Necroscope 8: BLUTFÜRSTEN (German Edition)
ich kann nicht bleiben, nicht im Augenblick. Ich werde aber gleich wieder zurück sein, allerdings nur, um meine Freunde hier abzuholen.«
Du hast Freunde hierher gebracht? Angehörige deines Volkes? Nun klang Rogei missbilligend.
»Ich hatte keine andere Wahl«, erklärte Nathan. »Ich habe mir den Zeitpunkt meines Kommens nicht ausgesucht, und schon jetzt, während wir miteinander sprechen – oder falls nicht im Augenblick, dann doch zumindest sehr bald –, fallen die Wamphyri über die Sonnseite her. Ich muss meinem Volk zu Hilfe eilen, aber ich kann mich nicht gleichzeitig um diese anderen hier kümmern. Sie sind ganz einfach nicht auf die Sonnseite vorbereitet ... ich kann sie nicht dorthin mitnehmen ... nicht solange die Wamphyri dort sind. Darum möchte ich sie vorerst hier lassen.«
Du willst deinem Volk helfen? Aber wie denn?
Nathan zeigte ihm – im Geist, versteht sich – diverse Waffen, wie sie funktionierten und was sie anrichten konnten. Sie waren das reinste Wunder für Rogei, der kaum zu glauben vermochte, dass es eine solche Zerstörungskraft überhaupt gab. Und schließlich begriff er, wo Nathan gewesen sein musste und was er dort wohl gesehen hatte.
Diese Waffen stammen nicht von der Sonnseite, meinte Rogei. Nein, und auch nicht von der Sternseite. Wenn sie also nicht von dieser Welt sind ...? Etwa aus den Höllenlanden? Und in Nathans Geist sah er, dass er Recht hatte.
»Als ich zum ersten Mal hierher kam ...« – Nathans Gedanken wanderten zurück in die Vergangenheit – »... sagtest du mir, dass ich ein Necroscope sei. Nun, und vor mir war mein Vater ebenfalls einer. Ich habe seine Welt entdeckt, sein Volk und dessen Waffen – das Mittel, mit dem mein Volk gerettet werden kann! Nun bin ich zurückgekehrt und habe jene Waffen mitgebracht. Zum ersten Mal können die Szgany es den Wamphyri mit gleicher Münze heimzahlen – mit Feuer und Blut!«
Rogei wich vor den Bildern in Nathans Kopf zurück. Sie waren ein einziger Aufruhr. Denn die Totensprache vermittelt oftmals mehr als das, was gesagt oder vergegenwärtigt wird, und in Nathans Fall hieß das auch all den aufgestauten Hass seiner jungen Jahre. »Ich habe mitansehen müssen, wie mein Stamm vernichtend geschlagen und mein Zuhause zerstört wurde«, knurrte er. »Es war ein Wunder, dass überhaupt jemand überlebte, und dieses Wunder hat einen Namen: Lardis, unser Stammesführer. Nun, und jetzt muss ich nachsehen, ob er noch am Leben ist, und tun, was ich kann, um meine Schuld zu begleichen.«
Rogei schwieg einen Augenblick. Seine leeren Augenhöhlen schienen Nathan, der vor ihm stand, zu mustern. Schließlich sagte er: Ist dies noch derselbe junge Mann, der in die Wüste wanderte, um den Tod zu suchen, nur um in der Höhle der Uralten sein Lebensziel zu finden?
»Derselbe junge Mann«, entgegnete Nathan, »und dasselbe Ziel. Ich glaube, ich habe es schon immer verfolgt, aber mir fehlten einfach die Tatkraft und die Mittel dazu. Mein Leben schien ohne Hoffnung, ja, ohne Sinn. Ich dachte, ich hätte alles verloren. Aber ich irrte mich, vieles war gerettet worden. Und nun habe ich endlich die Mittel gefunden, die ich brauche – alles dank deiner Hilfe, Rogei.«
Dank meiner Hilfe?
»Du hast mir einen Grund gegeben, weiterzuleben, und mir den Weg gewiesen. Durch dich habe ich Shaeken kennen gelernt, und durch ihn bin ich auf Ethloi, den Ältesten, gestoßen, der sich mit Zahlen auskennt. Es war Ethloi, der mir sagte, dass ich, sollte ich eines Tages einen Weg finden, den Mahlstrom der Zahlen zu beherrschen und geordnet wie Bilder auf einem Wandteppich in meinem Geist darzustellen, dass ich dann vielleicht auch den Schlüssel dazu finden könnte. Nun, er hatte Recht, ich habe den Schlüssel gefunden, nicht in dieser Welt, sondern in den Höllenlanden. Aber ohne Thikkoul, den Astrologen, der meine Zukunft in den Sternen las, hätte ich noch nicht einmal versucht, dorthin zu gelangen! Du siehst also, letztlich warst du derjenige, der den Anstoß zu alldem gab.«
Soll ich etwa stolz darauf sein? Rogeis Stimme klang nun düster.
»Einst warst du stolz auf mich.«
Das bin ich noch immer. Mehr noch, ich liebe dich! Aber dein Herz ist so voller Hass und Zorn – was soll daraus erwachsen? Du strebst danach, die Wamphyri zu vernichten, sagst du. Aber ist das überhaupt möglich? Oder habe ich meinen verlorenen Sohn wiedergefunden, nur um ihn in einem großen, schrecklichen Blutkrieg erneut zu verlieren?
»Heißt das, ich bin wie ein
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