorf. Es handelte sich um Jason Lidesci, Lardis’ Sohn, mit dem Nathan zusammen aufgewachsen war.
»Jason«, sagte er. »Wo bist du?«
Ganz in der Nähe, aber du warst auch schon dichter an mir. Ich hätte dich schon eher ansprechen können, aber wozu? Nun ist es etwas anderes, denn jetzt kann ich dir wenigstens einen Ratschlag geben. Mein Leichnam ruht in einem Erdspalt, in den Gorvi mich eines Nachts schleppte, nachdem ... nachdem dein Bruder Nestor sich mit mir unterhalten hatte. Niemand kann ihm mehr helfen! Ich liege unter der Erde, Nathan – dort, wo ich hingehöre, wie alle Vampire – und erstarre langsam zu Stein, aye. Aber du darfst deshalb nicht traurig sein, denn ich bin froh, dass ich nun hier bin. Hier ist es besser als in Gorvisumpf! Mein Grab befindet sich nicht weit vom Sternseitentor, aber du brauchst mich nicht aufzusuchen. Ich bin eins mit der Finsternis und der kühlen Erde.
»Jason, ich ...« Dem Necroscopen fehlten die Worte, um auszudrücken, was er empfand. Doch da er sich der Totensprache bediente, war dies auch nicht notwendig.
Schon gut, sagte Jason. Hör zu: Ich war Gorvis Gefolgsmann, allerdings viel zu aufmüpfig für einen Knecht. Um mich zu bestrafen, ließ er mich die Brunnen reinigen. Niemand kennt die Tiefen von Gorvisumpf besser als ich. Wirf einfach einen Blick in meinen Geist, dann weißt du Bescheid über die Geheimnisse von Gorvisumpf!
Nathan tat es und spürte, wie das blanke Entsetzen von ihm Besitz ergriff, nicht anders als damals in der hoch wie ein Gebirge aufragenden Runenstatt. Die Runenstatt des Seher-Lords Maglore verfügte allerdings zumindest über ein bisschen Licht, während die unteren Gewölbe von Gorvisumpf vollkommen lichtlos waren. Es machte jedoch keinen Unterschied, schließlich blickte Nathan durch die Augen eines Vampirs – des toten Jason Lidesci ...
... und sah die Heberöhren, die von der niedrigen Decke in das dunkle Wasser hinabreichenden hohlen Knochen, in denen gallertartige Adern – menschliche Adern, wie der Necroscope wusste, die von einem ins Monströse verwandelten Wasserwart hoch oben in den obersten Geschossen der Wrathspitze stammten – pulsierten, um das Wasser hinaufzupumpen. Er sah die geistlosen Schwimmer, flach und fächerförmig, wie ins Riesenhafte gewucherte Flechtensporen. Ihre zahllosen Wimpernhärchen zuckten in ständiger Bewegung, um sie durchs Wasser zu treiben und es von Mikroben, Schmutz, Staub und herabgefallenem Fliegendreck zu reinigen und frisch und klar zu halten.
Und er sah die Simse, auf denen Jason einst seine Arbeit verrichtet, Spinnweben entfernt, Staub gefegt und schleimige Höhlenwucherungen von den Wänden und Decken geschabt hatte. Doch nun befand sich der letzte Felsenturm im Belagerungszustand, und hier unten waren keine Knechte; Gorvi hatte anderes für sie zu tun.
»Perfekt!«, meinte Nathan und entnahm die Koordinaten aus Jasons Geist. Und weil er spürte, dass in die Knechte und Ungeheuer in den Kellergeschossen des eingestürzten Felsenturmes, dessen Ruine ihm Schutz bot, Unruhe einkehrte, verweilte er nicht länger, sondern beschwor ein Möbiustor herauf, das ihn direkt in die Wrathhöhe führte ...
... mitten hinein in die unterirdische Höhle, in der sich Gorvis Brunnen befanden. Obwohl Nathan hier unten nicht das Geringste sah, wusste er doch genau, wo er Uruk
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