Nefilim KI 9 - Refugium
...« Sie schluchzte und ballte die Fäuste. »Verdammt! Ich will nicht andauernd jaulen wie ein blödes Balg!«
Ich nahm ihre Hände und küsste sie.
»Meine Nase läuft«, flüsterte sie.
»Stimmt.«
Wir lachten leise.
Dann trat eine Stille zwischen uns, die ich unterbrechen musste, wenn ich sagte, was ich hätte sagen sollen. Sie sah mir in die Augen, doch ich konnte einfach nicht aussprechen, was mir auf der Seele brannte.
Anstelle dessen strich ich ihr über die Wange. »Wir machen es so, wie ihr sagt und teleportieren nach Katara II. Musashi hat recht, es ist natürlich logisch und von großem Vorteil bei unserer Aufgabe.«
Aristea sah mich an, nickte dann und stand auf. »Entschuldige, aber ich muss mal eben mein Gesicht waschen.«
Ich brummte irgendetwas als Erwiderung, einen Kloß im Hals. Sie verschwand hinter der Tür der Sanitäreinheit und ich wusste, dass ich zu feige war, um über meine Gefühle zu sprechen. Als sie zurückkehrte, eine Maske der Ausdruckslosigkeit tragend, war ich bereits aufgestanden.
»Wir sollten uns ein wenig Ausrüstung bereitlegen und die Cheiron ins nächste Zielsystem bringen. Dadurch gewinnen wir etwas Zeit, während wir Unten nach Ipsoor suchen.«
»Hast du denn schon ein anderes Ziel im Blick?«
»Mundahan. Ich habe einen großen Teil der Artefakte der Kinuu auf einem Wrack dort gefunden. Ipsoor könnte uns helfen, die Herkunft des Schiffes zu erklären und eventuell finden wir dabei heraus, wo weitere Kinuu sein könnten. Ich gehe auf die Brücke und gebe den Kurs ein.«
Aristea hob eine Hand. »Iason?«
»Ja?«
Sie ließ die Hand sinken und schwieg, schüttelte den Kopf und lächelte eine Sekunde. »Schon gut.«
Ich verließ die Kabine und wusste, dass es alles andere als gut war.
Ich rief Musashi per Interkom, erklärte unser Vorgehen und er war einverstanden. Dann begab ich mich in den Hangar, wo unsere Ausrüstung untergebracht war und traf auf Zweiundvierzig.
Er trug eine Mütze mit Ohrenklappen, wie man sie in kalten Klimata bevorzugte. Er war damit meinem Befehl gefolgt und hatte die Stelle bedeckt, die er zu polieren versucht hatte.
Der Anblick ließ mich spontan lachen.
Zum Glück waren die Gefühle eines Gaias vollkommen unverletzlich - denn man konnte schließlich nicht verletzen, was es nicht gab.
Der Gedanke ließ mich mit den Zähnen knirschen.
»Manchmal wünschte ich, wie wären alle Roboter«, murmelte ich und riss die Tür des Ausrüstungsschrankes auf.
Ich holte die Sachen hervor, die ich für angemessen hielt und mein Blick fiel auf den Waffenschrank. Einerseits war seit der Sache mit Sieraa eine Abneigung gegen Waffen in mir gewachsen, und andererseits war es beinahe albern, mit Musashi an meiner Seite eine Handfeuerwaffe mitzuschleppen, denn der Nefilim verfügte über das Vernichtungspotenzial einer kleinen Armada.
Ich hielt inne und betrachtete meine Prothese, ein Symbol der Dinge, die ich verloren hatte und ein Zeichen für die Gewalt, die bisher mein Leben beherrscht hatte. Ich hatte diese Gewalt satt.
Die Wahrheit war, dass ich auch Angst davor hatte, dass sich der Vorfall wiederholte, der zu Sieraas Tod geführt hatte, auch wenn er letztlich unabwendbar gewesen war.
Aber was geschah, wenn ich weiterhin gewaltsame Lösungen suchte? Würde ich dann von meinen Widersachern Stück für Stück zerhackt werden, wie Garsun es angefangen hatte? Würde jemand meine verlorenen Körperteile ersetzen, bis ich eines Tages in einem Körper aus Metall steckte?
Wie ein Nefilim?
Sie waren der ultimative Ausdruck dessen, was aus Angst und Gewalt entstehen konnte, eine beinahe unzerstörbare Vernichtungswaffe. Das Implantat von Dr. Tomasi hatte mir gezeigt, welche Konsequenzen es haben konnte, wenn ein einziger Mensch die Nefilim missbrauchte. Und es zeigte mir auch, dass man sein Leben nicht von Angst beherrschen lassen durfte, sonst verlor man alles an Freiheit, was man je besessen hatte.
Ich ballte meine Faust aus Nefilim-Metall - das war ein absolut unvorstellbarer Gedanke für mich.
Ich ahnte, dass Gewalt weiterhin einen Einfluss auf mein Leben nehmen würde, aber ich wusste auch, dass ich einen anderen Weg suchen würde, wann immer es mir möglich war.
Ich ging an den Waffenschrank, zögerte, öffnete ihn und holte die TeQumseh heraus, mit der mich eine lange Geschichte verband.
Der massive Griff lag schwer und kalt in meiner menschlichen Hand. Ich wechselte die Waffe in die rechte Hand und es fühlte sich wie eine vertraute und
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