Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
ganz anders aus.
Als Nathan bei seinem letzten Besuch Angehörige des Trupps, der mit ihm durch das Sternseitentor gekommen war, hierhergebracht hatte, war er nicht aus dem Mausoleum getreten und hatte es durch ein Möbiustor wieder verlassen. Diesmal jedoch hatte Atwei darum gebeten, ihn direkt in der Schlucht zu treffen, weil sie sie ihm zeigen wollte.
Der Grund dafür war einfach: An der rückwärtigen Wand erblühte nun eine kleine Oase voller Sträucher, Blumen und Honig liefernder Bienenstöcke, und all dies hatten sie Nathan, dem Handwerker Shaeken und Tharkel, dem Gärtner, zu verdanken. Einst hatte der Necroscope die Worte und Werke jener beiden Uralten der Thyre deren Nachkommen unter den Lebenden übermittelt – mit dem Ergebnis, dass Shaekens Wasserrad nun in Betrieb war und aus dem großen Finsterfluss das Leben spendende Nass heraufpumpte; und auch Tharkels Theorien und Geschick in Gartenbau und Bienenzucht waren über die Grenze des Todes hinaus nicht verloren.
»Aber das Wasserrad bleibt immer wieder stehen«, erklärte Atwei ihren Besuchern. »Darum arbeiten die Bewohner von Stätte-unter-den-gelben-Klippen im Moment an Shaekens ›Hydraulischer Pumpe‹.« Sie zuckte mit den schmalen braunen Schultern. »Leider versagen die von Menschenhand gemachten Maschinen ständig ... den Dienst! Und dann bleibt uns nichts anderes übrig, als auf Muskelkraft umzusteigen. Es ist nicht gerade einfach, die Oase am Leben zu halten.« Als sie dies sagte, fiel bei Nathan der Groschen.
Als er es damals, in Trasks Welt, zum ersten Mal sah, hatte er es für eine große Sache gehalten, doch nach all den Ereignissen dieser langen Nacht schien es kaum von Bedeutung. Dennoch könnte es eine Art Wiedergutmachung sein für die vielen Gefallen, um die er die Thyre bitten musste. Er stand ein Stück weit entfernt von dem Garten. Als er inmitten des Grüns eine Bewegung wahrnahm, wandte er sich an Atwei und fragte: »Befindet sich einer von den Ältesten in der Oase? Ich meine nicht von den Urältesten, sondern von den Ältesten? «
»Petais, Rogeis Enkel, ist hier, der so hart mit dir ins Gericht ging, als du zum ersten Mal zu uns kamst. Willst du mit ihm sprechen? Er würde es als Ehre betrachten!«
»Zu guter Letzt wurde er doch mein Freund«, lächelte Nathan. »Sei doch bitte so gut und bringe ihn hierher ins Freie. Ich muss ihm etwas zeigen. Ich bin gleich wieder zurück.« Und an Misha gewandt, fügte er hinzu: »Es dauert nur einen Augenblick.« Noch ehe sie ihn danach fragen konnten, beschwor er ein Tor herauf und verschwand ...
... und war wieder zurück, kaum dass Petais, hager wie alle Thyre und schon in jungen Jahren kahl geworden, und Misha miteinander bekannt gemacht worden waren. Nathan hatte eine kleine Kiste dabei, deren Lage er sich zwischen den Munitionskisten in ihrem einstweiligen Lager markiert hatte. Falls ihr Inhalt den Transport unbeschadet überstanden hatte ...
Das hatte er: Zum Vorschein kam das winzige Messingmodell einer Dampfmaschine mit einem blitzblanken stählernen Schwungrad, einer Kette als Treibriemen und dazu einem viereckigen Vergrößerungsglas. Es dauerte nur einen Augenblick, den Kessel mit Wasser aus Petais’ Wasserschlauch zu füllen, anschließend stellte Nathan die Maschine auf einen Sandsteinblock und lehnte die Lupe so gegen einen Kiesel, dass die Linse die Sonne einfing und der Strahl auf den Kessel gerichtet war.
Die Sonne brannte heiß herunter. Nicht lange, und das Sicherheitsventil begann zu pfeifen. Nathan stupste das Schwungrad an, und tuckernd erwachte die Dampfmaschine zum Leben. Der Kolben hämmerte auf und ab, und das Rad drehte sich so schnell, dass die Speichen verschwammen!
»Ein bisschen Wasser und das Licht der Sonne«, meinte er zu Petais, »von dem ihr hier mehr als genug habt, und das Ganze ergibt Energie! Dies ist nur ein ziemlich kleines Modell. Aber eine richtige Dampfmaschine in Verbindung mit Shaekens Pumpe« – er bedachte Atwei mit einem Lächeln – »und niemand muss sich mehr krummlegen!«
»Das übersteigt unsere Fähigkeiten!«, widersprach Petais. »Dazu haben die Thyre nicht genügend Kenntnisse in der Metallbearbeitung!«
»Aber die Szgany haben sie«, entgegnete Nathan. »Und ihr könnt euch ihrer bedienen. Mit den Spiegeln der Thyre, um das Sonnenlicht einzufangen, und solchen Maschinen in euren unterirdischen Höhlen könntet ihr die Wüste zum Blühen bringen!«
Petais klappte der Kiefer nach unten. Zum ersten Mal war er um
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