Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
zwei Eruptionen aus Licht und Feuer eine Lawine aus losen Trümmern aus, die vom Dach und den beiden Seiten der Landebucht in die Tiefe donnerte. Filigrane Laufstege brachen ab, geborstene Felsplatten neigten sich trügerisch langsam nach außen und fielen, so weit entfernt, dass es wie in Zeitlupe wirkte, ins Leere.
Dann erst zerriss das Krachen der Detonationen schmerzhaft wie Peitschenschläge die Stille. Es hallte weit hinaus über die Sternseite bis hin zu den Grenzbergen, von denen es zurückgeworfen wurde. Und noch immer regneten die Trümmer, die die Explosionen weggesprengt oder die Erschütterungen gelöst hatten, hinab und rissen die Strebebögen der tiefer liegenden Geschosse, weitere Laufstege, diverse Rampen und kunstvoll angelegte Podeste mit sich. In einer gewaltigen Staubwolke senkte sich alles mit einem Donnergrollen auf die Geröllhalden am Fuß des Turmes hinab.
Lange Zeit ging es so weiter ...
Als es vorüber war, war die Landebucht nur mehr eine klaffende Höhlung, doppelt so groß wie zuvor. Die Luftlöcher zu beiden Seiten waren zerfetzt und rußgeschwärzt, Rauchsäulen kräuselten sich daraus empor. Von gut einem Sechstel der Südwand war jedes künstliche Beiwerk verschwunden. Nur der nackte Fels war noch übrig, ein eintöniges Grau inmitten matter Grün-, Braun- und Ockertöne. Daran ließ sich erkennen, mit wie viel Zierrat die Vampire die Fassade des riesigen Turms, in dem sie hausten, im Lauf der Jahrhunderte ausgeschmückt hatten. Und im Innern sah es nicht anders aus. Sie hatten zahllose Gänge durch den Fels getrieben und ihn regelrecht ausgehöhlt wie einen alten, verrotteten Baumstamm. Abermals ertappte Nathan sich bei dem Gedanken: Wenn das Schießpulver des alten Dimi Petrescu – ganz normales Schießpulver, lediglich in rauen Mengen – ausreichte, um den Zufluchtsfelsen zu sprengen, bräuchte ich eigentlich nur zu wissen, wo genau ich es in der Wrathhöhe platzieren muss, um die größtmögliche Wirkung zu erzielen ...
»Vielleicht sollten wir die Situation ausnutzen«, riss Trask ihn aus seinen Gedanken. Er war mit einem Selbstladegewehr mit Zielfernrohr bewaffnet, das er nun in einem Zwanzig-Grad-Winkel zum Himmel richtete. Nathan brauchte gar nicht erst hinzusehen, um zu wissen, worauf Trask anlegte. Er hob die Hand und drückte den Lauf nach unten.
»Nein«, meinte er, indem er einen Blick in die Richtung der beiden Flieger und der Gasbestie warf, die noch etwa anderthalb Kilometer entfernt sein mochten und mit jeder Sekunde näher kamen. »Lass sie ziehen. Es kommt unserer Absicht nur entgegen, wenn sie ihr Ziel erreichen. Sie sind unterwegs, um Devetakis Beobachtungsposten zu bombardieren, aller Wahrscheinlichkeit nach ein Selbstmordkommando. Ich habe nichts dagegen, wenn diese Ungeheuer sich gegenseitig umbringen, außerdem sparen wir damit Munition!«
Trask nickte, wenn auch widerwillig. »Wie du wünschst! Und was machen wir nun?«
»Ich bin ... müde«, sagte Nathan, und Trask sah es ihm auch an. Es würde eine ziemliche Weile dauern, bis der Necroscope sich wieder erholt hatte. Mit ein, zwei Tagen, selbst Sonnseitentagen, war es da nicht getan. »Ich will zusehen, dass ich ein bisschen Schlaf bekomme«, fuhr Nathan fort. »Einfach eine Mütze voll ganz normalen, tiefen Schlaf, mit meiner Frau im Arm und nichts, worüber ich nachdenken oder mir Sorgen machen muss. Ich brauche – hm, ungefähr acht Stunden mindestens. Danach steht Sonnauf so dicht bevor, dass wir sicher sein können, dass die Vampire zu nicht mehr viel in der Lage sind. Dann schlagen wir wieder zu!«
Damit kehrten sie ins Lager der Szgany Lidesci zurück ...
Abgesehen von der Nachtwache lag auf dem Lagerplatz am Rand des Graslandes alles in tiefem Schlaf. Im letzten Felsenhorst hingegen waren Wratha und die Vampirlords immer noch auf den Beinen, obwohl es am südlichen Horizont allmählich hell wurde und das Tageslicht wie schimmernder Dunst zwischen den Bergspitzen hing; vielleicht war dies aber auch nur Einbildung. Wenn die Gipfel ihre Farbe von Wolfsgrau in gleißendes Gold verwandelten, blieb ihnen immer noch genug Zeit zum Schlafen. Im Augenblick jedoch hatten sie einiges zu tun ... oder hingen zumindest ihren üblen Gedanken nach.
Wratha stand auf dem Dach der Wrathspitze. Lediglich in der Begleitung eines kleineren persönlichen Kriegers – eines Leibwächters, der sich überwiegend im Schatten hielt – tigerte sie auf und ab, wanderte ziellos zwischen den Zinnen, Türmen und
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