Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition)
Lagerhalle, deren riesiges Tor offen stand. Dahinter war alles schwarz. Sie machte sich auf den Weg in die Dunkelheit.
Das unbehagliche Gefühl, in einem verlassenen Industrieareal zu sein, verstärkte sich, als sich ihre Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Container, Taue, schwere Ketten, enorme Reifen, aber auch alte Eisenbahnschienen, die wie zufällig aus der Halle zum Wasser führten. Es roch aufdringlich nach Eisen, Elektrizität, Schmieröl. Und es herrschte absolute Stille. Donatella Bruno horchte angestrengt. Kein einziger Laut war zu vernehmen. Ein merkwürdiger, verlassener Ort. Müsste in einem Hafen nicht eifrige Betriebsamkeit herrschen? Und plötzlich hörte sie einen Laut, wie ein akustischer Tropfen, der in ihr Ohr drang. Sie folgte dem Laut, und er verstärkte sich, wurde zu einem Geräusch, zu Stimmen, in einer Sprache, die sie nicht kannte. Sie kauerte hinter einer Metallkonstruktion, die sie niemals hätte beschreiben können. In etwa zehn Metern Entfernung entdeckte sie Corine Bouhaddi, die hinter einer ähnlichen Konstruktion in Deckung war. Da begriff sie auch, dass die Geräusche, die sie hörte, aus ihren Kopfhörern kamen und von dem Mikrofon aufgefangen wurden, das Corine in die Richtung der beiden Männer hielt, die vor einer Mauer standen und sich sehr leise unterhielten. Das Sonderbare daran war, dass sie weder rumänisch noch niederländisch sprachen.
Marinescu schwieg, stattdessen hörte Bruno plötzlich Paul Hjelm sagen: »Ich werde verrückt, die sprechen dänisch.«
»Okay«, sagte Navarro. »Und, Chef, kannst du das übersetzen?«
»›Ihr müsst euch in Kopenhagen verdammt noch mal zusammenreißen. Das ist die größte Stadt im Norden, ihr könnt euch so schlechte Ergebnisse nicht leisten. In Århus, Ålborg und Randers läuft es gut, einigermaßen in Odense und Esbjerg, aber Kopenhagen ist verdammt noch mal die größte.‹
›Ich weiß, ich habe keine Erklärung dafür. Vielleicht Großstadtzynismus? Wir müssen ein paar Leute umschichten, das Netz enger stricken. Können wir Leute aus Schweden oder Norwegen haben?‹
›Einen Teufel werden wir tun. Wir hatten vor ein paar Tagen eine Flucht in Stockholm, so etwas muss unterbunden werden. Ihr müsst eure Prioritäten ändern. Nächstes Mal will ich zehn Prozent Zuwachs sehen. Hier.‹«
»Hier?«, wiederholte Navarro.
»Er gibt ihm eine kleine Plastiktüte«, flüsterte Bouhaddi. »Ich glaube, es sind die Magnetstreifen.«
»Ja, sieht ganz danach aus«, bestätigte Bruno, ebenfalls flüsternd.
»Das ist das erste Mal, dass wir so etwas hören«, sagte Navarro.
»Sie verabschieden sich«, flüsterte Bouhaddi. »Ich gehe in Deckung.«
»Ich glaube, ich schaffe es bis zum Auto, bevor die draußen sind«, sagte Bruno gedämpft.
»Kein Risiko«, befahl Navarro und wandte sich dann Paul Hjelm zu: »Silviu spricht also Dänisch?«
»Er hat kaum einen Akzent, er muss ziemlich lange in Dänemark gelebt haben.«
»Und sich dort wahrscheinlich der bösen Seite verschrieben haben«, sagte Navarro. »Ich habe den Film Pusher gesehen, Dänemark ist ein knallhartes Land.«
»Wenn du meinst ...«, sagte Hjelm.
»Silviu hat einen Umschlag bekommen«, zischte Bouhaddi.
»Ich kann das Boot sehen«, schnaufte es jetzt in ihren Headsets.
Hjelm war vollkommen verwirrt, aber Navarro hatte alles im Griff.
»Angelos, alles in Ordnung bei dir?«, fragte er Sifakis.
»Ich habe es eingeholt, es legt gerade an«, keuchte Sifakis.
»Sind viele Leute drauf?«, fragte Hjelm.
»Ziemlich. Mal sehen, ob ich jemanden entdecke, der mich an unseren Italiener erinnert. Bis jetzt noch nicht.«
»Wir haben nur ein Auto«, meldete Donatella Bruno. »Wem sollen wir folgen, Silviu oder dem Dänen?«
»Genau das wollten wir ja eigentlich vermeiden«, seufzte Hjelm. »Wir müssen an Silviu dranbleiben, Arto und Jutta sind noch in der Wohnung. Der Däne scheint keine besonders große Nummer zu sein. Hat ihn jemand fotografiert?«
»Ja, ich«, sagte Bouhaddi und kassierte dafür einen Seitenblick von Donatella Bruno. In dem Moment lief Silviu an ihrem Auto vorbei. Hier würde er nur schwer ein Taxi erwischen.
»Schick es uns«, bat Hjelm sie.
»Das Boot legt jetzt an«, sagte Sifakis, der wieder zu Atem gekommen war. »Ich steige ein. Kann Ciprian achtern sehen.«
»Allein?«, fragte Navarro.
»Sieht so aus.«
Da klapperte es hinter Hjelm und Navarro. Miriam Hershey kam zur Tür herein. Sie boten ihr den letzten freien Sitzplatz an dem
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