Nefilim KI 9 - Refugium
gut bekommen«, sagte sie und ein kaltes Glitzern trat in ihre Augen.
Ich sah es nicht zum ersten Mal, hatte ich doch mitbekommen, wozu sie in der Lage war. Ich dachte über den Weg nach, der hinter uns lag und ich war nicht stolz auf das, was wir getan hatten. Ich weiß nicht, ob es die Umstände von Sieraas Tod waren, oder das, was wir durch die Zerstörung des Torus' bewirkt hatten, aber ich entschied mich - vielleicht gerade in diesem Augenblick! -, in Zukunft einem anderen Pfad zu folgen.
Ich berührte Aristea an den Schultern und sie blickte mir in die Augen, ihre Gesichtszüge wurden weicher. »Lass es uns versuchen, solche Auseinandersetzungen zu vermeiden.« Ich umfasste den Anhänger um Aristeas Hals, dessen Zwilling ich ebenfalls zur Erinnerung an Sieraa trug. »Es hat genug Tod und Vernichtung gegeben.«
Ari ergriff meine Hand, die den Anhänger hielt. »Vielleicht hast du recht. Aber manchmal hat man keine Wahl. Manchmal muss man sich wehren. Ich werde mich nie wieder schlagen lassen.«
Im ersten Augenblick wusste ich nicht, was genau sie meinte, doch dann erinnerte ich mich an den Trunkenbold, ihren Ziehvater, der sie auf Cattersuum II erwachsen geprügelt hatte. Ich hatte ihm einen Kinnhaken zum Abschied verpasst und Ari hatte es gesehen.
Hatte ich ihr den falschen Weg gezeigt? War ich dafür verantwortlich, wenn Ari Entscheidungen traf, die zu gewaltsamen Lösungen führten? Sie war kein Mädchen mehr, hilflos und schwach, wie sie es auf Cattersuum II gewesen war. Sie war eine erwachsene Frau geworden, die zudem über Fähigkeiten gebot, deren Grenzen kaum erkennbar waren. Ich durfte sie nicht in die falsche Richtung bringen, oder sie war zu schrecklichen Taten imstande.
Die Misshandlungen, die sie durch Geran und Möbius erfahren hatte, waren darüber hinaus noch etwas, das ihre persönliche Wagschale in eine unerwünschte Schieflage brachte.
Ich musste das Gegengewicht sein und wollte dafür sorgen, dass Aristea nicht eines Tages entweder durchdrehte oder verzweifelte.
Ich küsste sie und streichelte ihre Wange.
Wir hatten bekommen, wofür wir hergekommen waren, doch mir hatte diese Reise zusätzlich noch einige Erkenntnisse eingebracht. Wieder einmal musste ich überdenken, was ich tat, bevor ich einen Fehler wiederholte. Allmählich wurde mir klar, dass ich mein Leben lang den jugendlichen Luxus der Spontaneität genossen hatte. Nun, mit 150 Jahren war ich vielleicht endlich alt genug, mir ein bisschen Weisheit anzueignen, also in größerem Maße tiefgehendes Wissen aus meinen Erfahrungen zu beziehen, als das bisher der Fall gewesen war.
Jedenfalls hatten wir genug Kaffee an Bord, dass ich mir ein paar Grübelstunden mit einem Becher dampfenden Genuss-Gebräus in der Hand vorstellen konnte.
10 - Dazwischen
»Ich sage doch, wir können es ruhig machen.«
Aristea verschränkte die Arme und zog eine Grimasse.
Sie wollte teleportieren, ich wollte mit der Cheiron landen.
Sicher hatte sie recht. Es kam mir dennoch falsch vor. Ich wollte mein neues Schiff unbedingt irgendwo landen lassen. Einfach nur so. Die Logik ihrer Überlegungen war allerdings nicht von der Hand zu weisen, denn Katara II, unser Ziel, war ein gefährlicher Ort, und der tückische Atmosphärenschild hatte mir bei meiner Auseinandersetzung mit Lukas Kylon vor einer halben Ewigkeit schon einmal arge Probleme bereitet. Verblieb die Cheiron außerhalb des Planeten, konnte Ari uns jederzeit an Bord teleportieren und wir waren schnell aus der Reichweite etwaiger Verfolger. Doch hier ging es auch um Gefühle, was jedoch keiner von uns aussprechen wollte.
Musashi trat hinzu und gestikulierte. »Ich muss Aristea zustimmen. Der taktische Vorteil liegt auf der Hand.«
»Solange wir uns auf Aris Fähigkeiten verlassen können.«
Sie breitete die Arme aus. »Warum sollten wir das nicht können? Ich hatte keine Probleme mehr, seit ...«
Ich zeigte mit einem metallenen Finger auf sie. »Ganz genau. Seit Möbius dafür gesorgt hat. Was, wenn er deine Fähigkeiten genauso verschwinden lässt, wie er sie hat entstehen lassen?«
Ari verzog das Gesicht. Der Gedanke schien ihr so unbehaglich zu sein, wie mir, aber ich musste ihn aussprechen.
Sie schüttelte langsam den Kopf. »Der Preis, den wir gezahlt haben, war hoch genug.«
»Was die Unsicherheit der Angelegen-«
Sie brauste plötzlich auf. »Was soll ich deiner Meinung nach tun? Mich in irgendein Loch verkriechen? Ich kann mein Leben nicht so leben, als wäre nichts mit mir
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