Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
es bist. Wer sonst sollte es sein? Welcher Wamphyri würde sonst wohl umherstreifen, wenn die Sonne am Himmel steht? Für eine Bestie, und nichts anderes bist du ja, hattest du schon immer seltsame Angewohnheiten!
Einen Augenblick lang erhielt er keine Antwort, doch dann gab der andere seine Verstellung auf. So haben wir uns also gegenseitig zum Narren gehalten. Du mich, als du in Turgosheim deinen wahren Charakter und deine Kräfte vor mir verbargst, und ich dich, und zwar seit jener Nacht, als du glaubtest, du seist mir ›entflohen‹. Aber ich gebe zu, Nathan, dass ich der größere Narr war, denn ich hätte sehen müssen, was in dir steckt, und es erkunden müssen, solange ich die Gelegenheit dazu hatte.
Oh?, erwiderte Nathan. Und hast du nun genug gesehen? Du wirst mir doch sicher beipflichten, dass ich dir genügend Zeit gelassen habe. Denn, weißt du, so sehr hast du mich eigentlich gar nicht zum Narren gehalten, Maglore. Ich weiß bereits seit geraumer Zeit Bescheid, und du hast stets nur gesehen, was ich dir zeigen wollte.
Der andere schwieg, und Nathan fuhr fort: Doch wie dem auch sein mag, das ist jetzt vorbei. Von nun an wirst du von mir ebenso wenig mitbekommen wie von Vormulac, nämlich nichts! Der einzige Unterschied besteht darin, dass Vormulac tot ist, ich hingegen äußerst lebendig!
Ah!, entgegnete Maglore spöttisch. Du undankbare Kreatur, ich weiß sehr wohl, dass du lebendig bist. Und wie! Er kicherte düster. Aber stelle dir doch einmal die Frage: Wer sandte dir denn seine Liebessklavin, um dich zu unterweisen? Du unschuldiges Lamm! Vorher hattest du noch nie eine Frau gehabt! Wenigstens dafür solltest du mir danken. Doch nun sage ich dir etwas, was du mir nie vergeben wirst. Stell dir vor, Nathan: In deiner Hochzeitsnacht war ich bei dir, und vor noch nicht einmal einer Stunde ebenfalls! Oh, deine Frau ... wie heißt sie doch gleich: Misha? ... habe ich nicht genossen. Nathan konnte sich lebhaft vorstellen, wie Maglore mit den bepelzten Wimpern klimperte. Ich habe sie nicht erkannt, nein, nicht mit meinem eigenen Glied ... aber ich habe es mit dir genossen, wenn du in ihr warst!
Nun, da der Seher-Lord ohnehin durchschaut war, konnte er seiner Bosheit auch freien Lauf lassen. Welche Scherze er sich mit dem Necroscopen auch erlaubt haben mochte, nun benutzte er sie, um sich über ihn lustig zu machen. So waren die Wamphyri nun einmal. Konnten sie ihre Opfer nicht körperlich foltern, quälten sie sie eben mental. Diesmal allerdings trieb er es mit seinem Spott zu weit. Nathan war nicht länger ein vor Angst bebender Knecht in der Runenstatt, sondern ein freier Mann, der noch dazu über enorme Kräfte verfügte.
Hör zu, sagte er. Es hat dir also gefallen, mir von fern zuzusehen. Du hast meine Vergnügungen genossen und hoffst, dass du mir das jetzt wieder nehmen kannst, indem du mir davon erzählst. Du kommst mir vor wie ein ungezogenes Kind, Maglore! Weil nicht alles nach deinem Kopf geht, willst du es dir aus dem Leben anderer stehlen. Und du fühltest dich den anderen Lords überlegen! Aye, ich erinnere mich an dein dämliches Modell von Turgosheim mit seinen Stätten und Türmchen, wie du immer deine Flüche und Sprüche und Verwünschungen gegen die Häuser derjenigen schleudertest, denen du nicht das Wasser reichen konntest, wenn du glaubtest, sie hätten dich beleidigt. Dabei hat nie auch nur irgendjemand etwas gegen dich gesagt. Sie nahmen ja noch nicht einmal Notiz von dir! Was denn, der tattrige alte Maglore, der es seinen Weibern von jungen Männern besorgen lässt, weil er selbst nicht mehr kann? Nun, im Vergleich zu dir sind diese jungen Kerle wenigstens Männer! Abschaum, gewiss, nämlich Vampire. Aber neben dir, Maglore, doch ganze Männer!
Das Gerede über Maglores Impotenz hatte er sich natürlich aus den Fingern gesogen, aber das war völlig in Ordnung; so ging es nun einmal zu unter Vampiren, in ihren Sticheleien und Wortspielen. Darin zeigte sich der Necroscope ihnen durchaus gewachsen.
Maglore schäumte vor Wut. Seine telepathische Aura knisterte geradezu vor Hass. Wenn ich ... wenn ich dich in die Finger kriege!, stieß er hervor.
Pass auf, was du sagst, Maglore! Nathan war ebenfalls wütend, doch irgendwie schaffte er es, seinen Zorn unter Kontrolle zu halten. Seine telepathische Stimme war nur mehr ein Zischen, so als presse er die Zähne zusammen. Denn es gibt noch viel mehr, wozu du nicht imstande bist. Weder hast du die Chance, mich in die Finger zu
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