Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
Nathan.
Jasef nickte. Aber auf meine Weise. Lass mich nachdenken ... Nach einem Augenblick fuhr er fort: Ich entsinne mich daran, wie ich erwachte und mir dachte »Dies könnte gut und gern das letzte Mal sein, dass ich aufwache!« Denn etwas stimmte ganz und gar nicht. Mein Arme schmerzten, als hätte ich einen Krampf, und meine Brust tat so weh, als würde ein Felsblock darauf lasten. Alles, was ich fertigbrachte, war, die Augen zu öffnen!
Über mir befand sich die eingeölte Haut, die Nana über die unteren Zweige gebreitet hatte, um den Regen abzuhalten. Aber ich hatte mich im Schlaf zur Seite gewälzt und war nun klatschnass geworden und zitterte. Innen war mir heiß, außen kalt, und doch schwitzte ich vor lauter Schmerz, den ich in meiner Brust empfand. Wie gesagt, ich dachte, dies sei das Ende, aber um das zu wissen, brauchte man kein Seher zu sein!
Aber vorher ... musste ich jemandem von meinem Traum erzählen, und zwar Nana! Wem sonst? Meinen Traum von ...
... einer schwelenden Leiche, deren feuergeschwärzte Arme weit ausgebreitet waren, deren qualmender Schädel wie in letzter Todesqual zurückgeworfen war, die, sich überschlagend, in einen schwarzen Abgrund trieb, der von leuchtenden Bändern in Blau, Grün und Rot durchzogen war. Tatsächlich glitt sie in diesen bänderdurchzogenen Tunnel hinab, zog sich geradezu in ihn zurück. Ein gepeinigtes Etwas, oh ja, aber nunmehr tot und aller Schmerzen ledig. Sein Leiden hatte ein Ende gefunden, unbekannt und unkenntlich, wie es bei dem sonderbaren Stoff der Träume so häufig vorkommt. Und doch hatte dieser Leichnam etwas irgendwie ... Vertrautes an sich! Und als mein Traum mich näher gleiten ließ, erkannte ich endlich, um wen und was es sich handelte.
Um meinen Vater!, warf Nathan ein.
Woher weißt du das?, fragte Jasef erstaunt. Bin ich denn so leicht zu durchschauen?
Nathan schüttelte den Kopf. Nein, aber ich habe es auch schon gesehen. War da noch mehr?
Jasef stellte keine weiteren Fragen und redete weiter: Harry Höllenländers torkelnder Flug in die Ewigkeit wurde schneller und ließ mich zurück. Aber in dem Augenblick, in dem sein Leichnam verschwand ...
»Ein goldenes Aufflammen!«, stieß der Necroscope, diesmal laut, hervor, sodass Goodly zusammenzuckte. »Und ein Schwarm aus goldenen Splittern raste wie lebendige Pfeile auf dich zu und an dir vorüber. Und jeder einzelne davon erlosch und entschwand ... an andere Orte!«
Aber wenn dir dies schon bekannt ist, dann weißt du ja ohnehin alles!
»Nein«, entgegnete Nathan, »aber ich habe das Gefühl, dass jetzt der Teil kommt, den ich erfahren sollte! Also erzähl bitte weiter.«
Nun, ich träumte, fuhr Jasef fort, und im nächsten Moment veränderte sich die Szenerie. Ich sah Nana Kiklus vierjährige Zwillinge, in eine Decke gehüllt lagen sie unter einem Baum. Ich sah dich , Nathan, dich und deinen Bruder Nestor! Zwei kleine Köpfchen, das eine dunkel, das andere blond, die aus der Decke ragten. Plötzlich tauchte wie aus dem Nichts einer der goldenen Pfeile auf. Unschlüssig schwebte er erst über dem einen, dann über dem anderen Zwilling. Die beiden regten sich im Schlaf. Das schien die Sache zu beschließen. Der Pfeil stieß herab und ... drang in einen der kleinen Köpfe ein! Aber da war keine Wunde, kein Blut, das Kind schrie nicht, nichts außer einem Lächeln, das sich über das unschuldige Gesicht des Schlafenden breitete!
»Es war das blonde Kind«, nickte Nathan, »mein Kopf, nicht wahr? Ja, so muss es gewesen sein. Ich schlief tief und fest und war sowieso viel zu klein, um mitzubekommen, was vor sich ging, oder mich gar daran zu erinnern. Das war das erste Mal, dass es geschah; seither ist es noch einmal passiert, in den Höllenlanden jenseits des Sternseitentores. Nun ergibt alles einen Sinn. Diese Pfeile haben mich beschützt!«
Oh?, erwiderte Jasef leise. Bist du dir dessen ganz sicher? Wenn dies wirklich der Fall wäre, dann bräuchte ich mir keine Sorgen machen, denn es würde alles erklären, sogar ... dich! Was mir Sorge bereitet, ist die Tatsache, dass es sich ganz anders verhält!
Nathan erstarrte. »Was?«
Jener goldene Pfeil drang in Nestor ein, Nathan! Er bekam jenes Bruchstück deines Vaters ab!
Nathan war völlig verwirrt, ihm schwirrte der Kopf, anders allerdings als in Fluss-Schnelle, wo er das Drehen der Welt wahrgenommen hatte. »Aber ... wie ist es dann möglich, dass die Dinge sich so entwickelt haben?«, wollte er wissen. »Denn nun weiß ich
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