Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
da verbrennst ... In deiner Nachricht hieß es, im Brunnen habe sich ein toter Aussätziger befunden. Einer! Ich sehe aber drei Leichen!«
Gorvi zuckte die Achseln. »Ein Aussätziger, ganz recht ... aber ich brauchte zwei unversehrte Knechte, um ihn hier heraufzubringen. Sollte ich etwa zulassen, dass sie den ganzen Turm anstecken?!«
»Du Idiot!«, brüllte Wran. »Was für einen Unterschied macht es jetzt denn noch, wie viele Knechte du verbrennst? Das Wasser der Stätte ist verseucht und damit der ganze verdammte Horst! Die Wrathhöhe ist von oben bis unten infiziert!«
Zur Hölle mit der Wrathhöhe! , dachte Wratha benommen, behielt diesen Gedanken jedoch wohlweislich für sich. Ich habe mich angesteckt! Und Nestor ebenfalls. Ja, Nestor war der Erste! Aber ... wie kann das sein? Laut fragte sie stirnrunzelnd:
»Gorvi, wie oft inspizierst du die Brunnen?«
»Eine Streife sieht alle zwei bis drei Stunden nach ihnen«, antwortete er atemlos. »Normalerweise habe ich die ganze Zeit über einen oder mehrere Männer da unten, um alles sauber zu halten. Aber ... dies sind keine normalen Zeiten! Außerdem muss ich die Wehrgänge bemannen.«
So langsam war es mit Wrathas Geduld zu Ende. Nun, da sie unumstößliche Gewissheit über ihren Zustand hatte, konnte sie anfangen, Maßnahmen dagegen zu ergreifen.
Dieser Gorvi ... ah, was für ein Lügner! Alle zwei bis drei Stunden!? Dabei litt Lord Leichenscheu bereits seit ... oh, es war jetzt gut drei Monate her, seit er begonnen hatte, sich in Lumpen zu hüllen. Drei Monate! Der Turm musste von Erregern durchdrungen sein! Wrathas Reaktion zeichnete sich, typisch für ihren Parasiten, allmählich in ihrer Gestalt und ihrem Gesicht ab, desgleichen in ihrer Stimme, als sie zischte: »Ich glaube, mich daran zu entsinnen, dass ich dir vor noch gar nicht allzu langer Zeit geraten habe, gut auf deine Brunnen acht zu geben. Sagte ich dir etwa nicht, dass unsere Feinde, sofern sie auch nur den Hauch einer Chance witterten, unsere Brunnen mit Kneblasch vergiften würden? Nun, wie es scheint, habe ich mich geirrt – denn stattdessen haben sie sie mit dem Leichnam eines Aussätzigen verseucht! « Ihre Stimme war schrill vor ohnmächtiger Wut. Oder vielleicht doch nicht ganz so ohnmächtig, denn Gorvi stand vor ihr, keine Armeslänge entfernt.
Der Gerissene wollte etwas erwidern, fand anscheinend jedoch nicht die richtigen Worte. Alle waren sie gegen ihn: Spiro mit seinem todbringenden Blick, der tollwütige Canker Canisohn, Wran, dessen angestaute Wut sich in ebendiesem Moment zur Raserei steigerte, und Wratha, die so in Zorn geraten konnte, dass vor ihr selbst starke Männer wie kleine Kinder wimmerten!
»Gorvi der Gerissene ...«, tobte die Lady. »Und wie gerissen du bist!« Mit einem Mal wirkte sie sehr groß und hager (von dem jungen Mädchen war keine Spur mehr zu sehen), ihre Haut war faltig, und die blutroten Augen traten grässlich hervor. »Und ein Feigling bist du außerdem! Nannte dich der Nekromant Nestor Leichenscheu nicht einst so? Bist du denn so ein Schwächling, dass du selbst dann nicht die Wahrheit eingestehen kannst, wenn jeder andere um dich herum sie bereits kennt? Gorvi, du ... hast dich ... nicht ... um deine ... Brunnen ... gekümmert! In dieser schwersten aller Zeiten hast du uns womöglich alle vergiftet!«
»Und mich selbst ebenfalls?«, stieß er hervor, indem er an die Wand zurückwich, als sie sich alle gegen ihn wandten. »Das ist aber äußerst wahrscheinlich! Denke doch einmal nach, was du da sagst, Wratha! Denkt doch einmal nach, ihr alle! Würde ich es denn wissentlich – oder auch nur aus Fahrlässigkeit – zulassen, dass jemand die Brunnen vergiftet, und es euch dann auch noch mitteilen? Und haben Wran und Spiro etwa auch ihre eigenen Gasbestien in die Luft gesprengt? Seht ihr denn nicht, dass wir alle Opfer einer unheimlichen Art der Kriegführung sind?«
Es war nicht von der Hand zu weisen. Wran erkannte dies auf Anhieb und meinte, wenn auch widerwillig: »Er hat recht. Das mit den Pferchen und Kammern könnte ein Zufall gewesen sein – vielleicht jedenfalls. Aber die Landebucht? In der Landebucht gab es kein Gas!«
»Noch vor einem Augenblick hätte Gorvi dir die Schuld in die Schuhe geschoben«, knurrte Wratha, »um seine eigene Nachlässigkeit zu verbergen!«
Canker schüttelte den Kopf. »Wir befinden uns im Kriegszustand – ja, wir werden belagert –, und ihr steht hier herum und zankt euch! Hah, und ihr untersteht euch,
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