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Necroscope 9: WERWOLFSJAGD (German Edition)

Necroscope 9: WERWOLFSJAGD (German Edition)

Titel: Necroscope 9: WERWOLFSJAGD (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian Lumley
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gezerrt, geradewegs auf das Harz zu. Endlich gewann er seine Fassung wieder und mit äußerster Anstrengung gelang es ihm, sich von dem Ding zu befreien, das ihn festhielt. Oder vielmehr, er riss ihm die Hand ab.
    Doch noch immer umklammerte sie sein Gelenk! Harry hüpfte hin und her und vollführte einen regelrechten Veitstanz in dem Versuch, die Hand loszuwerden und sich aus dem grässlichen Griff zu befreien. Aber er hatte so fest daran gezerrt, dass er den Eigentümer der vertrockneten Klaue gleich mit aus dem Harz gezogen hatte, sodass dieser nun aufrecht in seinem riesigen Sarg saß. Und, Gott stehe ihm bei, in dem vor Harz tropfenden, schon fast mumifizierten Schädel öffneten sich ganz langsam die dreieckigen Augen ... und die Wolfskiefer klafften in einem monströsen Grinsen auseinander!
    »Mein Gott!« , stieß Harry hervor, als das Ding nach ihm langte.
    »Gott?« , höhnte das Wesen, seine Stimme ein tiefes Grollen, ein Knurren, so als würge es seit Jahrhunderten festsitzenden Schleim nach oben. Spöttisch neigte es den Kopf zur Seite. »Oh, nein, nicht Gott! Wenn du mir einen Namen geben willst, dann nenne mich Lykan ... Lord Lykan von den Wamphyri! In deinem Fall allerdings ...« – die gewaltigen Arme schlossen sich um den Necroscopen, während seine Augen gelb aufloderten und sich in Harrys Seele brannten – »... in deinem Fall mache ich eine Ausnahme! Aye, denn du sagst am besten ... Vater zu mir!«
    Harry tat nichts dergleichen. Stattdessen fuhr er aus dem Schlaf und rief nach seiner Mutter in ihrem nassen, unkrautüberwucherten Grab über sechshundert Kilometer entfernt in Schottland. Von ihr war zwar kaum mehr übrig als Schlamm und Knochen, und auf jeden anderen mochte sie kalt und schrecklich wirken. Für Harry hingegen war sie das Wärmste und Sicherste, was er in seiner Welt kannte.
    Doch wie schon so oft festgestellt, wandelt die Zukunft auf verschlungenen Pfaden. Sie ist schwierig zu verstehen und offenbart sich gemeinhin nicht gewöhnlicher Neugier. Selbst dem Necroscopen, dem wohl ungewöhnlichsten aller Menschen, war es nicht gestattet, allzu viel zu wissen oder sich daran zu erinnern. Und wie es Träume oftmals an sich haben, war auch dieser bereits dabei, zu verblassen. Wenig später erinnerte nur noch eine ungewisse Furcht, wovor auch immer, daran, und der kalte Schweiß auf Harrys Stirn. Dies, und die zerwühlten Bettlaken.
    Und die besorgte Frage seiner Mutter, die über all die Meilen hinweg in Harrys metaphysischem Geist seufzte: Was ist, mein Sohn?
    Harrys Atem beruhigte sich, er holte tief Luft, stieß sie langsam, bedächtig wieder aus und erwiderte: Nichts, Mutter. Nur ein Traum, das ist alles. Ein Albtraum.
    Nun, sagte sie nach kurzem Schweigen, das war ja auch nicht anders zu erwarten. Er konnte sich vorstellen, wie sie beunruhigt die Stirn krauszog. Immerhin hast du einiges durchgemacht, Harry. Oh ja, da hatte sie recht! Wenn es um Untertreibungen ging, konnte niemand ihr das Wasser reichen.
    Das kann man wohl sagen, meinte er trocken, leise.
    Sobald sie sah, dass es ihrem Sohn gut ging, war ihr leichter ums Herz. Wann kommst du mich wieder besuchen, Harry? Du weißt, dass du hier bei mir jederzeit ein Zuhause hast! Jedem anderen wäre es bei diesen Worten eiskalt über den Rücken gelaufen, Harry jedoch spürte nichts als ihre Wärme.
    Bald, denke ich. Sehr bald. Im Augenblick allerdings ... Er seufzte. Dabei zitterte er leicht, denn allmählich begann der Angstschweiß zu trocknen. Es gibt da ein paar Probleme ...
    Er bekam mit, wie sie verständnisvoll nickte. Unter den Lebenden wird es immer Probleme geben, Harry. Selbst unter den Toten gibt es sie, das weißt du! Aber egal, wann du kommst, ich werde hier warten, in der Gewissheit, dass du bald bei mir bist ...
    Ihre körperlose Stimme verhallte.
    Schwierigkeiten unter den Lebenden, und unter der Großen Mehrheit ebenfalls. Und allzu oft machte Harry ihre Probleme auch zu den seinen. Sein Albtraum war vorbei und vergessen und nun gänzlich in die Tiefen seines Unterbewusstseins gesunken ... Doch die Worte seiner Mutter brachten, wenn auch nur vorübergehend, eine Saite in ihm zum Schwingen.
    Schwierigkeiten unter den Lebenden und den Toten.
    Und nun auch mit ... den Untoten?

ZWEITES KAPITEL
    »Äh, Harry?«
    Darcy Clarke steckte den Kopf durch die Tür der »Suite«, die der Necroscope im E-Dezernat bewohnte – eigentlich nur ein langgezogener, enger Raum, den sie Harry zuliebe wie ein kleines Hotelzimmer

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